In der fatalistischen Welt dieses Films gibt es keinen Platz für Bobby Green: Vor langer Zeit hat der junge Mann den Mädchennamen seiner Mutter angenommen und damit dem väterlichen Erbe abgeschworen. Aus Bobby Grusinsky, dem Spross einer Polizistenfamilie, wurde Bobby Green, der sich zum Geschäftsführer eines angesagten New Yorker Nachtclubs emporgearbeitet hat, seinen Erfolg genießt und dem die Zukunft in jeder Hinsicht offen steht. Wie wenig ihn noch mit seinem alten Milieu verbindet, sieht man, als Bobby seinem Vater einen der seltenen Besuche abstattet. Sein Weg führt ihn aus dem rauschenden Treiben des El Caribe geradewegs hinab in den grauen Partykeller eines Polizeifests: Wie zwei Paradiesvögel flattern Bobby und seine Freundin in die Party hinein, und man kann es ihnen nicht verdenken, dass sie so schnell wie möglich wieder in ihr buntes Reich zurück wollen.
James Gray erzählt in „Helden der Nacht“ von einer New Yorker Polizeieinheit, die sich Ende der 1980er-Jahre den Schlachtruf „We Own the Night“ (so der Originaltitel) auf die Uniformen schrieb. Allerdings erzählt er ihre Geschichte weniger im Licht der historischen Ereignisse als im düsteren Nachhall einer griechischen Tragödie. Polizei und Verbrechen formieren sich wie feindliche Familienstämme, in Unversöhnlichkeit geeint und zum Äußersten entschlossen: Nach einer Razzia im El Caribe erklärt die russische Mafia der Polizei den Krieg und setzt nach Bobbys Bruder auch seinen Vater ganz oben auf die Abschussliste. „Wir kriegen sie alle“, prophezeit ein Drogenhändler, während die Gesetzeshüter ihrerseits keine Gefangenen mehr machen wollen. Die Reihen schließen sich, und der verlorene Sohn kehrt heim.
Mit „Little Odessa – Eiskalt wie der Tod“
(fd 31 296), „The Yards – Im Hinterhof der Macht“
(fd 34 862) und nun „Helden der Nacht“ hat James Gray in den letzten 15 Jahren lediglich drei Filme gedreht – jedoch genügen sie, um ein sehr persönliches Motivfeld abzustecken. Grays vorzüglich inszenierte Werke führen in ein mythisches Amerika zurück, in dem Blut dicker als alles andere ist und persönliche Interessen hinter einer uneingeschränkten patriarchalischen Autorität zurückstehen. Aus Bobby Green muss deswegen wieder Bobby Grusinsky werden; eine Rückbesinnung, die das Leben aus dem tragischen Helden zu pressen scheint und von Gray zugleich als notwendiges Opfer inszeniert wird. Der strahlende Hedonist des Anfangs verliert im Lauf der blutigen Handlung alles, was ihm lieb und teuer war: Seine Freundin, seine Freiheit, seine Zukunft. Doch gewinnt er dafür die Gewissheit, seiner eigentlichen Bestimmung zu folgen. „Ich fühle mich leicht wie eine Feder“, sagt Bobby, als ihn das Gewicht des Schicksals endgültig in den Abgrund zu ziehen droht. In den Worten steckt eine bittere Ironie, die Ahnung eines großen, auf dem Feld der Ehre vergoltenen Verlusts. James Gray scheut auch vor archaischen Metaphern nicht zurück, sie entsprechen der getragenen Stimmung seiner Bilder. Letztlich fügt sich in „Helden der Nacht“ alles einem schwermütigen Fatalismus und nimmt auch den Zuschauer mit eisernem Griff gefangen. Es gibt kein Entkommen aus dieser Welt, ob man nun Bobby Green heißt oder nicht.