Eine Katze in einer niederländischen Kleinstadt kommt mit Giftmüll in Berührung und verwandelt sich in eine junge Frau, wobei sie in Menschengestalt einem schüchternen Journalisten hilft, seinen Job zu behalten. Gemeinsam mit einem Mädchen und allen Katzen der Stadt überführen sie schließlich deren beliebtesten Bürger als skrupellosen Betrüger. Humorvoll und einfallsreich inszeniertes modernes Märchen, das zahlreiche hübsche Musik- und Trickeffekte bruchlos mit Themen wie Freundschaft und Selbstbewusstsein, Zivilcourage und Kritikfähigkeit verbindet und zugleich eine Lanze für Umwelt- und Tierschutz bricht.
- Sehenswert ab 6.
Die geheimnisvolle Minusch
Kinderfilm | Niederlande 2001 | 86 Minuten
Regie: Vincent Bal
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Filmdaten
- Originaltitel
- MINOES
- Produktionsland
- Niederlande
- Produktionsjahr
- 2001
- Produktionsfirma
- Bos Bros./CV Minoes/Warner Bros.
- Regie
- Vincent Bal
- Buch
- Tamara Bos · Burny Bos · Vincent Bal
- Kamera
- Walther van den Ende
- Musik
- Peter Vermeersch
- Schnitt
- Peter Alderliesten
- Darsteller
- Carice van Houten (Minusch) · Theo Maassen (Tibbe) · Sarah Bannier (Bibi) · Pierre Bokma (Herr Ellemeet) · Marisa van Eyle (Frau Ellemeet)
- Länge
- 86 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 6.
- Genre
- Kinderfilm
- Externe Links
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Diskussion
Tibbe ist ein aufstrebender Nachwuchsjournalist in der niederländischen Kleinstadt Killendoorn. Seine Leidenschaft gilt vor allem Katzen, was seine Meldungen und Artikel zum Leidwesen der strengen Zeitungschefin mehr prägt als wirkliche Sensationen. Doch was soll man auch an „heißen Storys“ in der Provinz finden – zumal, wenn man wie Tibbe eher sanft, schüchtern, fast ängstlich ist? Vielleicht gibt jene junge Frau ja eine Geschichte ab, die Tibbe eines Tages hoch in einem Baum sitzen sieht, wohin sie aus Angst vor einem Hund flüchtete. Doch als Tibbe endlich sein Tonband aktiviert hat, ist die rätselhafte Dame längst verschwunden. Mitten in der Nacht aber steht sie wieder vor ihm – behende sprang sie über die Dächer der Stadt, um durchs Fenster zu steigen. Tibbe ist verwirrt und neugierig, ahnt jedoch nicht im Geringsten etwas vom Geheimnis der jungen Frau, die sich als Minusch vorstellt. Der Zuschauer aber weiß bereits mehr als Tibbe: Zu Beginn des Films raste nämlich ein geheimnisvoller Kleinlaster durch die Straßen, beladen mit Giftfässern, die mit dem harmlosen Motiv einer Blume falsch ettikettiert wurden; eines der Fässer rollte in die Vorgärten der Stadt, und eine Katze namens Minusch schleckte an der auslaufenden Flüssigkeit...
Die Abenteuer der Katze Minusch, die sich in eine junge Frau verwandelt und mit der ihr fremden und rätselhaften Welt der Menschen konfrontiert wird, sind seit 30 Jahren ein Kinderbuchklassiker von Anna Maria Geertruida Schmidt (1911-1995), der niederländischen Astrid Lindgren. Bereits 1998 wurde, nachdem sich die skeptische Autorin zu Lebzeiten lange gegen Verfilmungen ihrer Bücher gewehrt hatte, ihr anderer „Klassiker“ „Abeltje, der fliegende Liftboy“ (Regie: Ben Sombogaart) verfilmt: eine vor Fantasie, unterspieltem Witz und viel Fabulierlust überbordende „Reisegeschichte“, die trotz zahlloser Trickeffekte auf wohltuende Weise nie der Effektmaschinerie Marke Hollywood erlag und einen ganz eigenen, fast getragenen erzählerischen Rhythmus fand. Genau dies gilt auch für „Die geheimnisvolle Minusch“, einer von sanftem Witz, viel Spielfreude und vor allem einem handwerklich hoch professionellen Standard geprägte Märchenfantasie, die sich ganz nebenbei auch noch zur modernen Fabel über Umwelt- und Tierschutz weitet. Auch wenn die Szenen mit den perfekt trainierten, durch Computertricks „lippensynchron“ sprechenden Katzen einen hohen Attraktionswert haben, nehmen sie bezeichnenderweise nur fünf Minuten der gesamten Filmlänge aus, sodass sich die Handlung stets gegenüber den Effekten zu behaupten weiß und sich die klug gesetzten Akzente zu Themen wie Freundschaft und Selbstbewusstsein, Zivilcourage und Kritikfähigkeit jederzeit vermitteln. Fern der bombastischen Hektik eines Films wie „Cats & Dogs – Wie Hund und Katz“ (fd 34 975) lebt „Die geheimnisvolle Minusch“ deshalb vorrangig von den reichen zwischenmenschlichen Akzenten: die „Katzen-Dame“ im eleganten Kostüm mag gelegentlich ängstlich und verwirrt durch die Welt der Menschen schleichen, hat dafür aber viel Charme und Beharrlichkeit und folgt ganz anderen Werten als die gedankenlosen Menschen; Minusch sorgt sich um die kleine Dinge des Daseins, die ein geld- und machtgieriger Profiteur wie der Deodorant-Hersteller Ellemeet einfach hinwegfegen will, wobei ihm die obrigkeitsgläubigen, devoten Mitbürger kritiklos zu erliegen drohen. Der verträumte Tibbe und das noch nicht „verblendete“ Mädchen Bibi werden indes zu Minuschs beherzten Verbündeten, um im solidarischen Kampf mit den Katzen der Stadt dem Bösewicht das Handwerk zu legen und den Kleinbürgern doch noch die Augen zu öffnen.
Dieses schöne Anliegen, sich ein Leben ohne Freundschaft und Herzenswärme nicht vorstellen zu wollen, verbindet „Die geheimnisvolle Minusch“ im Übrigen deutlich mit einem großen europäischen Kino-Vorbild: Wenn mit augenzwinkernder, lebenskluger Ironie das materialistische Leben konterkariert wird, dann könnte eigentlich jeden Moment auch ein älterer Herr mit Trenchcoat, Stockschirm und Pfeife freundlich lächelnd durch die beschaulichen Straßen der niederländischen Provinzstadt streifen – Monsieur Hulot lässt grüßen.
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