Gebürtig
Drama | Österreich/Deutschland/Polen 2002 | 111 Minuten
Regie: Robert Schindel
Filmdaten
- Originaltitel
- GEBÜRTIG
- Produktionsland
- Österreich/Deutschland/Polen
- Produktionsjahr
- 2002
- Produktionsfirma
- Cult Film/Extrafilm/DaZu Filmproduktion/Akson Studio
- Regie
- Robert Schindel · Lukas Stepanik
- Buch
- Robert Schindel · Lukas Stepanik · Georg Stefan Troller
- Kamera
- Edward Klosinski
- Musik
- Peter Ponger
- Schnitt
- Hubert Canaval
- Darsteller
- Peter Simonischek (Hermann Gebirtig) · Ruth Rieser (Susanne Ressel) · August Zirner (Danny Demant) · Katja Weitzenböck (Crissie Kalteisen) · Daniel Olbrychski (Konrad Sachs)
- Länge
- 111 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Literaturverfilmung
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Die Handlung spielt im Jahr 1987, als Österreich die Waldheim-Affäre spaltete. Eine Handvoll Zeitgenossen ringt mit Erinnerungen und ihrer Familiengeschichte, deren Last aus den Todeskammern des Dritten Reiches stammt. Ein jüdischer Emigrant, der in New York ein erfolgreicher Filmmusiker wurde, soll nach Wien reisen, um dort vor Gericht einen KZ-Aufseher zu identifizieren; ein Starreporter des „Stern“ fürchtet, als Sohn eines bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen hingerichteten SS-Arztes identifiziert zu werden; der Ich- Erzähler Daniel Demant, ein politischer Kabarettist, kämpft immer noch mit Schuldgefühlen, der einzige Überlebende seiner Familie zu sein. Dazwischen: zwei Frauen, eine Notärztin und eine Schauspielerin, Begegnungen, Amouren, die ein oder andere dramatische Wendung, zahlreiche Anspielungen auf die Dreharbeiten zu „Schindlers Liste“ (fd 30 663), Theater, Politik. Manches davon ist reizvoll und erhellend, anderes beliebig, banal bis aufgesetzt. Allerdings fallen die konventionellen Momente nur wenig ins Gewicht, weil die episodische Struktur und die ihr geschuldete Sprunghaftigkeit durch Demants wunderlich-geschraubten Off-Kommentar zusammengehalten werden. August Zirner verkörpert den Grenzgänger zwischen Bühne und Kopf mit leiser Wehmut und einer Unruhe im Herzen, die sich offensichtlich nur schreibend bannen lässt. Am Leitfaden seiner grüblerischen Daseinsbeschreibungen kann man sich getrost den mäandernden Ereignissen überlassen und dort länger verweilen, wo die eigene Biografie sensibel macht, weil die Handlung „nur“ als eine Art Netz über einzelne Sätze, Bilder oder ganze Szenen geworfen ist.
Dass aber das filmische Medium und sein Umgang mit ihm der Vorlage durchaus ein adäquater Widerpart sein können, zeigt die dreiminütige Miniatur, wenn Hermann Gebirtig sich doch noch nach Wien wagt und nach 45 Jahren erstmals wieder vor seinem Elternhaus steht. Auch hier spielt der spärliche Dialog eine wichtige Rolle, allerdings lediglich als Bestandteil einer Szene, in der sich Kindheit und Gegenwart, Erinnerungen und Jetztzeit, Zorn, Ohnmacht und die Gleichgültigkeit der Nachgeborenen durchdringen, kommentieren und vielleicht auch relativieren. Entscheidend daran ist, dass dies eher nebenbei, fast wie eine Anekdote erzählt wird, ohne den Zwang einer erzählerischen Konstruktion, nur mit dem Gewicht eines Einzelschicksals belastet. Wer will, kann die verhalten-resignative Grundstimmung von „Gebürtig“ mit einigem Recht wohl auch als Porträt einer in die Jahre gekommenen Generation österreichisch-jüdischer Intellektueller lesen, als vielleicht selbst schon angegrautes Brevier einer vergangenen Zeit. Der literarisch grundierten, filmisch transportierten Faszination an diesem Sprach- Bild-Gebirge tut dies keinen Abbruch.