Um an einer Parodie wirklich Spaß zu haben, muss man mit der Sache, die parodiert wird, zumindest in groben Zügen vertraut sein. Wer den Gegenstand einer ironischen Überzeichnung nicht kennt, kann letztere unmöglich gebührend würdigen. Insofern bekommt das deutsche Kinopublikum im Falle von „Nacho Libre“ ein Problem, denn der Film macht sich über ein Phänomen lustig, das hierzulande wohl nicht einmal von einer kleinen Kultgemeinde verfolgt wird. Die Rede ist von einer spezifisch mexikanischen Spielart der Catchens, bei der die Kämpfer in der Regel sowohl im Ring als auch bei allen anderen öffentlichen Auftritten Gesichtsmasken tragen. Das sogenannte „lucha libre“ wird freilich auch in den USA kaum wahrgenommen, weshalb man sich wundern mag, wodurch sich jene amerikanischen Kinozuschauer angesprochen fühlten, die der Klamotte ein Einspielergebnis von 80 Mio. Dollar bescherten. Weil in der Hollywood-Produktion Mexiko als Land ungewaschener Bauerntölpel erscheint, dessen Nationalsprache (in der Originalversion) schlechtes Englisch ist, darf man wohl annehmen, dass eine gewisse Herablassung gegenüber dem armen Nachbarn im Süden eine Rolle spielte. Dass Jared Hess beteuert, sich seinem Sujet mit Respekt genähert zu haben, dürfte daran auch nichts ändern.
Im Zentrum der dünnen Handlung steht ein Mönch, der in einem Waisenhaus als Koch arbeitet, seit Kindheitstagen aber insgeheim davon träumt, als Luchador in den Ring zu steigen. Um mit der erhofften Siegergage endlich bessere Lebensmittel für die Waisenkinder kaufen zu können, aber auch, um seine Angebetete, die schöne Nonne Encarnación, zu beeindrucken, macht Nacho diesen Traum schließlich wahr. Dabei steht ihm, nach anfänglichem Zögern, der Straßendieb Esqueleto zur Seite, der fürs Catchen ebenso wenig Talent besitzt wie Nacho, den dicken Mönch aber insofern ergänzt, als er, seinem Namen entsprechend, bis auf die Knochen abgemagert ist. Wer mit mexikanischen Genrefilmen nicht vertraut ist, in denen maskierte Star-Luchadores Hauptrollen spielen, kann nicht einschätzen, ob Hess’ zweiter Spielfilm jenen billigen Vorbildern formal nachempfunden ist – oder ob die nachlässige Form schlichtere Gründe hat. Jedenfalls fällt auf, dass die meisten Szenen recht hölzern aufgelöst sind, wobei die Darsteller oft direkt in die Kamera schauen. Wenn vor einer der letzten Kampfszenen die Gegner der beiden Helden mit Grafikeinblendungen vorgestellt werden, die in der Manier von Sportsendungen im Fernsehen die jeweiligen Stärken hervorheben, kommen diese Charakteristika in den anschließenden Kämpfen überhaupt nicht zum Tragen. Das ist typisch dafür, dass Hess offenbar weder auf die Entwicklung seiner Gags noch auf die (komödiantische) Choreografie der Kampfszenen großen Wert legt.
Dass die Klamotte dennoch bescheidenes Vergnügen bereitet, liegt zum einen daran, dass Hess sowie die Co-Autoren einige richtig durchgeknallte Einfälle einstreuen, die umso kurioser wirken, als sie ohne jede Erklärung und ohne jeden Zusammenhang bleiben. So treten in mehreren Szenen zwei befremdliche Kampfkobolde auf, und während einer Party öffnet sich zwischen zwei Stockwerken einer Villa ein ganz und gar rätselhafter Tunnel. Vor allem verdankt sich das bescheidene Vergnügen aber dem Hauptdarsteller Jack Black. Ihm gelingt es, aufgeblasene Selbstüberschätzung perfekt mit naivem Enthusiasmus zu kombinieren. Weil die Gags allzu oft darauf vertrauen, dass Blacks dicker Körper im selbstgeschneiderten Kampfanzug oder in schrägen 1960er-Jahre-Klamotten grotesk aussieht, fällt allerdings umso mehr auf, dass der hinreißende Komiker in diesem, von ihm co-produzierten Film unterfordert bleibt.