Filmische Biografie der französischen Schriftstellerin Françoise Sagan von ihrem ersten Roman "Bonjour Tristesse" (1954) bis zu ihrem Tod im Jahr 2004. Der Film zeichnet das Bild einer zerrissenen Frau, die zwischen Liebessehnsucht und Einsamkeit gefangen ist. Das konventionell inszenierte, sorgsam ausgestattete "Biopic" konzentriert sich auf die äußerlich greifbaren Eckdaten eines bewegten Lebens, ohne dabei tiefere Einsichten in den literarischen Schaffensprozess zu vermitteln. In der Titelrolle überzeugend und glaubwürdig gespielt. (Längere Fernsehfassung: 1. Ein charmantes kleines Ungeheuer; 2. Blaue Flecken auf der Seele)
- Ab 16.
Bonjour Sagan
Biopic | Frankreich 2008 | 120 (TV 188) Minuten
Regie: Diane Kurys
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Filmdaten
- Originaltitel
- SAGAN
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 2008
- Produktionsfirma
- Alexandre Films/France 2 Cinéma
- Regie
- Diane Kurys
- Buch
- Diane Kurys · Claire Lemaréchal · Martine Moriconi
- Kamera
- Michel Abramowicz
- Musik
- Armand Amar
- Schnitt
- Sylvie Gadmer
- Darsteller
- Sylvie Testud (Françoise Quoirez, genannt Sagan) · Pierre Palmade (Jacques Chazot) · Jeanne Balibar (Peggy Roche) · Arielle Dombasle (Astrid) · Lionel Abelanski (Bernard Frank)
- Länge
- 120 (TV 188) Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Biopic
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Der Erfolg kam über Nacht. Als Françoise Quoirez 1954, mit gerade mal 18 Jahren, unter dem Pseudonym Sagan ihren ersten Roman veröffentlichte, war er binnen kurzer Zeit vergriffen. Mehr noch: „Bonjour Tristesse“ wurde zum Skandal, der die Tochter aus reichem Haus berühmt machte. Die Beschreibung eines Mädchens, das aus Eifersucht die Geliebte seines Vaters in den Selbstmord trieb, war nicht das Aufsehenerregendste. Viel schlimmer war, dass dieses Mädchen mit einem Mann schlief – ohne Trauschein, ohne Reue, ohne Folgen. Mit einem Mal hatte das Frankreich der Nachkriegszeit einen Roman, der die Leichtigkeit des Lebens propagierte – und zur Neubestimmung der Grande Nation nach Besatzung und Kriegsende gereichte. Françoise Sagan selbst schien den Lebenshunger ihrer Romanfigur zu teilen. Roulette, Luxusautos, Alkohol, Drogen, Schulden, Krankheit, zahlreiche Affären, immer umgeben von einer Entourage, weil sich nur so Einsamkeit und die Oberflächlichkeit erotischer Beziehungen ertragen ließen. Françoise Sagan wurde so zur Ikone von Unabhängigkeit und Glamour, gefangen zwischen Rebellion und Anpassung, zwischen Freiheitsdrang und Drogenabhängigkeit.
Das sind die Zutaten, die gemeinhin eine schillernde Künstlerbiografie ausmachen. Ein Leben wie ein Film. Die französische Regisseurin Diane Kurys („A Man in Love“, fd 26 872) konzentriert sich deshalb auf jene biografischen Höhe- und Tiefpunkte, die ihr Konzept einer widersprüchlichen, ja zerrissenen Persönlichkeit unterstützen. Es beginnt mit „Bonjour Tristesse“. Wie beiläufig hat Françoise den Roman handschriftlich verfasst. Mit ungeheurer Chuzpe und jugendlichem Ungestüm bietet sie das Manuskript einem Verleger an. Dann der unerwartete Erfolg, das viele Geld. Françoise gibt es mit vollen Händen aus. Sie kauft einen Maserati, lässt sich von Freunden und Vertrauten in ein kleines Fischerdorf an der Côte d’Azur einladen, das von nun an als Mekka der Reichen und Schönen berühmt wird: St. Tropez. Der Prozess des Schreibens spielt im Folgenden eine untergeordnete Rolle. Gelegentlich zeigt Kurys ein neues Buch im Schaufenster, lässt Kritiken verlesen. Doch über die Bedeutung von Sagans Werk, von ihrer Hingabe an die Literatur, über ihre politischen Ansichten erfährt der Zuschauer wenig.
So folgt die Regisseurin eilig und ohne zeitliche Zuweisung einzelnen Lebensstationen, die die Prägnanz dieser Vita ausmachen: Gewinn von acht Millionen Francs beim Roulette, Kauf eines Landhauses in der Nähe von Honfleur, wo sie Freunde und Liebhaber um sich schart, der fast tödliche Autounfall, der sie für immer zeichnet, nicht zuletzt wegen des Morphiums, das sie gegen die Schmerzen nimmt. Schließlich Steuerschulden, Armut und Krankheit. Vereinsamt, darauf hatte schon der Prolog hingewiesen, der den Film als Rückblende ausweist, stirbt Françoise Sagan 2004 in ihrem Landhaus.
Zusammengehalten werden die lose verbundenen, biografischen Momente von einem Off-Kommentar der Titelfigur. Er gibt Aufschluss über Gedanken und Gefühle und vermittelt in seiner literarischen Qualität eine unaufdringliche Vertrautheit. Sylvie Testud hat sich mit wenigen Gesten und Manierismen die Eigenarten Françoise Sagans anverwandelt. Von dem jungen, rebellischen Mädchen bis zur gealterten, todkranken Frau spürt sie im Bemühen nach Authentizität jeder Nuance nach, die das öffentliche Bild der Autorin prägten. Sylvie Testud hat damit die bislang größte Herausforderung ihrer Karriere gemeistert.
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