It's All About Love

Drama | Dänemark/Großbritannien/Italien 2001 | 104 Minuten

Regie: Thomas Vinterberg

Im von trostloser Weltuntergangsstimmung geprägten Sommer des Jahres 2021 verliebt sich in New York ein Mann erneut in seine von ihm getrennt lebende Frau, eine berühmte Eisläuferin, und muss erkennen, dass ihre Manager bereits drei Klone von ihr hergestellt haben, um auch nach ihrer Abdankung Profit zu machen. Ein Drama, angesiedelt in engen, dunklen Räumen, deren Kontrast zur trostlosen Weite der Außenwelt Spiegel der Verengungen, Ängste und Autismen ist, in denen die Charaktere gefangen sind. Erlesen inszeniert, vermittelt der Film ein verstörendes Gefühl für die leicht surreale Unwirklichkeit der rätselhaften Handlung, leidet aber an seiner allzu unorganischen, hölzernen Konstruktion.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
IT'S ALL ABOUT LOVE
Produktionsland
Dänemark/Großbritannien/Italien
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Nimbus/FilmFour/Keyfilms/Zenith/Zentropa
Regie
Thomas Vinterberg
Buch
Thomas Vinterberg · Mogens Rukov
Kamera
Anthony Dod Mantle
Musik
Zbigniew Preisner · Nikolaj Egelund
Schnitt
Valdís Óskarsdóttir
Darsteller
Joaquin Phoenix (John) · Claire Danes (Elena) · Sean Penn (Marciello) · Douglas Henshall (Michael) · Margo Martindale (Betsy)
Länge
104 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Genre
Drama | Liebesfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Universal
DVD kaufen

Diskussion
Das Schlimmste an „Dogma“, jener fruchtbaren Strategie, sich Freiheit durch selbstauferlegte Regeln zu verschaffen, wäre die Erstarrung der Bewegung in ödem Dogmatismus: dem „Dogma“ ist doch der bewusste Regelverstoß inhärent. Deshalb akzeptiert man leichthin die melodramatischen Zuspitzungen von Susanne Biers „Open Hearts“ (fd 35 737), weil es dem Film mit einem reduzierten Set von „Dogma“-Instrumenten gelingt, die Wirkungen der hölzernen Fabel in den Gesichtern der Schauspieler zu lesen. Thomas Vinterberg, der 1995 gemeinsam mit Lars von Trier das „Dogma“-Keuschheitsgelübde verfasste und mit „Das Fest“ (fd 33 486) auch maßstabsetzend umsetzte, charakterisiert im Presseheft von „It’s All About Love“ denn auch gleich das Streben nach Innovation als den Geist von „Dogma“ und will damit einer dogmatischen Kritik an seinem Film die Spitze nehmen. Das scheint bitter nötig, denn Vinterbergs Film, nach eigener Aussage inspiriert durch die Begegnung mit um die Welt jettenden Global Players, bricht konsequent gleich mit allen „Dogma“-Regeln. „It’s All About Love“ ist ein Science-Ficton-Film, der im Sommer des Jahres 2021 spielt, angereichert mit Stars wie Joaquin Phoenix, Claire Danes und Sean Penn in den Hauptrollen und Stars wie Ben van Os (Ausstattung) und Zbiegnew Preisner (Musik) hinter den Kulissen. Jedes einzelne Bild des Films, wohl gesetzt und bestens ausgeleuchtet, atmet das Wissen um die eigene Kostbarkeit; die pathetisch-bedeutungsschwangere Musik von Preisner sorgt für ein Übriges. „It’s All About Love“ erzählt eine Liebesgeschichte in einer aus den Fugen geraten Welt. Um endlich die Scheidungsformalien auf den Weg zu bringen, besucht John seine längst von ihm getrennt lebende Frau Elena, eine berühmte Eiskunstläuferin, in New York. Die Eisprinzessin ist von einer undurchsichtigen Gruppe von Managern und Beratern umgeben und wird von Termin zu Termin gehetzt. Ihre Karriere nähert sich dem Ende, weshalb im Profitinteresse ihr alltägliches Pensum noch einmal erhöht wird. Für die Zeit nach Elena ist bestens vorgesorgt: Gleich drei Elena-Klons stehen bereit, um in ihre Schlittschuhe zu treten. Nach einer blutigen Eskalation des Konflikts fliehen John und Elena, wieder ineinander verliebt, in die polnische Steppe, ins tödliche Schneegestöber. Doch bei Vinterberg gilt die verrottete Welt des Profisports nur pars pro toto, und so fabuliert er munter drauflos: In New York beispielsweise liegen tote Menschen, gestorben nicht aus, sondern an Einsamkeit, von den Überlebenden unbeachtet, auf den Straßen herum. Die globale Klimakatastrophe sorgt für einige Sensationen, sei es der Schnee im New Yorker Juli, sei es die Aufhebung der Schwerkraft in Uganda. In „It’s All About Love“ herrscht eine merkwürdig desinteressierte Weltuntergangsstimmung. Dabei hat der Film seine Qualitäten: Die Art und Weise, wie hier „Zukunft“ signifiziert wird, korrespondiert mit Soderberghs „Erde-Rückblenden“ in „Solaris“ (fd 35 838); kein alberner Techno-Schnickschnack, drei isoliert und elegant durch die Stadt brausende weiße Stretchlimos reichen bereits zur Verfremdung – ein Verfahren, um eine leicht surreale Unwirklichkeit zu erzeugen, durchaus vergleichbar dem von Abel Ferrara in „New Rose Hotel“ (fd 35 550) oder von Wim Wenders in „Bis ans Ende der Welt“ (fd 29 137). Die Rahmung der etwas rätselhaft bleibenden Liebesgeschichte mit den apokalyptischen Indizien einer umfassenden ökologischen Katastrophe erinnert atmosphärisch an Peter Weirs Aborigines-Mystery-Thriller „Die letzte Flut“( fd 20 916), der fast surreale Mordanschlag auf die vier Elenas im Eisstadion an Paranoia-Thriller des „New Hollywood“ wie Pakulas „Zeuge einer Verschwörung“ (fd 19 259). Wenn „It’s All About Love“ trotzdem scheitert, dann liegt das daran, dass all diese und noch einige weitere Zutaten (der Film steckt voller Hitchcock-Motive!) dermaßen unorganisch und hölzern montiert sind, dass die Figuren wie desinteressierte Besucher durch die Handlung stolpern, und dass insbesondere die aufgesetzte reflexive Ebene des Films eher geschwätzig und banal daherkommt. Bestes Beispiel dafür ist die leerlaufende Nebenhandlung um Sean Penn, der in einem Flugzeug, das nicht mehr landen kann, metaphysisch aus dem Off raunend, seine Bahnen um die Erde zieht. Von ihm stammt auch die Einsicht, dass sich letztlich alles doch nur um die Liebe drehe. Das ist, bei aller Liebe und trotz der schönen Bilder, letzten Endes dann doch etwas zu wenig komplex.
Kommentar verfassen

Kommentieren