Tsatsiki - Tintenfische und erste Küsse

- | Schweden/Norwegen/Dänemark/Island 1999 | 94 Minuten

Regie: Ella Lemhagen

Ein achtjähriger Junge lebt mit seiner Mutter in Stockholm. Während er in der Schule die erste Liebe erlebt, sich gegen einen aggressiven Mitschüler zur Wehr setzen muss und im Untermieter der Mutter einen Ersatzvater gefunden zu haben glaubt, träumt er unentwegt von einem Treffen mit seinem leiblichen Vater in Griechenland. Als der Wunsch in Erfüllung geht, wartet gleich ein zweifaches Happy End auf ihn. Ein von glaubhaften Darstellern getragener Familienfilm, der von Toleranz, Liebe und Respekt, aber auch von kleinen alltäglichen Nöten und Freuden erzählt, wobei er virtuos die Balance zwischen Realität und märchenhafter Überhöhung hält. - Sehenswert ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
TSATSIKI, MORSAN OCH POLISEN
Produktionsland
Schweden/Norwegen/Dänemark/Island
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Felicia Film/Film i Väst/Norsk Film/Holst Film/Danmarks Radio/TV 1000
Regie
Ella Lemhagen
Buch
Ulf Stark
Kamera
Anders Bohman
Musik
Popsicle · Harilaos Papadakis
Schnitt
Bernhard Winkler
Darsteller
Samuel Haus (Tobias/Tsatsiki) · Alexandra Rapaport (Tina, seine Mutter) · Jacob Ericksson (Göran) · Georges Nakas (Tsatsikis Vater) · Isa Engström (Maria)
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 8.
Externe Links
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Heimkino

Die DVD "Tsatsiki" enthält die beiden Filme "Tsatsiki - Tinentfische und erste Küsse" und "Tsatsiki . Freunde für immer".

Verleih DVD
Arsenal (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
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Ein achtjähriger Junge aus Dänemark träumt davon, seinen ihm unbekannten Vater in Griechenland kennenzulernen. Als er ihm dann tatsächlich begegnet, wird das zur echten Herausforderung.

Diskussion

Die Story des vielfach preisgekrönten Films „Tsatsiki – Tintenfische und erste Küsse“ beruht auf zwei der erfolgreichsten Kinderbücher der 1990er-Jahre, deren Autorin Moni Brännström es auf bemerkenswert einfühlsame Weise gelingt, die Seelenlandschaft acht- bis zehnjähriger Kinder zu beschreiben, ohne das Lebensgefühl der sie umgebenden Erwachsenen zu vernachlässigen.

Der Kinderbuchautor Ulf Stark hat Brännströms Figuren nun für die Leinwand bearbeitet. Im Kinderzimmer von Tobias hängt das Bild eines jungen braungebrannten Griechen, der lächelnd einen Tintenfisch in die Kamera hält. Er war vor neun Jahren der Urlaubsflirt von Tobias Mutter Tina, dem Tobias sein Dasein zu verdanken hat. Nun träumt er davon, seinen Vater, der von seiner Existenz nichts weiß, kennen zu lernen.

Der Traum und die Wirklichkeit

Aus Verbundenheit nennt er sich „Tsatsiki“ und übt im Schwimmbad tauchen, um einmal mit dem Vater auf Tintenfisch-Fang gehen zu können. Doch seine Mutter ist zurzeit mit ihrer Karriere als Rocksängerin beschäftigt und muss jeden Pfennig zusammenkratzen. Da tritt der Polizist Göran in ihr Leben, der sich als Untermieter einnistet und von Tobis als „Ersatzvater“ angenommen wird, hofft er doch, mit ihm, den ungeliebten Freund seiner Mutter vergraulen zu können.

Tatsächlich verliebt sich Göran in Tina, die aber kann sich nicht entscheiden. Enttäuscht zieht Göran aus, während Tina und ihrer Band ein Plattenvertrag winkt. Der Vorschuss erlaubt endlich die Reise nach Griechenland. Aber statt des strahlenden jungen Mannes auf dem Foto treffen sie auf einen heruntergekommen wirkenden Fischer. Desillusioniert ergreifen die beiden die Flucht. Doch „Tsatsikis“ Wunsch, seinen Vater kennen zu lernen, ist so groß, dass er sich mit ihm anfreundet, ohne sich zu erkennen zu geben. So wird sein Traum wahr: Gemeinsam mit seinem Vater geht er auf Tintenfisch-Fang. Am letzten Urlaubstag offenbart Tina dem damaligen Geliebten doch noch die Wahrheit, und „Tsatsiki“ verlässt Griechenland in der Gewissheit, einen Freund gefunden zu haben.

In dieses Handlungsgerüst sind eine Menge kleiner Geschichten eingewoben: Tsatsikis Freundschaft zu Per, mit dem er tiefsinnige Gespräche über Mädchen führt, seine scheue Liebe zur gleichaltrigen Maria und der ständige Konflikt mit dem älteren Schüler Marten, der sich für seinen „Penner-Vater“ schämt und seine Aggressivität an kleineren Mitschülern auslässt. Auf den ersten Blick sieht das nach Problemüberfrachtung aus, aber das Drehbuch hat die Episoden so geschickt mit den Charakteren der Hauptfiguren verbunden, dass deren Innenleben bald vertraut wird. Das Herz, dass Göran mit Ketchup beim Abendessen mit Maria auf seinen Teller „malt“, korrespondiert so beispielsweise wundervoll mit dem gezeichneten Herz, das Tobis Maria ins Pult legt.

Zwischen Märchen und Realität

Beiläufig, aber durchdrungen von Zärtlichkeit hat die Regisseurin Ella Lemhagen diese Szenen inszeniert. Aber sie hat nicht nur einen einfühlsamen Blick für die Nöte und Wünsche des Kindes, sie bricht auch eine Lanze für die alleinerziehende Mutter, die ihre Ziele verfolgt, ohne das Wohl des Kindes aus den Augen zu verlieren. Dass sie dabei auch über die eigene (Klein-)Familie hinaussieht, zeigt sich, als sie den Rektor auf seine Verantwortung für Tobis gegenüber der Bedrohung durch Marten hinweist und das Gespräch mit den Jungen sucht, um ihm aus seiner Isolation zu helfen. Wie sehr das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn von Zuneigung, Respekt und Toleranz getragen ist, zeigt sich in Griechenland, als es Tina „Tsatsiki“ überlässt, ob er sich zu erkennen gibt.

Die Unangestrengtheit des Drehbuchs überträgt sich auf die Inszenierung, die zwar aus dem Blickwinkel des Achtjährigen erzählt, aber auch dem erwachsenen Zuschauer Ansätze zur Identifikation bietet. Dabei findet Lemhagen eindrucksvoll die Balance zwischen einer realistischen Milieubeschreibung und ihrer fast märchenhaften Überhöhung. Dank der präzisen Besetzung und Schauspielführung gelingt es, den Figuren eine Wahrhaftigkeit einzuhauchen, die vergessen lässt, dass es sich hier „nur“ um Kino handelt. Dabei spielt Samuel Haus „Tsatsiki“ so glaubhaft, als sei er schon zeitlebens auf der Suche nach seinem Vater. Vielleicht freut man sich deshalb so mit ihm, als sich am Ende sein Wunsch gleich zweimal erfüllt.

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