Ein etwa achtjähriges Mädchen wünscht sich, dass sein nervender, stets zu Streichen aufgelegter kleiner Bruder verschwindet. Als eine alte, rätselhafte Kinderfrau das elterliche Reihenhäuschen betritt, steht zu befürchten, dass es sich um eine Hexe handelt, die das Brüderchen abholen und fressen will. Fantasievoller, amüsanter und spannender Kinderfilm, der ein hintergründiges Spiel mit den fließenden Grenzen von Märchen und Wahrheit betreibt, indem er die kindlichen Fantasien als handfeste "reale" Gruselszenen inszeniert. Ein lehrreicher Spaß vor allem für bereits filmerfahrene Kinder, die hinter der Fabel um Schein und Sein auch Fragen nach dem eigenen Urteilsvermögen, nach Vorurteilen sowie den Folgen von Ausgrenzung vermeintlich "fremder" Menschen erkennen können. (DVD-Titel: "Eine Hexe in der Familie")
- Sehenswert ab 10.
Eine Hexe in unserer Familie
- | Schweden 1999 | 82 Minuten
Regie: Harald Hamrell
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Filmdaten
- Originaltitel
- EN HÄXA I FAMILJEN
- Produktionsland
- Schweden
- Produktionsjahr
- 1999
- Produktionsfirma
- FilmLance International AB
- Regie
- Harald Hamrell
- Buch
- Johan Bogaeus · Ulf Stark
- Kamera
- Olof Johnson
- Musik
- Adam Nordén
- Schnitt
- Michal Leszczylowski
- Darsteller
- Karin Bogaeus (Maria) · Rebecca Scheja (Makka) · Margreth Weivers (Gerda) · Fredrik Unger (Fröschchen) · Tintin Anderzon (Solveig)
- Länge
- 82 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 10.
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Maria ist echt genervt. Das etwa achtjährige Mädchen wohnt mit seiner Familie in einem bescheidenen Reihenhäuschen, in dem es sich ein Zimmer mit seinem vier Jahre jüngeren Bruder teilen muss. Und dieses „Fröschchen“ lässt keine Gelegenheit aus, um Maria zu ärgern: Das Puppenhaus steckt voller Actionfiguren, der Kopf der Lieblingspuppe wird in blaue Farbe getunkt, und stets darauf vorbereitet zu sein, ein (Spielzeug-)Schwert in den Bauch gestoßen zu bekommen, ist auch nicht jedermanns Sache. Nichts wünscht sich Maria sehnlicher als ein eigenes Zimmer, doch diesen Wunsch scheinen ihr die von der Arbeit gestressten Eltern nicht erfüllen zu können. Da blickt Maria wütend und enttäuscht tief in die gläserne Wunschkugel ihrer neuen Freundin Makka und ruft: „Ich will keinen kleinen Bruder mehr haben!“ Doch was, wenn es wirklich eine Wunschkugel gibt und sie obendrein noch funktioniert? Prompt reagiert Maria in der Schule mit Fieberanfällen und wird nach Hause geschickt, wo die Eltern mit Mühe und Not eine Kinderfrau auftreiben können, die tagsüber über das Mädchen wacht: eine alte, rätselhafte Dame namens Gerda. Für Makka ist die Sache klar: Gerda sieht aus wie die Hexen in ihrem „Fachbuch“, und sie ist gekommen, um den kleinen Bruder zu holen. Maria ist schockiert. Bald schon geht die Fantasie vollends mit ihr durch, zumal alle Indizien und „Tests“ darauf hindeuten, dass Gerda tatsächlich eine Hexe ist, die die Kinder bedroht. Da erwacht der Beschützerinstinkt in Maria, und sie rüstet sich trotz ihrer Ängste zur Gegenwehr, denn eigentlich hat sie ihren Bruder über alles lieb. Doch was ist „nun“ Einbildung und Fantasie? Und was ist die Wahrheit? Kämpfen Maria und Makka wirklich gegen eine böse, kinderverschlingende Hexe oder nur gegen ihre eigenen Ängste? In einer uralten Ritterburg kommt es zum alles entscheidenden Finale im Kampf um „Fröschchen“ und um die eigene innere Sicherheit.
Die ahnungslosen „Workaholic““-Eltern reden ihre Kinder liebevoll mit „Fröschchen“ und „Prinzessin“ an, doch welch gruselige und beängstigende Seiten die guten alten Märchen haben können, bleibt ihnen angesichts ihres täglichen Kampfs mit Arbeit und Terminen verborgen. Der fantasie- und einfallsreiche, amüsante, vor allem aber ausgesprochen spannende Kinderfilm geht bei seinem hintergründigen Spiel mit den fließenden Grenzen von Märchen und Wahrheit im gewissen Sinne aufs Ganze, wenn er Kinder und Erwachsene einer filmischen Geisterbahnfahrt aussetzt und die kindlichen Fantasien als handfeste „reale“ Gruselszenen inszeniert: Harmlose Schattenspiele können da zum bedrohlichen Menetekel gerinnen, jeder Blick in spiegelnde Oberflächen kann ein Blick in ungeahnte Abgründe sein, der Schein von Fackeln und Taschenlampen macht aus den harmlosesten Gesichtern die Fratzen von Monstern. Auch die Dialoge sind von abgründiger Doppeldeutigkeit, denn was soll man schon davon halten, wenn etwa eine verdächtige alte Dame lächelnd sagt, dass sie Kinder „zum Fressen gerne“ hat? Handwerklich versiert, zudem ausgestattet mit dem nötigen Budget für visuelle und vor allem akustische Effekte, baut der Film eine Spannung auf, die vor allem aus der permanenten Ungewissheit darüber resultiert, was denn nun „wirklich“ und was nur eingebildet ist. Gerda kann weinen und herzlich lachen – tut dies eine Hexe? Gerda verspeist genüsslich eine Wespe – das tun doch keine „echten“ Menschen! Abgesehen von der hübschen Schlusspointe benötigt der Film keine modischen Filmtricks aus dem Computer, um Stimmungen aufzubauen. Gerade diese solide „altmodische“ Inszenierungsweise ermöglicht es auch Kindern, immer wieder innezuhalten und zu überprüfen, was da eigentlich geschieht; freilich setzt dies eine gewisse Versiertheit im Umgang mit filmischen Bildern voraus, sodass wohl eher bereits filmerfahrene Kinder Genuss und Erkenntnis aus diesem Hexenspaß gewinnen können. Sie vermögen zu erkennen, dass es fatal sein kann, wenn man sich in seinen Ansichten allzu kritik- und distanzlos von Anderen „verführen“ lässt; und sie werden verstehen, dass Vorurteile gegenüber Menschen, die einem auf den ersten Blick als „skurril“, „fremd“ oder gar bedrohlich erscheinen, zu sehr ungerechten Einschätzungen und Fehlurteilen führen können. Gott sei Dank löst sich am Ende alles in Wohlgefallen auf, die Liebe zum kleinen Bruder siegt und ein eigenes Zimmer erweist sich doch nicht nur als Wunschtraum; wobei eines ungeklärt bleibt: Vielleicht gibt es ja doch Hexen, auch wenn diese nicht immer böse sein müssen.
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