Nun ist es also so weit. Das letzte Puzzle-Stück in einen sechs Kinofilme und einen Zeitraum von nahezu 30 Jahren umfassenden erzählerischen Kosmos ist eingefügt, und es darf offiziell verkündet werden: „Die Saga ist vollendet.“ Was 1977 als formal unbekümmertes, märchenhaft-triviales Science-Fiction-Spektakel begann, entwickelte sich im Lauf der Jahre zur bombastischen Kino-Oper, deren drei frühe Teile zwischenzeitlich sogar „renoviert“ wurden, um mit den technischen Mitteln des neuen digitalen Kinozeitalters Schritt halten zu können. Nun fügen sich zwei Trilogien zur linear rezipierbaren sechsteiligen Fortsetzungsgeschichte – und die bleibt bis zum Schluss eine Herzensangelegenheit. Denn mit dem Verstand allein konnte man noch nie an George Lucas‘ Sternenkrieg-Zyklus herangehen, würde dann die Schere zwischen bescheidener gedanklicher Substanz und überbordendem visuellem Pomp doch schnell offensichtlich. Was im Kern nicht mehr als eine geschickt dosierte Fortsetzungsgeschichte ist, die gut und gerne als trivialer Comic Strip auf der Wochenendbeilage einer Tageszeitung durchgehen könnte, plusterte sich im Kino zur bildgewaltigen Paraphrase über den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse auf, zur archaischen Geschichte der Menschheit im permanenten Zwist zwischen Krieg und Frieden, Machtgier und Hass, Liebe und Freundschaft der Menschen und Völker. Konkretere Bezüge zur Realität gab es dabei nie, allenfalls „philosophische Referenzen“, die den Fundus aus Politik, Kunst, Religion und vor allem dem Kino selbst so ausgiebig plünderten, dass man phänomenaler Weise heute kaum noch zwischen Ursprung und Wirkung unterscheiden kann: „Star Wars“ selbst ist zum zitierfähigen Mythos geworden, der Sagen- und Bildermythen zum Selbstbedienungsladen ohne zeitliche oder ethnische Versankerung umfunktionierte.
Schöpferisch-innovativ war George Lucas in der Rückschau am ehesten noch in der zweiten Episode („Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger“, fd 35 432), als er, bildkompositorisch zwischen Romantik und Neo-Klassizismus pendelnd, eine Art „Geisteshaltung“ visualisierte und damit eine brüchige, in morbider Schönheit gefangene und daran untergehende Gesellschaft der fernen Zukunft kommentierte. Nun, im sich unmittelbar anschließenden dritten Teil, ist davon schon nichts mehr zu spüren: Episode III zitiert angelegentlich im herkömmlichen Maße (die Landung der US-Soldaten im kambodschanischen Dschungel aus Coppolas „Apocalypse Now“, fd 22 192), verdichtet sich aber an kaum einer Stelle zum gestalterisch eigenständigen Entwurf. Im Gegenteil: Selbstlos und „heldenhaft“ bis zur Profillosigkeit stellt sich der Film komplett in den Dienst der Sache, um seine Pflicht zu erfüllen – nämlich dafür zu sorgen, dass die Teile schlüssig und glaubwürdig zur „Sextalogie“ zusammenwachsen.
Der Preis dafür ist hoch: Der Kinogänger bekommt im Prinzip nur noch das, was er erwartet (und erhofft) hat. Überraschungen, Brüche, unerwartete Wendungen sind nicht eingeplant, sodass allenfalls noch zu bestaunen ist, wie geschickt und reibungslos Modul in Modul greift: Ewan McGregor übt sich als Obi-Wan Kenobi in die Physiognomie von Alec Guinness ein; die Raumschiffe passen sich in ihrer Konstruktion – fast schon regressiv – den „altmodischen“, weit kantigeren und weniger amorphen Konturen der früher entstandenen, erzähllogisch sich anschließenden Teile IV, V und VI an; die Musik von John Williams antizipiert ebenso behutsam wie virtuos die Luke- und Lea-Themen; Anakin Skywalkers innerer Kampf um Identität schleppt sich fast schon zappelig und ungeduldig als redundante Phrase („Erkenne die dunkle Seite der Macht“) über die Zeit, bis es in einem „Niemandsland“ zwischen Lavaströmen zum entscheidenden Kampf mit Obi-Wan kommt, der die endgültige, auch äußerlich sichtbare Verwandlung in Darth Vader einleitet. Fans dürfen genussvoll aufstöhnen, wenn sich dann der schwarze Helm über Anakins verbrannten Schädel schiebt und nach Sekunden des Verharrens das vertraute schnorchelartige Atmen einsetzt – und noch einmal jauchzen, wenn wenig später Vaders mächtige, schallverstärkte Stimme aus dem Helm ertönt. Die Handlung bis zum Finale ist karg und dünn, versteckt sich hinter lärmenden Schlachten und Gefechten, die – selbstverständlich – auf bewunderwertem technischen Niveau stehen und den dritten Teil fast schon zum komplett computer-animierten Trickfilm-Kabinettstück machen. Kanzler Palpatine outet sich öffentlich als machtgieriger Sith-Lord, der die Republik stürzt und das Imperium ausruft, in Anakin seinen neuen Schüler begrüßt und das Massaker an den Jedi-Rittern anordnet; die schöne Padmé, heimlich mit Anakin verheiratet, ist schwanger und damit zum inaktiven Verharren in prächtigen Gewändern und architektonisch zwischen Antike und Art Déco gestalteten Räumen verdammt, bis sie, fast am Ende des Films, bei der Geburt ihrer Zwillingskinder ihr Leben aushaucht – und damit die letzten Minuten des Films einleitet, die mit dem Verstecken der Babys Lea und Luke und dem Winterschlaf ähnlichen Rückzug der „Guten“ doch noch zu einem kleinen emotional bewegenden Zentrum finden. Zuvor lief alles eher mechanisch ab, lieferte der Film in seiner zudem unübersehbaren Humorlosigkeit sogar einige fast peinliche Momente (Obi-Wan: „Ich kann mir das nicht weiter ansehen...“). So registriert man mehr sachlich als dass man es emotional aufnimmt, wie raffiniert einige Weltraum-Angriffe dramaturgisch aufgebaut sind, wie verführerisch „schön“ die merkwürdig entseelten Stadtentwürfe sind; wie attraktiv sich auch das Duell zwischen dem (perfekt animierten) grünen Jedi-Meister Yoda und Palpantine in den Schwindel erregenden Schluchten des Senats gestaltet, dessen wabenartige Sitze bröckeln und den Zusammenbruch der Demokratie versinnbildlichen.
Ansonsten folgt man aber zu vielen, sich nunmehr bereits zyklisch wiederholenden „Star Wars“-Versatzstücken und möchte sich Yoda anschließen, der ja auf jedes Töpfchen einen Deckel hat und einmal mit dem Rat aufwartet: „Übe dich im Loslassen!“