Zusammenschnitt der ersten drei Episoden der gleichnamigen japanischen Zeichentrick-Fernsehserie (1974), die vom Leben des in die Schweizer Bergwelt verfrachteten kleinen Waisenkindes Heidi erzählt, die sich mit ihrem vermeintlich griesgrämigen Großvater und dem gleichaltrigen Ziegenhirten Peter anfreundet. Ein streckenweise arg naiv wirkender Zeichentrickfilm, der allerdings mit seinen zeitlosen didaktischen Utopien und dem Glauben an das friedliche Miteinander zutiefst humane Werte vermittelt.
- Ab 8.
Heidi - In den Bergen
- | Japan 1974 | 90 Minuten
Regie: Isao Takahata
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Filmdaten
- Originaltitel
- ALPS NO SHOJO HAIJI
- Produktionsland
- Japan
- Produktionsjahr
- 1974
- Produktionsfirma
- Zuiyo Enterprise
- Regie
- Isao Takahata
- Buch
- Yoshiaki Yoshida · Hisao Okawa
- Kamera
- Kei Kuroki
- Musik
- Gert Wilden · Christian Bruhn
- Länge
- 90 Minuten
- Kinostart
- 05.08.2021
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 8.
Heimkino
Diskussion
Früher, als im Wesentlichen nur drei Sender die deutsche Fernsehlandschaft prägten, konzentrierten sich die pädagogisch wertvollen Formate für Kinder in erster Linie auf die beiden auch heute noch populären Reihen „Sesamstraße“ aus den USA und „Die Sendung mit der Maus“. Die wenigen Zeichentrickfilme kamen damals indes aus einem Kulturkreis, von dem man kaum annahm, dass er jemals einen prägenden Einfluss auf die Erziehung in Deutschland nehmen würde, nämlich aus Japan. Die fünf wichtigsten Trickfilmserien, die ab Mitte der 70er-Jahre ausgestrahlt wurden, waren Produktionen von Nippon Animation oder deren Vorgänger Zuiyo Enterprise: „Nils Holgersson“ („Nils no fushigina Tabi“, 1979), „Pinocchio“ („Pinocchio yori Piccolino no Booken“, 1976), „Biene Maja“ („Mitsubachi Maja no Booken“, 1975), „Wicki und die starken Männer“ („Chiisana Viking Wickie“, 1974) und „Heidi“, mit der die Zeichentrickfilm-Welle ihren Anfang nahm. Die Abenteuer vom fünfjährigen Waisenkind, das von seiner Tante zum kauzigen Großvater auf eine einsame Alm in den Schweizer Bergen geschickt wird, füllte insgesamt 52 Folgen à 30 Minuten und wurde mit kaum geglaubtem Erfolg in die ganze Welt, besonders aber nach Europa verkauft. Die ersten drei Folgen der eigentlich nie für die Kinoleinwand vorgesehenen Serie wurde jetzt miteinander kompiliert und kommen – als erster Teil einer offensichtlich größeren Reihe – unter dem Titel „Heidi in den Bergen“ in die Kinos.
Unerwartet muss sich Heidi mit einer weiteren einschneidenden Veränderung ihres Lebens abfinden. Gegen den Rat der gesamten Bevölkerung ihres Geburtsortes Dörfli schickt ihre Tante und Ziehmutter Dete sie auf die Alm zu dem als Sonderling verschrieenen Großvater Öhi. Überraschenderweise aber entpuppt sich der greise Griesgram als treu sorgender Wohltäter und nimmt das Kind, dessen Eltern früh verstorben sind, in sein abgelegenes Haus auf. Die aufflammende Sympathie ist nicht zuletzt dem herzöffnenden Wesen Heidis zu verdanken. Fern von Angst oder Vorurteilen erkundet sie die neugewonnene, wenn auch karge Heimat und freundet sich mit den Tieren, den Bergen und dem kaum älteren Ziegenhirten Peter an. Peter führt sie fortan als Kamerad und Beschützer durch die Unbilden und Geheimnisse der Bergwelt, lehrt sie die Kunst des Ziegenhütens und des Wetterdeutens. Besonders in den USA, aber auch in Deutschland prägte diese Fantasie einer unangetasteten Bergidylle ein Bild des Eidgenossenstaates, das selbst seine Einwohner gern als exemplarisch verkaufen. Hayao Miyazaki, Großmeister des Anime und mit „Prinzessin Mononoke“ (fd 34 790) erfolgreichster Regisseur und Produzent Japans, hatte Anfang der 70er-Jahre gemeinsam mit den Drehbuchautoren und dem Regisseur Isao Takahata mehrere Wochen in der Schweiz recherchiert, um die Tier- und Pflanzenwelt, aber auch die Lebensgewohnheiten der Dorfbevölkerung möglichst wirklichkeitsnah einzufangen. Pädagogisch weit wirksamer ist indes die dezidiert japanische Sicht auf kindliche Unschuld und bedingungslosen Altruismus, die sich in Heidis Umgang mit ihrer Umwelt offenbart. Als die Ideale des Humanismus verkörpernde Lichtgestalt propagiert das Mädchen das friedliche Miteinander aller Individuen und die unbändige Kraft des menschlichen Geistes. Das mag heute über weite Strecken allzu überhöht und naiv erscheinen, ist aber bei weitem nicht die schlechteste didaktische Utopie, die man heranwachsenden Kindern vermitteln kann.
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