Ein junger homosexueller Mann arabischer Abstammung, der mit seinem Geliebten in Dieppe an der normannischen Küste wohnt, wird arbeitslos und beschließt, seinen Vater in Marseille aufzusuchen. Er begibt sich auf eine ausgedehnte Reise per Anhalter, die ihn mit Menschen zusammenbringt, die er sich zu einer Art Idealfamilie zusammen denkt. Unterwegs wird deutlich, dass er HIV-infiziert ist und eine panische Angst vor Rassisten hat, denen er prompt begegnet. Komödiantisches Road Movie, das utopistische Ansätze von einem leichteren Miteinander der Menschen aufzeigt, aber auch die oft erschreckende Realität mit einbezieht. Mit leichter Hand stilistisch perfekt inszeniert, getragen von beeindruckenden Bildern voller Leuchtkraft, unverkrampft gespielt.
- Sehenswert.
Felix (1999)
- | Frankreich 1999 | 95 Minuten
Regie: Olivier Ducastel
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Filmdaten
- Originaltitel
- DROLE DE FELIX
- Produktionsland
- Frankreich
- Produktionsjahr
- 1999
- Produktionsfirma
- Les Films Pelléas/Arte France Cinéma/Pyramide Productions
- Regie
- Olivier Ducastel · Jacques Martineau
- Buch
- Olivier Ducastel · Jacques Martineau
- Kamera
- Mathieu Poirot-Delpech
- Schnitt
- Sabine Mamou
- Darsteller
- Sami Bouajila (Felix) · Ariane Ascaride (Isabelle) · Pierre-Loup Rajot (Daniel) · Charly Sergue (Jules) · Maurice Bénichou (Angler)
- Länge
- 95 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert.
Heimkino
Diskussion
Das klassische amerikanische Road-Movie, das sich von Küste zu Küste bewegt, diesmal in der französischen Version: Hier geht die Reise von der Normandie in die Provence, von Dieppe nach Marseille. Und wie jedes ernsthafte Road-Movie beschreibt auch dieses eine existentielle Suche. Den jungen Felix, gerade arbeitslos geworden, hält es nicht in der Wohnung, die er mit seinem Freund Daniel teilt. Er will seinen Vater suchen, den er nie kennen gelernt hat, über dessen Adresse in Marseille er aber verfügt. Sehr eilig hat er es offensichtlich nicht damit, denn er bewegt sich per Anhalter durch das frühsommerliche Land. Durch seine Aufgeschlossenheit und seinen Charme lernt er verschiedene Menschen kennen, die ihn bereitwillig mitnehmen oder ihm sogar Unterkunft geben. Da ist ein Schüler, der sich in Felix verliebt, dem er aber einen Korb gibt. Dafür stehlen die beiden ein Auto, nur so zum Spaß. Wie jede dieser Begegnungen dauert auch diese nur einen Tag. Als nächstes trifft er auf eine ältere Dame, der er beim Einkaufen und Umstellen ihrer Möbel hilft, außerdem auf einen gleichaltrigen Mann, mit dem er sich in die Büsche schlägt, sowie auf eine Frau mit drei Kindern, die alle von unterschiedlichen Vätern stammen, und schließlich auf einen Herrn mittleren Alters. All diese Sequenzen werden mit Überschriften eingeleitet, die keinen Zweifel daran lassen, dass sich Felix nach und nach eine ideale Familie zusammen stellt: „Der kleine Bruder“, „Die Großmutter“, „Der Vetter“, „Die Schwester“, „Der Vater“.Die Freundlichkeit und Kommunikationsbereitschaft, der Felix begegnet, wirken wie eine Utopie, wie Bilder aus einer besseren Welt, und doch wird hier nichts verklärt oder beschönigt. Die Leute sind froh, sich mit jemandem austauschen zu können, der sie versteht, wenigstens für einen Tag, und Felix ist froh, eine Welt jenseits der seinen kennen zu lernen. Dies allein verleiht dem Film einen entwaffnenden Charme, wie ihn derzeit nur das französische Kino vermittelt. Dass diese Welt aber nicht nur aus netten, redseligen Menschen besteht, macht der Film auf verschiedenen Ebenen deutlich. Da ist die HIV-Infektion von Felix, die sich jedoch nur darin äußert, dass er in einem Wartezimmer sitzt und sich fröhlich mit zwei Leidensgefährten über die verschiedenen Arten der Medikamententherapien unterhält, sowie darin, dass er regelmäßig Pillen schlucken muss. Aber auch mit Humor allein kommt man nicht immer weiter. Dass Felix einen arabischen Vater hat, sieht man ihm ein wenig an, sodass er ständig auf der Hut vor gewalttätigen Rassisten sein muss. Durch Orange, das von den Rechten regiert wird, will er beispielsweise nicht reisen. Trotz aller Vorsicht gerät er an zwei Skinheads, die gerade einen Araber in einen Fluss werfen wollen. Er spricht sie an, wird verfolgt, flüchtet in eine Bar, will die Polizei benachrichtigen, wird dann aber doch von einem der beiden verprügelt. Diese Begebenheit wird ihn auf seiner Reise verfolgen, denn, wie sich heraus stellt, ist Felix Zeuge eines Mordes geworden. Erstmals auf seiner Reise und vielleicht im Leben stellt sich für ihn die Frage nach seiner Verantwortung, danach, inwieweit man sich Konflikten zu stellen hat, ohne Rücksicht auf eigene Interessen. Hierzu wird Felix seine Lektion lernen. Reisen wie diese führen eben nicht nur in die Vergangenheit und zu sich selbst, sie sind auch Lernprozesse.Die beiden Filmemacher Olivier Ducastel und Jacques Martineau, die den Film gemeinsam geschrieben und inszeniert haben, verknüpfen beide Ebenen mit einer faszinierenden Leichtigkeit und einem feinen Gespür für vielsagende Alltagsdialoge und entscheidende Zufallsbegegnungen. Eingebettet ist ihr Film in eine konzentrierte Scope-Fotografie, die Innenräume ebenso wie Landschaften zum Leuchten bringt. Ganz unverkrampft agieren auch die Darsteller, neben Sami Bouajila als Felix etwa Arane Ascaride. Das erstaunlichste ist jedoch, dass Homosexualität im Kino offenbar einen Grad der Selbstverständlichkeit erreicht hat, von dem das aufklärerische, für Toleranz werbende Kino vergangener Tage nur träumen konnte.
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