Das dritte Wunder

Drama | USA 1999 | 113 Minuten

Regie: Agnieszka Holland

Eine Amerikanerin, die ihre 16-jährige Tochter von einem Tag auf den anderen verließ, um wie eine Nonne zu leben, soll heilig gesprochen werden. Ein deutscher Erzbischof, der ihre Wundertätigkeit am eigenen Leib erfahren hat, soll die Rolle des Advoctus diaboli übernehmen. Konventionell, aber spannend inszenierter klerikaler Detektivfilm mit Mystery-Elementen, der durch seine thematische Tiefe und die vorzügliche Besetzung überzeugt. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
THE THIRD MIRACLE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Franchise Pictures/American Zoetrope/Haff Entertainment
Regie
Agnieszka Holland
Buch
John Romano · Richard Vetere
Kamera
Jerzy Zielinski
Musik
Jan A.P. Kaczmarek
Schnitt
David J. Siepel
Darsteller
Ed Harris (Frank Shore) · Anne Heche (Roxanne) · Armin Mueller-Stahl (Erzbischof Werner) · Charles Haid (Bischof Cahill) · James Gallanders (Bruder Gregory)
Länge
113 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Detektivfilm
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Planet Media (16:9, 1.78:1, DD2.0 engl., DD5.1 dt.)
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Diskussion
Unmittelbar vor der Jahrtausendwende hatte die Wunder-Thematik Konjunktur. Im Jahr 1999 entstanden so unterschiedliche Filme wie Luc Bessons „Johanna von Orleans“ (fd 30 049), Neil Jordans Graham-Greene-Verfilmung „Das Ende einer Affäre“ (fd 34 111) oder Rupert Wainwrigths „Stigmata“ (fd 34 040) – Filme, in denen die Frage nach Wundern eine zentrale Rolle spielt. In diesen Kontext passt Agnieszka Hollands Film sehr gut, wenngleich hier ein wesentliches Vorbild, zumindest für die Romanvorlage von Richard Vetere, Morris L. Wests Bestseller „Des Teufels Advokat“, 1977 verfilmt mit John Mills (fd 20 564), war. Die Hauptfigur Frank Shore ist ein Priester, der sich – von Glaubenszweifeln bedrängt – zu den Obdachlosen auf die Straße begeben hat. Bischof Cahill lässt ihn von dort zurückholen und bestellt ihn zum Postulator in einem Heiligsprechungsverfahren. Helen O’Regan, eine Frau, die wie eine Nonne lebte und in einem Waisenhaus wirkte, wird nach ihrem Tod von den Menschen als Heilige verehrt. Es werden ihr auch Wunder zugeschrieben – eine Madonnenstatue weint Blut, ein Mädchen wurde von einer unheilbaren Hautkrankheit geheilt. Frank Shore geht mit großer Skepsis an die Untersuchung des Falles heran, hofft aber gleichzeitig, dass sich die Wunder bestätigen, weil er verzweifelt nach den Zeichen Gottes sucht, um seine Glaubensgewissheit wiederzufinden. Der Kontakt mit der Tochter der angeblichen Heiligen fällt ernüchternd aus: Roxanne kann an ihrer Mutter nichts Heiliges finden, sie hat es nie verstehen können, dass ihre Mutter sie mit 16 Jahren im Stich gelassen hat, um wie eine Nonne zu leben. Ihr Kontakt zu Frank Shore wird im Laufe der Begegnungen immer enger und entwickelt sich fast zu einem Liebesverhältnis. Bald tritt das Verfahren der Heiligsprechung in ein entscheidendes Stadium: eine Kommission der päpstlichen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse schaltet sich ein. Ein deutscher Vertreter, Erzbischof Werner, tritt hier als Advocatus diaboli auf und erweist sich als extrem engstirnig, weil er allein schon aus der Tatsache, dass Helen verheiratet war, Zweifel an ihrer moralischen Integrität ableiten zu müssen glaubt. Als man herausfindet, dass die Frau, die man für das Kind ungarischer Eltern gehalten hatte, eigentlich aus Bystrica in der Tschechoslowakei stammte, konkretisieren sich Hinweise auf ein weiteres Wunder, das sie als Kind bewirkt habe. Ihr Gebet zur Mutter Gottes soll die Stadt bei einem Bombenangriff verschont haben. Eine unerwartete Wendung ergibt sich daraus, dass der erbitterte Gegner Shores, Erzbischof Werner, sogar ein Augenzeuge für dieses Wunder ist. Als eine Art klerikaler Detektivfilm mit Mystery-Elementen erscheint „Das dritte Wunder“ auf den ersten Blick weitgehend konventionell inszeniert, wobei freilich doch beachtliche Qualitäten in der durchgängig vorzüglichen Besetzung zu erkennen sind. Was den Film über den Durchschnitt hebt, ist vor allem seine thematische Tiefe. Er schildert nicht nur eindringlich die Glaubenszweifel des Protagonisten, sondern behandelt auch differenziert die Fragen danach, was eine Heilige eigentlich auszeichnet, was als Wunder zu betrachten ist und letztlich die Frage nach der Unergründlichkeit von Gottes Handeln. Kann ein Wunder ein Zeichen Gottes sein, wenn das geheilte Mädchen später eine drogenabhängige Prostituierte geworden ist? Muss ein Wunder generell aus Menschensicht sinnvoll sein? Der Film wirft spannende Fragen auf, die zu einer Auseinandersetzung einladen. Das Ende bleibt offen genug, um sowohl Gläubige als auch Skeptiker anzusprechen.
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