Das Ende kommt schleichend, aber gewaltig. Als Josh Keyes von sonnenbebrillten, in Trenchcoats gekleideten Gestalten aus seiner Geophysik-Vorlesung begleitet wird, glaubt er zunächst an einen schlechten Film; aber als er in den Katakomben der Regierung 32 mysteriöse Todesfälle aufklären soll, vergeht ihm das Lachen. Die Toten sind alle zum selben Zeitpunkt verschieden und trugen einen Herzschrittmacher; eine geheime Waffe einer feindlichen Macht lässt sich als Ursache jedoch ausschließen. In anderen Ländern häufen sich derweil andere nicht erklärbare Zwischenfälle. So fliegen auf dem Trafalgar Square in London Tauben Amok, in Rom richtet ein elektrischer Sturm innerhalb von Sekunden irreparable Schäden an den antiken Gebäuden an. Keyes entwickelt eine verwegene These: Die Rotation des inneren Kerns der Erde sei aus unerfindlichen Gründen zum Stillstand gekommen, was das elektromagnetische Feld des Planeten beeinträchtige und auf eine Zerstörung der Schutzmembran der Atmosphäre hinauslaufe; alles Leben wäre tödlichen Strahlen aus dem All preisgegeben. Der Ausweg scheint nicht weniger verwegen: Die Zündung von Nuklearsprengköpfen im Magma der Erde könnte die Zirkulation des Kerns wieder in Gang setzen. Einzig der zurückgezogen in der Wüste von Utah lebende Wissenschaftler Brazzelton hat bislang belächelte Forschungen betrieben, die eine Reise zum Mittelpunkt der Erde möglich machen könnten. Zusammen mit dem Endzeitforscher Zimsky, der Spaceshuttle-Pilotin Childs und dem Waffenexperten Leveque versucht ein sechsköpfiges Team um Keyes binnen dreier Monate, das Projekt zu realisieren.
In fantastischen Geschichten geht es weniger darum, ob ein Vorgang möglich ist, sondern wie er realisiert wird. Daher verbieten sich nicht nur bei Klassikern des fantastischen Films wie „Die Zeitmaschine“ (fd 9535), „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ (fd 8881) oder „Die phantastische Reise“
(fd 14 476) Fragen nach der physikalischen Möglichkeit. Die Kriterien eines gelungenen Fantasy-Films sind andere: innere Logik und Ernsthaftigkeit gegenüber dem Sujet. Für „The Core – Der innere Kern“ heißt das, wie glaubhaft der Film vermitteln kann, dass ein bemanntes „Erd“-Schiff in die Tiefen des Magmas vordringen kann, um dort die Welt zu retten? Auch wenn dies nicht ganz so perfekt ins Szene gesetzt wird wie bei den Klassikern, besitzt der Film doch mannigfaltige Qualitäten, die ihn zu einer der besten Genrevariationen der letzten Jahre machen. Regisseur Jon Amiel vermag über weite Strecken eine Aura zu erzeugen, die es dem Zuschauer ermöglicht, sich auf diese Reise einzulassen. Der Film lebt von seiner „Arbeitsatmosphäre“. In ihr wird die Problemlösung als solche in den Vordergrund gerückt, womit das „special effects“-Feuerwerk nicht zum reinen Selbstzweck verkommt, sondern ein staunenswertes Universum offeriert. Mit der klassischen Katastrophenfilmstruktur ziehen die Autoren die Spannungsschraube kontinuierlich an, wobei sie bis auf wenige Längen im Mittelteil die Taktfrequenz im Wechsel von Notlagen und ihrer Bewältigung sinnvoll ausbalancieren. Zudem haben sie den durchweg glaubwürdig agierenden Darstellern kaum jene Sorte komödiantischer Dialoge in den Mund gelegt, die in der Regel jede Ernsthaftigkeit konterkarieren. Die sich zum Ende hin häufenden politischen und militärischen Implikationen trüben zwar den Gesamteindruck ein wenig. Doch vergleicht man „The Core“ mit anderen Weltrettungsspektakeln wie beispielsweise „Armageddon“
(fd 33 238), erscheinen die wenigen Missgriffe eher vernachlässigenswert.