Immer wenn alle glauben, es könne nicht schlimmer werden, hat das Grauen erst angefangen: In den 1960er-Jahren führt Premierminister Milton Obote in dem gebeutelten afrikanischen Staat Uganda ein hartes Regiment. Unter dem selbsternannten Präsidenten auf Lebenszeit herrschen Korruption und Misswirtschaft; das Volk darbt. In dieser Situation kommt ein charismatischer Politiker an die Schalthebel der Macht. Idi Awo-Ongo Ongoo, der sich später, zum Islam konvertiert, Idi Amin nennt, ist als Heeresminister in seinem Mutterland beliebt und geachtet. Er gibt sich als Mensch aus dem Volk und verspricht, das Land den einfachen Menschen zurückzugeben. Gestützt durch Großbritannien und Israel und mit der Gewissheit, die einfache Bevölkerung Ugandas hinter sich zu haben, putscht er 1971 gegen Obote und wird der neue Hoffnungsträger eines Landes, das am Boden liegt. Doch immer, wenn alle glauben, es könne nicht schlimmer kommen…
Zur selben Zeit in Glasgow: Der junge, frisch promovierte Arzt Nicholas Garrigan hat den Lehrbetrieb satt. Ihn zieht es weg aus dem heimischen Schottland; er will dorthin, wo man Gutes tun kann. Einige Wochen später landet er in Kampala, der Hauptstadt Ugandas, und schließt sich einem Hilfsprojekt an. Über die politischen und sozialen Verhältnisse macht sich der junge Abenteurer zunächst keine Gedanken. Gebannt ist er allerdings von den Reden eines Generals, der gerne und überzeugend von sich behauptet, unter seiner Uniform stecke ein Mann des Volkes, der seine Mitbürger vom korrupten Unrat überkommener Politik heilen wolle: Idi Amin.
Garrigans Geschichte, die „Der letzte König von Schottland“ erzählt, ist die eines Zauberlehrlings, der der Geister, die er rief, nicht mehr Herr wird und viel zu spät merkt, dass sein Lehrmeister der Teufel höchst persönlich ist. Regisseur Kevin Macdonald, dessen Metier bislang der Dokumentarfilm war – er stellte die Geiselnahme von München 1972 nach („Ein Tag im September“, fd 34 742) und skizzierte den verzweifelten Überlebenskampf eines Bergsteigers („Sturz ins Leere“, fd 36 481) – scheint ideal für dieses einer wahren Begebenheit nachempfundene Sujet zu sein. Er hat ein Händchen für reale Tragödien und weiß sie mit den kommerziellen Mitteln Hollywoods ins rechte Licht zu rücken. So zeichnet er in seinem neuen Film die Geschichte um Ugandas Diktator als Drama eines Abenteurers nach, den das Schicksal zum Leibarzt Idi Amins aufsteigen und der sich zunächst von der Macht blenden lässt; und verbindet das politische Thema mit emotionalen Liebesgeschichten: Zunächst zwischen Garrigan und einer verheirateten Frau; später, als er sie verlässt und in Idi Amins Bannkreis gerät, ausgerechnet zwischen Garriganund Kay Amin, einer der Frauen des polygamen Diktators. Diese Beziehungen verdeutlichen Nicholas’ fatale und naive Spielernatur, sind aber auch zugleich der Schwachpunkt des Films, weil es Macdonald, vor allem in der Beschreibung der zweiten Affäre, nicht recht gelingt, die behaupteten Gefühle glaubwürdig erscheinen zu lassen. Dass dies jedoch kaum stört, liegt daran, dass in „Der letzte König von Schottland“ ohnehin Nicholas' Gegenspieler Idi Amin die faszinierendere Figur ist – bereits in den ersten Einstellungen wird deutlich, dass die Figur des Diktators den Film trägt und im Vergleich zu ihm alle anderen Charaktere höchstens den Status von Spielbällen erlangen. Zu Beginn seiner Karriere prägen ihn noch der ehrliche Wille zum Engagement, die kindliche Begeisterungsfähigkeit, die cholerische Emphase in Blicken und Gesten, wenn es darum geht, für einen Traum zu werben – um umzuschlagen in menschenverachtende Kälte, als der Traum dieses Mannes zum Albtraum aller wird. Sämtliche Schattierungen eines manisch-depressiven Wahnsinnigen spiegeln sich auf eindrückliche Weise im Spiel Forest Whitakers, der das Wunder vollbringt, dass man Augenblicke der Sympathie für den Teufel Amin empfindet. Selbst wider besseres Wissen kann man dadurch nachvollziehen, warum ein Land (und mit ihm der Arzt Nicholas) einem Führer verfallen konnte, der in wenigen Jahren den Tod von über 300.000 seiner Landsleute zu verantworten hatte. Dank Whitakers Darstellung wird aus dem Film ein veritabler Psycho-Thriller, der der düsteren Erinnerung an das Schreckensregime Idi Amins ein ebenso würdiges wie verstörendes Denkmal setzt.