Königreich der Himmel

Historienfilm | USA/Großbritannien/Spanien 2005 | 145 ( DVD: auch 186, BD: 189) Minuten

Regie: Ridley Scott

Jerusalem im 12. Jahrhundert: Während der Kreuzzüge hat das Heer der Europäer die Heilige Stadt erobert. Als das weise Oberhaupt der Christen stirbt und ein tyrannischer König an die Macht kommt, kommt es zum Krieg gegen die Sarazenen, die unter Führung Saladins die Stadt zurückerobern. Der perfekt inszenierte Historienfilm erzählt seine abenteuerliche Geschichte in einer langen Rückblende. Ohne die Zutaten des Genres zu verwässern, thematisiert er dabei Werte wie Toleranz und friedliche Koexistenz und vermittelt trotz des Genre gegebenen Heroismus viele nachdenklich stimmende Zwischentöne. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
KINGDOM OF HEAVEN
Produktionsland
USA/Großbritannien/Spanien
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
20th Century Fox/Scott Free Prod./Kanzaman
Regie
Ridley Scott
Buch
William Monahan
Kamera
John Mathieson
Musik
Harry Gregson-Williams
Schnitt
Dody Dorn
Darsteller
Orlando Bloom (Balian) · Eva Green (Sybilla) · Liam Neeson (Godfrey) · Jeremy Irons (Tiberias) · David Thewlis (der Hospitaler)
Länge
145 ( DVD: auch 186, BD: 189) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Historienfilm
Externe Links
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Heimkino

Die Standardausgabe hat keine erwähnenswerten Extras. Die umfangreiche Special Edition (2 DVDs) besticht durch eine Fülle von Hintergrundinformationen, die durch in den Film einblendbare Texttafeln (Fact Track: "Führer der Pilger") vermittelt werden. Die Bonus-DVD enthält ein erschöpfend informierendes 83-minütiges "Making of" sowie zwei Dokumentationen (42 Min./44 Min.), die sich mit der Fiktion und den realen Hintergründen des Filmes beschäftigen. Neben dem ins Kino gelangten "Produzenten Cut" ist eine signifikant verlängerte Fassung auf DVD/BD erschienen. Der Regisseur addiert hier gut 40 Minuten Material und verhilft dem Film dadurch zu seiner eigentlichen Blüte. Neue Personen werden eingeführt, alte bekommen plötzlich ein Gesicht, die Geschichte verliert die löchrige, gewollt wirkende Struktur, für die der Kinofilm mit Recht gescholten wurde. Auf vier DVDs dehnt sich diese "CENTURY³ Cinedition ", wie sich der Director's Cut auch nennt, aus. Zwei davon präsentieren allein den überlangen Film mit seinem aufwändigen Bild- und Tontransfer sowie den drei ausgezeichneten dt. untertitelbaren Audiokommentaren: 1. Regisseur Ridley Scott, Autor William Monahan und Schauspieler Orlando Bloom. 2. Produzentin Lisa Ellzey, Visual Effects Supervisor Wesley Sewell und Regie-Assistenten Adam Somner. 3. der Cutter Dody Dorn. Das immense Bonusmaterial ergänzt das auf der bereits erschienenen Edition u.a. durch 15 nicht verwendete Szenen (29 Min.). Die Special Edition ist mit dem Silberling 2005 ausgezeichnet. Die CENTURY³ Cinedition ist mit dem Silberling 2006 ausgezeichnet. Die enttäuschende Blu-ray enthält den Director's Cut (ohne Overtüre und Intermission) und auch nichts von den bestechenden Bonusmaterialien.

Verleih DVD
Fox (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt., dts dt.)
Verleih Blu-ray
Fox (16:9, 2.35:1, dtsHD engl./dt.)
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Frankreich im Jahr 1184: Das Begräbnis einer Frau ist das erste Bild, ein memento mori gleich zu Anfang eines Films, in dem viel gestorben wird, in dem aber Kampf, Töten und Tod nie Selbstzweck werden, sondern das Leben und die Frage, wofür es sich zu leben lohnt und ob überhaupt Opfer sinnvoll sein können, eines von mehreren Leitmotiven bilden. Die Tote lässt ihren Mann, den jungen Schmied Balian, zurück, und es ist gleich klar, dass dies der Held sein wird. Wie im klassischen Heldenepos folgt zunächst die Initiation: Während der Hochzeit der Kreuzzüge ziehen Ritter durchs Land und rekrutieren Nachschub für den Heiligen Krieg. Schon in diesen ersten Minuten sind Desillusionierung und eine depressive Komponente spürbar, eine Ahnung von Niederlage, das Bewusstsein der Ritter, dass das Beste, was sie in Jerusalem erreichen können, Vergebung ist.

Ein Mord zwingt den zögerlichen Balian, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, nach Messina zu reiten, um sich einzuschiffen, und im Orient seine Zukunft zu suchen. Ridley Scott lässt keinen Zweifel, dass es nicht Glaubenseifer, sondern die Flucht vor den Problemen und der Wunsch nach Neuanfang sind, der Kreuzfahrer antreibt – Männer, die nichts zu verlieren haben. Nach kurzem Kampfunterricht und erster Bewährungsprobe wird Balian zum Ritter geschlagen und findet sich in Jerusalem wieder. Dort regieren seit einem knappen Jahrhundert die Christen, doch der gute König Balduin der Aussätzige – er trägt wegen seiner Krankheit eine Silbermaske – ist dem Tod geweiht, das christliche Lager gespalten. Während der König mühsam die Toleranz zwischen den Religionen aufrecht erhält, sammeln sich die Fanatiker im Orden der Templer: Gotteskrieger, die alle „Ungläubigen“ töten wollen. Auch in der Geschichte gehörten die Tempelritter zu den Hardlinern unter den Kreuzfahrern; überhaupt hält sich der Film im Rahmen des Genres weitgehend an die historischen Fakten. Als der König stirbt, eskalieren die Fraktionskämpfe. Weil Balian, der „ein perfekter Ritter“ sein will, angetragene Führungspositionen ausschlägt, wird der charakterlose Guy neuer König. Bald bricht Krieg mit den Sarazenen und ihrem Führer Saladin aus, der diesmal von den Arabern konsequent zu Ende geführt wird. Balian bewährt sich als Verteidiger von Jerusalem und kann doch den Fall der Stadt nicht verhindern. Nach der Übergabe der Stadt zieht er mit seiner Liebe Sibylla nach Frankreich und wird dort aufgefordert, an der Seite von Richard Löwenherz Jerusalem zurückzuerobern.

Wie in „Gladiator“ (fd 34 276) versucht Scott auch hier die Wiederbelebung eines in die Krise geratenen Genres. Mit Leichtigkeit gelingt die Anknüpfung an klassische Ritterfilme Hollywoods. Ohne in Konventionen zu erstarren, gibt er dem Publikum, was es erwartet: Abenteuer pur, edle Helden und veritable Schurken. Von Beginn an trifft der prächtig inszenierte Film einen epischen Ton, wechselt ökonomisch zwischen ruhigen Phasen, Charakterzeichnung und Action. Die Erzählung, nicht Krieg und Schlachten stehen im Mittelpunkt. Besonders gut gelungen, streckenweise phänomenal sind die eindrucksvollen – nur selten CGI-unterstützten – Bauten, die ein stimmiges Bild entwerfen, ohne plumpe Aktualisierung, aber auch ohne Mittelalter-Kitsch. Nicht nur hier gelingt Scott, was Oliver Stone mit „Alexander“ (fd 36 837) misslang: ein glaubwürdiger Kostümfilm, der nicht wie eine Hollywood-Erfindung wirkt.

Die Story erlebt im Mittelteil allerdings einen Bruch: Zu schnell wird erzählt, die Handlungen der Charaktere sind streckenweise kaum verständlich und psychologisch unmotiviert. Erklärbar ist dies allein durch die Ankündigung, dass in einem Jahr eine um eine Stunde verlängerte Fassung auf den DVD-Markt kommen werde. Im letzten Drittel liegt der Film dann wieder in der Spur. Einen großen Unterschied zu „Gladiator“ bilden die Zeichnung des Helden und die „Botschaft“. Kein Barbar attackiert hier eine als dekadent gezeichnete Form der Zivilisation, vielmehr führt der Film zwei verschiedene Varianten von Zivilisation vor: eine fanatisch-ausschließende, die das Andere skrupellos vernichtet, und eine, die integriert, in der friedliches Zusammenleben möglich ist. Der politisch-kulturelle Subtext liegt in diesem Fall in Zeiten neuer Religionskriege und religiös motivierten politischen Handelns klar auf der Hand: Es ist ein Plädoyer für Toleranz und friedfertiges Zusammenleben zwischen verschiedenen Kulturen und Bekenntnissen. Entgegen Vorwürfen, die gegen den Film erhoben werden, zeichnet „Königreich der Himmel“ ein positives Bild der moslemischen Welt: Sie ist zivilisiert, tolerant, großzügig und agiert weit rationaler als die Vertreter des „Abendlands“. Zwar gibt es auch Europäer-Hasser unter den Arabern, die wahren Fanatiker finden sich aber unter den Christen. Überhaupt ist die Sichtweise auf Religion skeptisch: „Hinter dem Namen Gott habe ich die schlimmsten Fanatismen gehört“, erklärt jemand, und Balian plädiert für Polytheismus: Alles in Jerusalem sei heilig. „Sie lehrten mich viel über Religion, Eure Eminenz“, verspottet er den zugleich opportunistisch-zynischen Bischof von Jerusalem. Auch sonst sind Priester überwiegend Negativfiguren – was beim Blick auf die historischen Quellen plausibel erscheint.

Balian ist in seinem Tun eher den Ideen von 1789 verpflichtet: Freiheit, Gleichheit, Toleranz und Brüderlichkeit bilden die Grundlage des Widerstands gegen Aggressoren. Jerusalem ist das „Königreich des Himmels“, ein Reich der Toleranz und Aufklärung. Einmal mehr erzählt Scott im Gewand der Unterhaltung von Untergang und Niederlage; der Heroismus, der hier noch sein darf, ist gebrochen und dunkel. Selten war Scotts Kino „europäischer“ als in dieser hervorragend und sehr zeitgemäß inszenierten Geschichte, die erahnen lässt, dass die größten Gefahren für eine Zivilisation in ihr selbst liegen.

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