Action | USA 2003 | 127 Minuten

Regie: Sam Raimi

Ein Wissenschaftler fällt der künstlichen Intelligenz jener mechanischen Arme zum Opfer, die er sich selbst angeschnallt hat, und verliert die Kontrolle über sein Bewusstsein. Dies ruft Superheld Spider-Man auf den Plan, der sich neben diesem Gegner vor allem aber mit seinen eigenen Selbstzweifeln auseinandersetzen muss, da er sich nach einem normalen Leben sehnt. Unterhaltsames und zugleich intelligentes Abenteuer- und Actionkino in Fortsetzung von "Spider-Man" (2001/02). Bei aller Vielzahl an verblüffenden Effekten stellt sich das Grundgerüst des Comics in den Dienst eines großen Melodrams um Identität und Verantwortung. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
SPIDER-MAN 2
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Columbia Pictures/Marvel Enterprises/Laura Ziskin Prod./Sony Pictures Entertainment
Regie
Sam Raimi
Buch
Alvin Sargent
Kamera
Bill Pope · Anette Haellmigk
Musik
Danny Elfman
Schnitt
Bob Murawski
Darsteller
Tobey Maguire (Peter Parker) · Kirsten Dunst (Mary Jane Watson) · James Franco (Harry Osborn) · Alfred Molina (Dr. Otto Octavius) · Rosemary Harris (Tante May)
Länge
127 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Action | Fantasy
Externe Links
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Heimkino

Die Standard Edition enthält in der Bonussektion u.a. einen dt. untertitelbaren Audiokommentar des Regisseurs und der Darsteller Tobey Maguire, Avi Arad und Grant Curtis sowie einen dt. untertitelbaren Audiokommentar, in dem die entscheidenden Verantwortlichen der Crew zu Worte kommen. Die umfangreiche Special Edition (2 DVDs) enthält zudem eine informative Dokumentation zum Film ( "The Amazing Spider-Man", etwa 120 Min.) sowie ein Feature mit Multi-Angle Funktion, in der eine Szene aus frei wählbaren Blickwinkeln abrufbar sind. Des Weitern ist ein Extended Cut "Spider-Man 2.1" (2 DVDs) erschienen, der 8 Minuten länger als die Kinofassung ist und substantielle neue Szenen in sich birgt. Die Extras dieser Edition enthalten u.a. einen Audiokommentar von Laura Ziskin und Alvin Sargent, ein ausführliches Feature zu den visuellen Effekten (32 Min.) sowie ein Feature zur Musik von Danny Elfman (5 Min.).

Verleih DVD
Columbia TriStar Home (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Als „Spider-Man“ (fd 35 439) in die Kinos kam, befanden sich die USA im Zustand des Schocks. Die Wunden, die der 11. September 2001 im amerikanischen Selbstverständnis hinterlassen hatte, waren noch frisch. Der Optimismus von Sam Raimis Comic- Adaption, sein bedingungsloser Glaube an die Grundwerte der Nation, waren in dieser Situation hoch willkommen. Die Geschichte des Durchschnittsmenschen Peter Parker, der durch den Biss einer Spinne paranormale Fähigkeiten entwickelt, die er zum Wohle der Allgemeinheit benützt, setzte die Überzeugungen eines Benjamin Franklin ins Recht: dass es jeder Mensch weit bringen kann, wenn er nur hart arbeitet und nie den Glauben an sich selbst verliert. Genau das passiert Peter Parker jedoch in der Fortsetzung. Er hadert mit seinem Schicksal und zweifelt, ob er weiterhin als Spider-Man die Welt retten will. Auf diese Weise spiegelt auch „Spider-Man 2“ die aktuelle Befindlichkeit in den USA. Der Krieg gegen den Terror hat seine moralische Rechtfertigung verloren, und die Lage im Irak droht zum zweiten Vietnam zu eskalieren, weshalb sich die Amerikaner derzeit ebenfalls die Frage stellen, ob sie der ethischen Verpflichtung, die sowohl ihr kulturelles Erbe als auch ihre militärische Macht mit sich bringen, weiterhin gerecht werden wollen.

Peter Parker empfindet seine Heldenrolle zunehmend als Last, die ihn daran hindert, sein eigentliches Leben zu führen. Seine permanenten Rettungstaten lassen ihm kaum Zeit für sein Physik-Studium. Selbst seinen Nebenjob als Pizza-Bote verliert er, da er regelmäßig zu spät ausliefert. Erst recht unerträglich ist es für Peter, dass er seiner Jugendliebe Mary Jane nicht seine Gefühle offenbaren kann; zu groß ist seine Angst, dass sie an seiner Seite ins Visier seiner Feinde geraten könnte. Mary Jane hat unterdessen aufgehört, auf ihn zu warten, und sich einem anderen Mann zugewandt. Im Grunde hat Peter damit schon ausreichend Probleme; da es sich bei „Spider-Man 2“ aber um ein Produkt für den US-Kino-Sommer handelt, bedarf es obendrein eines Erz-Schurken, der Anlass für diverse Actionszenen liefert: Doktor Octavius ist zu Beginn ein liebenswürdiger Wissenschaftler, der an einer neuartigen Methode der Energieerzeugung durch Kernfusion arbeitet. Doch der erste Probelauf mit der neuen Technologie gerät außer Kontrolle und Octavius unter den Einfluss der mechanischen Arme, die er sich zur Durchführung des Experiments umgeschnallt hatte, und deren künstliche Intelligenz nun Kontrolle über sein Bewusstsein erlangen.

Das entscheidende Duell ficht nicht Peter Parker gegen „Doc Ock“ aus, sondern das erwachsene Drama im Kern des Films gegen die unvermeidlichen Gimmicks einer Comic-Adaption. Hatte im ersten Film der Comic noch knapp gesiegt, gelingt Raimi in „Spider-Man 2“ das Kunststück, die seelischen Konflikte seines Helden konsequent in den Vordergrund zu stellen. Statt sich dem Diktat des digitalen Einheitskinos zu ergeben, verschreibt er sich noch radikaler der klassischen Kunst des Erzählens. Der Film hat kaum weniger CGI-Effekte als „Van Helsing“ (fd 36 487) oder „The Day After Tomorrow“ (fd 36 507), doch stehen die Artefakte aus dem Computer nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit, sondern im Dienst der Story – und die dreht sich weniger um den Kampf des Helden gegen das Böse als um Spider-Mans Kampf für sein wahres Ich, denn Peter Parker hat seinen Platz in der Welt noch längst nicht gefunden. In einer der Schlüsselszenen steht er vor seinem offenen Kleiderschrank und sieht sein Heldenkostüm neben seinem einzigen Jackett hängen. Spider-Man und Peter Parker sind für ihn separate Identitäten, die er zusammen mit der Garderobe wechselt; beide zu integrieren, erscheint ihm unmöglich. Doch seine geheime Existenz ist zermürbend, da sie ihm unermüdlichen Einsatz abverlangt, aber kaum Anerkennung einbringt. Umso verlockender erscheint es ihm, sich als Peter Parker in den Alltag zurückzuziehen und endlich wieder Zeit zu haben, – für sein Studium, seine Tante May und vor allem für Mary Jane, die seinen permanenten Zeitmangel als Zurückweisung interpretiert. Peters Zweifel an seiner Berufung werden schließlich so groß, dass er seine Fähigkeiten einbüßt und sein Kostüm in die Mülltonne wirft. Erst als er bei einem Versuch, Menschenleben zu retten, mangels seiner Spinnenkräfte teilweise versagt, sieht er ein, dass Spider-Man ein Teil von ihm ist, den er weder leugnen kann noch darf. So ist es nur konsequent, dass während des Showdowns mit „Doc Ock“ sein Kostüm zunehmend in Fetzen geht, bis die Maske komplett fällt.

Sam Raimi macht keinen Hehl aus den tragischen Elementen, die „Spider-Man 2“ durchziehen, vermeidet aber Pathos und Verzagtheit, um die letzte Versuchung Peter Parkers mit Humor und Leichtigkeit zu inszenieren. Das Seelendrama des Superhelden dient ihm nicht als Selbstzweck, sondern als Anlass, den ur-amerikanischen Glauben an das Individuum, seine Stärke und Integrität, zu zelebrieren. Vor diesem Hintergrund sind sowohl das mehrfach verwendete Motiv der Sonnen durchfluteten Straßenschluchten Manhattans als auch die omnipräsenten US-Flaggen in Tante Mays kleiner Siedlung nicht als blinder Patriotismus zu verstehen. Sie sind vielmehr Embleme eines nationalen Mythos, der für Raimi seine moralischen Implikationen noch nicht verloren hat.

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