Ein Palästinenser will durch seinen Tod als Märtyrer die Ehre seiner Familie wieder herstellen, indem er sich in Tel Aviv als Selbstmordattentäter in die Luft sprengt. Er bekommt zwei Tage Leben "geschenkt", als seine Sprengladung versagt und ersetzt werden muss. In dieser Zeit lernt er Israelis kennen, die wie er an inneren Verwundungen leiden, und verliebt sich in eine Kioskbesitzerin. Das auf einen märchenhaften Realismus abzielende Drama erhellt weniger die Problematik des Palästina-Konflikts oder die Psyche eines Selbstmordattentäters als dass es einen israelischen Mikrokosmos ausleuchtet. Dabei bleibt der Film, auch wegen der überforderten Hauptdarsteller, blass und leblos.
- Ab 14.
Alles für meinen Vater
Drama | Israel/Deutschland 2008 | 100 Minuten
Regie: Dror Zahavi
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Filmdaten
- Originaltitel
- SOF SHAVUA B'TEL AVIV
- Produktionsland
- Israel/Deutschland
- Produktionsjahr
- 2008
- Produktionsfirma
- Relavant Film/Israfilm
- Regie
- Dror Zahavi
- Buch
- Ida Dror · Yonatan Dror
- Kamera
- Carl F. Koschnick
- Musik
- Misha Segal
- Schnitt
- Fritz Busse
- Darsteller
- Shredi Jabarin (Tarek) · Hili Yalon (Keren) · Shlomo Vishinski (Katz) · Joni Arvid (Abed) · Shadi Paraheldin (Salim)
- Länge
- 100 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Drama
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Ein palästinensischer Selbstmordattentäter, der sich beim Warten auf ein Ersatzteil für seine defekte Bombe in eine junge Israelin verliebt – das klingt nach einer eher wüsten Story. Tatsächlich aber setzt „Alles für meinen Vater“ nicht auf die Mechanismen des Groschenromans, sondern auf einen märchenhaften Realismus, der sich am Ende allerdings einer nüchternen Realität ergibt. Tarek heißt der junge Mann, der mit einer Bombe um den Leib aus dem Westjordanland in die israelische Partymetropole Tel Aviv kommt, um sich dort auf einem belebten Markt in die Luft zu sprengen. Er wirkt weder fanatisch noch allzu versessen auf die Umsetzung seines Plans; was ihn zu seinem Tun treibt, erfährt man erst nach und nach. Da für das einst so hoffnungsvolle Nachwuchstalent des Fußballclubs Nazareth mit der Abschottung der Westbank durch den Grenzwall der Weg zum Training immer schwieriger wurde, handelte sein Vater mit den Israelis Sonderkonditionen aus; seitdem ist die Ehre von Tareks Familie befleckt. Die Nachbarn tuscheln über „Gegenleistungen“. Mit seiner Opferung als „Märtyrer“ meint Tarek, das verlorene Ansehen wiederherstellen zu können. Doch da die Sprengstoff-Konstruktion versagt und sich der Austausch des defekten Schalters wegen des bevorstehenden Sabbats hinzieht, erhält Tarek zwei Tage Leben „geschenkt“. Zwei Tage, in denen er bei dem etwas verrückten Elektrohändler Katz die Zimmerdecke repariert, dessen Ehefrau vor dem Selbstmord bewahrt und sich mit Keren anfreundet, der Kioskbetreiberin von gegenüber. Die Liebesgeschichte zwischen den beiden wird nur angedeutet, sie verharrt bis zuletzt mehr in der Ahnung. Denn seelisch beschädigt sind hier alle Protagonisten, auf palästinensischer wie israelischer Seite: Während die unverheiratete Keren nach einer Fehlgeburt von ihrem streng religiösen Vater verstoßen und von Ultra-Orthodoxen aus der Nachbarschaft drangsaliert wird, haben Katz und seine Frau Zippora nach dem Tod ihres Sohnes in der israelischen Armee das Vertrauen in den Staat beziehungsweise das Leben selbst verloren.
Mit viel Sinn für die Skurrilitäten des Alltags, wenn auch nicht immer frei von Sentimentalität, inszeniert der in Tel Aviv geborene Dror Zahavi die kleine Welt eines etwas heruntergekommenen Viertels der Millionenstadt, in die der Neuankömmling Tarek frischen Wind bringt. Der Regisseur und sein Drehbuchautor Ido Dror sind allerdings weniger daran interessiert, die Problematik des Palästina-Konflikts oder die Psyche eines Selbstmordattentäters darzustellen, sondern sie wollen ein Sittenbild eines israelischen Mikrokosmos’ jenseits der Machtzentren und ideologisch geprägten Positionen zeichnen. Durch diese Perspektive unterscheidet sich ihr Film deutlich von „Paradise Now“ (fd 37 247), das zwei Selbstmordattentäter in den Mittelpunkt stellte, die am Sinn ihrer Gewalttat zu zweifeln beginnen. Das Drama von Hany Abu-Assad war sehr viel politischer, aber auch näher am Puls der Zeit. Die von Zahavi ausgeleuchtete Welt hingegen erscheint viel zu nett, zu eindimensional und zu sehr in das goldgelbe Licht der Nostalgie getaucht, als dass die Verwundungen ihrer Protagonisten und die politisch-gesellschaftliche Dimension dahinter überzeugen oder sich nachhaltig einprägen könnten. Die Zeit in Kerens und Katz’ Viertel scheint stehen geblieben zu sein. Seltsam unverbunden mit dem Leben jenseits ihres Straßenzuges wirken auch die Figuren, trotz des Attentäters in ihrer Mitte. Zwar kann man „Alles für meinen Vater“ kaum vorwerfen, seine Geschichte nicht mit der gebotenen Konsequenz zu Ende zu erzählen. Es ist auch weniger der fehlende dramaturgische Bogen, sondern eine gewisse Leblosigkeit im Einzelnen, die den Film streckenweise papieren erscheinen lässt; auch, weil das „Böse“ lediglich auf „die Anderen“ projiziert wird und Konflikte somit nicht wirklich ausgetragen werden. Der Auftritt der Ultra-Orthodoxen, die Keren zu ihren angeblichen religiösen Verpflichtungen zwingen wollen, wirkt beispielsweise extrem holzschnittartig, wie eine pflichtschuldig abgedrehte Passage aus einem Thesenstück.
Dass es dem Film an einem starken Kern mangelt, liegt wohl auch an den beiden jungen Hauptdarstellern, die die schwierigen Biografien ihrer Figuren nicht mit dem nötigen Facettenreichtum ausstatten können. Was auch damit zu tun hat, dass ihre Geschichten stark über Dialogszenen transportiert werden. Das emotionale Zentrum des Films verlagert sich so auf Katz und Zippora, deren Darsteller für die anrührendsten Szenen des Films sorgen. So bleibt trotz der originellen Ausgangsidee und manch poetischem Bild von dem ersten Kinofilm des durch Fernsehgroßprojekte wie „Die Luftbrücke“ (2005) bekannten Dror Zahavi ein eher zwiespältiger Eindruck: Der Sprung ins wahre (Kino-)Leben lässt noch auf sich warten.
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