Night of the Shorts: Die letzten Tage

- | Deutschland 2002-2005 | ca. 93 Minuten

Regie: Michael Kreuz

Sechs Kurzfilme, die sich mit dem Thema Krieg auseinander setzen: dem Zweiten Weltkrieg, dem Kalten Krieg und dem Krieg in Ex-Jugoslawien. Aufwändig produziert, erzählen sie kleine, bittere, exemplarische Geschichten aus großen Konflikten, meist kunstvoll und treffend, mal allzu wohlmeinend, in der Zusammenstellung aber stets interessant. Titel der einzelnen Filme: 1. "Greenhorn" (2003, 15 Min.); 2. "Snipers Alley" (2002, 14 Min.); 3. "Die rote Jacke" (2002, 20 Min.); 4. "Der Plan des Herrn Thomaschek" (2002, 14 Min.); 5. "Anna und der Soldat" (2004, 10 Min.); 6. "Die letzten Tage" (2005, 35 Min.) - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2002-2005
Regie
Michael Kreuz · Rudolf Schweiger · Florian Baxmeyer · Ralf Westhoff · Christian Prettin
Buch
Michael Kreuz · Jan Lüthje · Elke Schuch · Ralf Westhoff · Sören Hüper
Kamera
Florian Emmerich · Gerald Schank · Marcus Kanter · Jörg Gruber · Thomas Bergmann
Musik
Christoph Ammel · Bernd Kreuz · Annette Focks · Thilo Krüger · Michael Heilrath
Schnitt
Ole Heller · Peter R. Adam · Corina Dietz · Tom Kohler · Alarich Lenz
Darsteller
Sebastian Ströbel · Leopold Hornung · Catherine Flemming · Nicola Jankovic · Ulrich Noethen
Länge
ca. 93 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.

Diskussion
Jeder Krieg ist eine Niederlage. So hat es Tucholsky auf den Punkt gebracht. Wie sich all die Niederlagen der jüngeren Geschichte auf einzelne Menschen auswirken können, beschreiben einige der besseren Kriegsfilme im Kino. Sechs deutsche Kurzfilme zum Thema Krieg hat der auf Kurzfilmprogramme spezialisierte Verleih „W-Film“ jetzt als Paket im Angebot: kleine, intime Geschichten aus den vergangenen fünf Jahren, die davon erzählen, wie sehr menschliche Seelen durch den Krieg zerstört werden können – aber auch, was sie retten kann. Auch wenn manche Antikriegsbotschaft unter der Last der Allegorie ächzt, sind es doch fünf reizvolle Episoden, die von drei Kriegen erzählen, dem Zweiten Weltkrieg, dem Kalten Krieg und dem Krieg in Ex-Jugoslawien. Die Filme wurden von Filmhochschulen in Hamburg oder Ludwigsburg produziert und gehören allesamt in die Kategorie „High Budget“. Filmförderer, Fernsehsender und Sponsoren sind beteiligt, es wurde auf 35mm-Film gedreht, Teams in der Größenordnung eines Langfilms haben daran mitgewirkt. Dementsprechend lang sind die Listen der Festivalbeteiligungen bei den meisten Filmen. In „Snipers Alley“ von Rudolf Schweiger werden zwei junge Bundeswehrsoldaten mit Blauhelmen auf dem Kopf in einen Krieg hineingezogen, auf den sie mental nicht vorbereitet sind. Die „Scharfschützenallee“ im Film ist ein Stück Straße, auf dem bosnische Flüchtlinge entkommen wollen, indem sie ausgerechnet auf den kleinen Stützpunkt der beiden Deutschen zulaufen. Da der Befehl aber lautet, dies nicht zuzulassen, sind die Flüchtlinge einem Scharfschützen hilflos ausgeliefert. Einer der beiden Soldaten rastet daraufhin aus. Diese kleine, professionell gemachte Episode ist ein Hinweis auf die Tatenlosigkeit, zu der die UN-Friedenstruppen verdammt sind, aber auch darauf, dass der Krieg jeden Menschen an die Grenzen des Erträglichen führt. Auf Festivals noch weiter herum gekommen ist Florian Baxmeyer mit „Die rote Jacke“, der sogar eine „Oscar“-Nominierung und einen Studenten-„Oscar“ vorzuweisen hat. Es geht um eine FC-Bayern-München-Jacke, die auf tragische Weise das Leben eines Vaters in Hamburg und eines Waisen in Sarajevo miteinander verbindet. Gäbe es im Leben nicht manchmal sehr seltsame Zufälle, würde man die Geschichte konstruiert nennen, und wüsste man es nicht besser, hielte man Ulrich Noethen für einen allzu minimalistisch arbeitenden Schauspieler. Trotzdem rührt die Geschichte auf fast naive Weise an. Das haben sicher auch Sören Hüper und Christian Prettin im Sinn gehabt, indem sie in „Anna und der Soldat“ von einem jungen Ex-Wehrmachtssoldaten fabulieren, der fünf Jahre nach einem Massaker an italienischen Zivilisten an den Ort seiner Untaten zurückkehrt. Der Film verzichtet nicht nur auf Dialog, sondern auch auf psychologische Glaubwürdigkeit, um eine allzu gut gemeinte Allegorie auf Themen wie Schuld, Sühne, Rache und Vergebung zu illustrieren. Umso beeindruckender dann der Titel gebende Film über denselben Krieg, „Last Days“, in dem zwei abgeschossene Amerikaner und ein Wehrmachtsdeserteur in den letzten Tagen des Weltkriegs schicksalhaft aufeinander treffen. In fast monochromen graublauen Bildern erzählt Oliver Frohnauer von Misstrauen, Verzweiflung, Müdigkeit und Menschlichkeit. Auch „Der Plan des Herrn Thomaschek“ spielt in einem Krieg, dem Kalten Krieg zwischen den soeben per Mauerbau getrennten deutschen Staaten, und damit auch im Krieg der Grenzsoldaten gegen die eigenen Leute. Der nicht mehr ganz junge Thüringer Herr Thomaschek will eigentlich nur noch einmal seine Frau sehen, die im Westen gelandet ist, und nimmt dafür ein schweres Lauftraining in Kauf, zusammen mit einem Nachbarssohn. Das ist nicht ohne Witz, und so gelingt es Ralf Westhoff, der traurigen Situation eine tragikomische Note abzuringen: ein Stück moderner Heimatfilm vor der Kulisse des Todesstreifens. Der sechste Film „Greenhorn“ von Michael Kreuz wurde kurzfristig in die Rolle aufgenommen und lag zur Rezension nicht vor.
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