Elli Makra, 42277 Wuppertal

Drama | Deutschland 2008 | 82 Minuten

Regie: Athanasios Karanikolas

Schnörkellos inszenierte, persönlich geprägte Schilderung aus dem griechischen Einwanderer-Milieu in Wuppertal. Mit kleinen Gesten statt Sozialkitsch wird die kollektive Seelenlage einer (Frauen-)Generation zwischen Wohnadresse und Sehnsuchtsort, zwischen Alltagsdruck und Freiheitsdrang erörtert. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Unafilm/ZDF (Das kleine Fernsehspiel)
Regie
Athanasios Karanikolas
Buch
Athanasios Karanikolas
Kamera
Susanne Schüle
Schnitt
Monika Weber
Darsteller
Anna Lalasidou (Elli) · Niki Papadopoulos (Niki) · Anastasia Avenidou-Bartram (Tassia) · Kiriakoula Bloukou (Anna)
Länge
82 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Am Anfang gibt es ein bisschen Hoffnung: ein Frachtschiff fährt in die Morgendämmerung. Schön ist die Szenerie im Hafen von Thessaloniki nicht: rostige Eisenbahnwagen warten auf ihre Ladung, das Licht der Flutlichtstrahler ist kalt, auf der Kaimauer sammelt sich der Staub. Doch hier steht ein neuer Tag bevor, mit all seinen Versprechungen. In Wuppertal-Wichlinghausen dagegen herrscht Alltagstristesse. Hier lebt Elli Makra. „Ich geh zurück“, sagt Elli zu ihren Kollegen in der Fabrik. Wir erfahren nicht, wie lange sie einst in Griechenland gelebt hat; ihr jetziger Heimatort ist in Wuppertal. 5500 Griechen leben hier zwischen stillgelegten Bahntrassen im Schatten eines Gasometers. Hellas in Oberbarmen – eine Zwischenwelt, in der die Fröhlichkeit der Hochzeitsfeiern zur Konvention geworden ist. Außer ihrem gewalttätigen Ex-Ehemann und ihrem Fabrikjob hat Elli hier nichts mehr verloren. Wütend entrümpelt sie ihren Hausrat, auf den Abschied aus der Emigration hat sie schon zu lange gewartet, wie auch ihre Nachbarn, die unter dem wolkenverhangenen Himmel gebrechlich geworden sind. Zwischen „gehen“ und „bleiben“ hat sich ein Mikrokosmos entwickelt, in dem Elli stoisch ihre permanente Unzufriedenheit bekämpft. Da sind ihre Schwestern Tassia, die von ihrem Mann gegängelt wird, und Anna, die an der Überarbeitung in ihrem Restaurant verzweifelt. Allen dreien ist der Rhythmus eines Tagwerks ins Gesicht geschrieben, das keine Pausen zulässt. Als dann im fernen Griechenland der Vater stirbt, muss Tassia, die Älteste, „nach Hause“. Deren Tochter Niki wird bei Elli einquartiert. Die pubertierende Jugendliche gibt sich trotzig. In der Zwangsgemeinschaft fällt zunächst kaum ein Wort, bis die beiden ihre Seelenverwandtschaft, ihren gemeinsamen Drang zur Unabhängigkeit, entdecken – wenn Elli es nicht schafft, der Enge von Oberbarmen zu entfliehen, dann schafft es Niki eine Generation später vielleicht. Athanasios Karanikolas hat seinen ersten Langspielfilm ausschließlich mit Laien besetzt, die er zu beachtlichen Leistungen herausfordert – Hauptdarstellerin Anna Lalasidou wurde letztes Jahr auf dem Festival in Thessaloniki als beste Schauspielerin ausgezeichnet. In der Rolle der Elli gelingt es ihr, authentisch eine Frau zu spielen, die eigentlich keine Emotionen zeigen will, der dann aber doch immer wieder kleine Gefühlsäußerungen durchrutschen. Der Regisseur selbst hat mehrere Monate in der griechischen Gemeinde in Wuppertal gelebt und dort Eindrücke und Geschichten für seinen Film gesammelt. Schnörkellos protokolliert der HFF-Absolvent eine kollektive Gefühlslage und schafft es immer wieder, die Tristesse der Oberfläche mit einem Hauch Wärme zu durchschneiden – mal durch kleine Gesten, mal mit einem angedeuteten Lächeln. Eine persönlich geprägte Schilderung aus der Mitte des Milieus, von Kamerafrau Susanne Schüle mit Diskretion beobachtet: „Elli Makra, 42277 Wuppertal“ bringt den Zuschauern das Seelenleben seines Frauenensembles fast dokumentarisch nahe, ohne ihnen vorzugaukeln, immer mit „dabei“ zu sein; der Film setzt auf kleine Akzente statt auf große Gefühle. Karanikolas geht es um Lebensgeschichten statt Sozialkitsch, um persönliche Sehnsüchte und Krisen, wie sie im Kleinen, Privaten nachvollzogen werden. Am Ende sind die drei Schwestern tatsächlich in Griechenland, wo im Hafen von Thessaloniki der Sarg des toten Vaters verladen wird. Doch ein kurzer Blick aufs Meer muss genügen, danach geht es wieder zurück in Annas Gaststätte nach Oberbarmen, wo sich die nächste Hochzeitsgesellschaft eingemietet hat. Mehr Sehnsucht ist nicht möglich zwischen den Welten.
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