Die Helfer und die Frauen
Dokumentarfilm | Deutschland 2003 | 80 Minuten
Regie: Karin Jurschick
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- Karin Jurschick Filmprod./ZDF/3sat
- Regie
- Karin Jurschick
- Buch
- Karin Jurschick
- Kamera
- Rainer Komers · Karin Jurschick
- Schnitt
- Antje Schäfer · Bettina Böhler
- Länge
- 80 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | JustWatch
Das ist auch in Bosnien bzw. im Kosovo passiert, als die SFORTruppen zur Friedenssicherung stationiert und Freihandelszonen etabliert wurden, die das Land mit Dollar und Mark überschwemmten. Frauen aus Moldawien, der Ukraine oder Rumänien wurden in die zunächst US-dominierten Clubs gebracht, meist gegen ihren Willen oder unter falschen Versprechungen; später bestimmte die D-Mark, lange „offizielles“ Zahlungsmittel in der Region, den Wert einer Frau. Heute rekrutiert sich das Gros der Kunden nicht mehr aus den Mitgliedern von SFOR-Einheiten oder anderen UN-Delegationen, sondern aus Einheimischen. Die Sicherheitsbehörden geben sich keiner Illusion hin, woher deren Geldmittel stammen – ehrlich erworben sind sie in den seltensten Fällen.
Die Regisseurin zeichnet diesen skandalösen Kreislauf ebenso minutiös wie engagiert nach, befragt Vertreter der übergeordneten UN-Behörden, die Leiterin des S.T.O.P.-Teams, die helfen soll, das Unheil wieder rückgängig zu machen; Kriegsgewinnler, die sich mit speziellen Statements Ausflüchte verschaffen wollen, überforderte Mitglieder der lokalen Polizei, betroffene Frauen, deren erschütternde Äußerungen als Insert auf Schwarzfilm eingeblendet werden. Und sie besucht Dörfer in Moldawien, in denen viele der unter 40-Jährigen verschleppt wurden, während nur einige wenige „freiwillig“ in der Prostitution einen Ausweg suchten, da „Armut weiblich ist“ und die Familien ernährt werden müssen.
„Die Helfer und ihre Frauen“ ist ein aufrüttelnder Film, der exemplarisch beschreibt, was sich in vielen Orten jederzeit wiederholen kann und wiederholt wird (aktuelles Beispiel: Kabul). Dabei handelt er nicht nur von der Hilflosigkeit der Opfer, sondern auch von der der Behörden, die zur Vertuschung neigen und kaum einen Ausweg sehen; dem Dilemma, dass mit dem westlich finanzierten Aufbau der Infrastruktur auch die sexuelle Ausbeutung in ihrer schlimmsten Form wie eine Seuche eingeschleppt wird, stehen sie hilflos gegenüber. Die aufklärerische Wirkung des Films wird auch durch die inflationäre Verwendung von NATO/UN-Kürzeln nicht verwässert; wer weiß schon den Unterschied zwischen SFOR, KFOR/S.T.O.P./ IPTF und IOM zu erklären, wenn man sich nicht ähnlich intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt hat wie die Regisseurin? Durch ihren faktenreichen Eifer unterliegt sie allerdings dem Trugschluss, der Zuschauer wäre auf gleichem Wissensstand, was den Gebrauchswert des sensibel recherchierten, aber energisch nachfragenden Films etwas mindert. Damit allerdings muss wohl jeder Dokumentarfilm, der sich komplexer Zusammenhänge annimmt, leben.