Wie inszeniert man das perfekte Verbrechen? Im Kino braucht es dafür charismatische Darsteller, überragende Handwerker hinter der Kamera und einen wasserdichten Plot, der den Zuschauer auf einer stetig steigenden Spannungskurve zum originellen Finale führt. Mit „Inside Man“ fordert Spike Lee das Publikum spielerisch dazu heraus, seinen Verstand mit dem seines Helden Dalton Russell zu messen, der frech in Anspruch nimmt, das perfekte Verbrechen begangen zu haben. Doch irgend etwas stimmt nicht. Wie es scheint, sitzt das Superhirn bereits in einer engen Gefängniszelle. Der perfekt geplante Bankraub, den man – immer wieder von Verhören im Revier unterbrochen – retrospektiv zu sehen bekommt, scheint gescheitert zu sein, der leitende Detective Keith Frazier auf ganzer Linie gesiegt zu haben. Dabei gibt sich Russell von Anfang an als überlegener „Mastermind“, treibt die Geiseln in der altehrwürdigen, bereits 1948 gegründeten Privatbank zusammen, kleidet sie mit den gleichen Sonnenbrillen und Overalls wie sein Team und macht sich damit für Zeugen und den schnell alarmierten Krisenstab quasi unsichtbar. Die distinguierte Stimme, die mit Detective Frazier kommuniziert, lässt hinter dem scharfen Verstand einen undurchsichtigen Plan erahnen, der dennoch, so legt es das Erzählkonzept des Regisseurs nahe, durchkreuzt wurden. Oder etwa nicht?
Der Plan der Drehbuchautoren Russell Gewirtz und Menno Meyjes ist klug; erst langsam verraten sie dem Publikum ihre Tricks: Es geht hier nicht ums reichlich vorhandene Geld im Safe; es geht um den Inhalt von Schließfach 329, das es eigentlich gar nicht gibt, das aber ein delikates Geheimnis des Gründers der Bank verwahrt. Als hätte dieser eine dunkle Ahnung, seine Machenschaften in Hitler-Deutschland könnten durch den Überfall ans Tageslicht kommen, beauftragt der mächtige alte Herr eine ebenso elegante wie undurchsichtige (und offensichtlich ebenso mächtige) Frau namens Madeliene White, auf die Planungen des Krisenstabs Einfluss zu nehmen. Es gelingt ihr, als Kontaktperson ein Treffen in der belagerten Bank zu arrangieren, in der sie die wahren Pläne Russells erfährt. Doch selbst damit hat „Inside Man“ noch nicht alle Geheimnisse und Finten preisgegeben, sodass man als Zuschauer viel zu verunsichert ist, um mögliche Schwachpunkte in einer „perfekten“ Geschichte in Erwägung zu ziehen.
Gewiss gehört das Drehbuch zweier Filmdebütanten zu den originellsten Genrevariationen der letzten Jahre. Spike Lee, der in letzter Zeit eher verquaste, um politische Botschaften bemühte Stoffe verfilmte und damit scheiterte, versucht sich hier erfolgreich an einer klassischen Genregeschichte. Dafür hat er ein beachtliches Star-Ensemble engagiert, das, dem Credo der Geschichte gemäß, vor Intelligenz nur so funkelt; allen voran Clive Owen als Dieb, Jodie Foster als Joker und Christopher Plummer als Bankchef mit monströser Vergangenheit (Erinnerungen an Laurence Olivier in „Der Marathon-Mann“, fd 20 114, werden wach). Gerne verzeiht man die Selbstverliebtheit, in der sich Spike Lees Stammdarsteller Denzel Washington als Detective ergeht und damit die einzig unglaubwürdige Szene des Films provoziert, in dem er todesmutig einen Ringkampf mit Russell in der Bank wagt. Nur die Musik von Terence Blanchard wirkt wie schon in „25 Stunden“
(fd 35 931) viel zu pompös angesichts des gepflegten Thrills, dem man sich ansonsten gerne hingibt.