Trilogie: Un couple épatant - Ein tolles Paar
Komödie | Frankreich/Belgien 2002 | 97 Minuten
Regie: Lucas Belvaux
Filmdaten
- Originaltitel
- LA TRILOGIE: UN COUPLE EPATANT | UN COUPLE EPATANT
- Produktionsland
- Frankreich/Belgien
- Produktionsjahr
- 2002
- Produktionsfirma
- Agat Films/Canal +/CNC/Cofimage 12/Entre Chien et Loup/Eurimages/Gimages 5/Natexis Banques Populaires Images 2/RTBF/Rhône-Alpes Cinéma
- Regie
- Lucas Belvaux
- Buch
- Lucas Belvaux
- Kamera
- Pierre Milon
- Musik
- Riccardo Del Fra
- Schnitt
- Valérie Loiseleux
- Darsteller
- Ornella Muti (Cécile Costes) · François Morel (Alain Costes) · Valérie Mairesse (Claire) · Bernard Mazzinghi (Georges Colinet) · Dominique Blanc (Agnès Manise)
- Länge
- 97 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Komödie
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Es gibt zwei längere Szenen, die allen drei Filmen gemeinsam sind – und einige kürzere Szenen, die nur in jeweils zwei Filmen vorkommen, aber stets aus anderen Blickwinkeln gefilmt sind. Der Zuschauer kann seine Wahrnehmungsfähigkeit überprüfen, wenn er stutzig wird und sich fragt, ob er diese Szenen nicht schon einmal gesehen hat, und wenn ja, aus welchem Blickwinkel; und er kann feststellen, wie er manipuliert wird, wenn er erkennt, dass er ähnlichen Trugschlüssen erliegt wie die Filmfiguren. Im Grunde hat Lucas Belvaux einen dreiteiligen Experimentalfilm als langen Spielfilm getarnt – und greift damit weit über kürzere Filme mit drei ineinander verschachtelten Erzählungen wie „Amores Perros“ (fd 35 104) oder „21 Gramm“ (fd 36 365) hinaus.
„Un couple épatant – Ein tolles Paar“, der Chronologie nach an zweiter Stelle („Cavale“ beginnt zwei Tage früher), sieht Belvaux als ersten Film der Trilogie; als Beziehungskomödie mit Ornella Muti in der Hauptrolle ist er zweifellos der populärste der drei Filme. Zu Beginn befällt Alain, einen High-Tech-Unternehmer in Grenoble, die Angst, sterbenskrank zu sein. Er sucht einen befreundeten Arzt auf, ohne es seiner Frau zu sagen, und arrangiert eine fingierte Geschäftsreise, als er für einige Tage wegen einer kleinen Operation ins Krankenhaus muss. Doch seine Frau, die Lehrerin Cécile, ist misstrauisch und eifersüchtig. Sie spürt, dass Alain ihr etwas verheimlicht, und bittet Pascal, den Ehemann ihrer Kollegin Agnès, einen Polizisten, ihren Mann zu beschatten, weil sie fürchtet, dass er eine Geliebte hat. Schnell findet der Polizist die Wahrheit heraus, teilt sie Cécile aber nicht mit, weil er sich in sie verliebt hat. Alain merkt, dass er verfolgt wird, und glaubt, dass Cécile einen Geliebten hat, der ihn verfolgt. So zimmert sich jeder eine Wirklichkeit zurecht, die durch Indizien durchaus plausibel erscheint. „Die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen“, sagt Pascal einmal und erwähnt, dass seine Frau schon seit 20 Jahren drogenabhängig sei. Aber Cécile ist genauso von ihrer fixen Idee des Ehebruchs eingenommen, wie Alain von seiner eingebildeten Krankheit, sodass beide die Wahrheit lange nicht sehen wollen. Bevor Cécile ihre Freunde zu einer großen Geburtstagsparty einlädt und das Ehepaar wieder zueinander findet, kommt es zu unerwarteten Begegnungen im Chalet in den Bergen, was für weitere Verwirrungen sorgt.
Alain ist ein klassischer Molièrescher Hypochonder, der impulsiv handelt. Wenn er sich über jemanden geärgert hat, diktiert er schnell eine Änderung seines Testaments ins Aufnahmegerät. Mal gefällt ihm nicht, dass seine Frau so kühl ist, dann zweifelt er die Loyalität seiner Sekretärin an oder die Aufrichtigkeit seiner etwa 20-jährigen Tochter. Herrlich ungeschickt versucht er, seine Arztbesuche zu vertuschen, während Cécile sich nicht scheut, in seiner Abwesenheit sein Büro zu durchsuchen und die Sekretärin zu zwingen, den Safe zu öffnen. Der Polizist, der ihn beschattet, gibt sich als Steuerbeamter aus, um dasselbe zu tun. Solche Situationskomik wird ebenso genüsslich inszeniert wie die kurzen Dialoge à la Eric Rohmer, wenn zwei Personen beratschlagen, wie sie eine dritte manipulieren können. Über die Irrungen und Wirrungen des seltsamen Ehepaars hinaus bindet Belvaux Krimi-Elemente in die Handlung ein, wenn die falsche Frau im richtigen Auto fährt, die eine Freundin aus den falschen Gründen um den Schlüssel fürs Chalet als Liebesnest bittet. So verdichten sich falsche Indizienketten immer mehr; keiner scheint dem anderen zu trauen, alle lügen, spionieren und intrigieren.
Belvaux mischt Kritik an der bürgerlichen Welt mit Gesellschaftskritik, den typischen Paarproblemen beim Zusammenleben und dem Streben nach Glück. Dabei inszeniert er seine Komödie mit zahlreichen (vorerst) ins Leere laufenden Nebenhandlungen, die freilich nicht weiter stören, weil alle Szenen von einer bewundernswerten Leichtigkeit getragen sind und gerade dadurch so real erscheinen. Die Kamera ist den Personen immer dicht auf den Fersen – es gibt viele Fahrten, die aber nie unruhig wirken – und zugleich in Beobachterstellung. Dank der sorgsam eingesetzten Musik mit wenigen Instrumenten (ein Streichquartett), vielen motivischen Wiederholungen und der Tatsache, dass nur wenig gesprochen wird und fast alles über Blicke, Gesten und Taten passiert, entwickelt sich eine geschlossene, dichte Atmosphäre, die über das Happy End hinausgeht. Denn wie sagt Alains Arzt so schön: „Auf zu neuen Abenteuern.“ (Rezensionen zu den anderen Filmen der Trilogie, „Cavale – Auf der Flucht“ und „Après la vie – Nach dem Leben“, folgen in fd 15/04.)