Eine Episode aus dem Leben des australischen Komponisten und Pianisten Percy Grainger (1882-1961), der als genialer Musiker Karriere machte, doch noch mehr durch seine abgöttische Mutterliebe und sadomasochistischen Praktiken ins Gespräch geriet. Ein geschickt aufgefächerter Film, der seelische Abgründe auslotet und Spannungsfelder auszutarieren versteht. Trotz des schweren Themas kein düsterer Film, der verschiedene Genres nutzt, um die Vielfältigkeit des Lebens zu skizzieren. Außergewöhnliche Darsteller geben ihr Bestes, um dies überzeugend zu vermitteln.
- Sehenswert.
Extreme Leidenschaft - Passion
- | Australien 1999 | 102 Minuten
Regie: Peter Duncan
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Filmdaten
- Originaltitel
- PASSION
- Produktionsland
- Australien
- Produktionsjahr
- 1999
- Produktionsfirma
- Hollywood Partners/Australian Film Finances/Beyond Films/The Movie Network
- Regie
- Peter Duncan
- Buch
- Don Watson
- Kamera
- Martin McGrath
- Musik
- Percy Grainger · Edward Grieg
- Schnitt
- Simon Martin
- Darsteller
- Richard Roxburgh (Percy Grainger) · Barbara Hershey (Rose Grainger) · Emily Woof (Karen Holten) · Claudia Karvan (Alfhild de Luce) · Simon Burke (Herman Sandby)
- Länge
- 102 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert.
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Heimkino
Diskussion
Percy Aldridge Grainger (1882 - 1961) ist der wohl bedeutendste Komponist und Klaviervirtuose, den der australische Kontinent bislang hervorgebracht hat. Doch nicht nur durch seine genialen Grieg-Interpretationen wurde Grainger berühmt; berüchtigt war er auch wegen seines exzentrischen Lebenswandels: als Enfant terrible einer in Etikette und Contenance erstarrten Gesellschaft, als Träger selbstgenähter Froteekleidung, die er aus Handtüchern fertige, als früher Fitness-Fanatiker, mehr jedoch noch aufgrund seiner sadomasochistischen Neigungen und der hingebungsvolle Liebe zu seiner Mutter, die von Neidern und Feinden gerne als inzestiöses Verhältnis gedeutet wurde.In seinem dritten Spielfilm greift der Australier Peter Duncan eine überschaubare Zeitspanne aus dem Leben des Komponisten heraus, jene Jahre vor dem Ersten Weltkrieg, in denen Grainger, der den Krieg herbeisehnte und einer verschrobenen Blut-Philosophie huldigte, die Londoner Gesellschaft begeisterte. Duncans Film basiert auf dem Theaterstück „Percy und Rose“, das auf gut recherchierten Fakten ruht, da Grainger als sein eigener Biograf und verbissener Sammler eine umfangreiche Korrespondenz und unzählige Dokumente hinterließ. Der Film beschreibt die ambivalente Freundschaft Graingers mit seinen Musikerkollegen Alfhild de Luce und Herman Sandby - Geige und Cello - , die auch von den Versuchen des Komponisten getrübt wird, Alfhild für sich zu gewinnen. Davon erhofft er sich nicht nur Linderung seines panischen Lampenfiebers, das ihn wie Espenlaub zittern und seine Hände völlig außer Kontrolle geraten lässt, sondern auch Distanz zu seiner Mutter Rose, die er geradezu abgöttisch liebt. Diesem Werben haftet allerdings - wie vielem anderem in seinem Leben - ein eher spielerischen Charakter an, weil Grainger insgeheim wohl ahnte, das er nie von seiner Mutter loskommen wird, die an Syphilis litt. Von der besessenen Arbeit und seiner Obsession sucht er des Nachts durch Selbstpeitschung Linderung, die zur Kasteiung und Lustbefriedigung, vielleicht aber auch dazu dient, um seinen zu freien Geist in die Schranken zu weisen. Ein Ausweg scheint sich aufzutun, als die Klavierschülerin Karen in sein Leben tritt. Beide verlieben sich ineinander, interessanter Weise auch auf Betreiben der Mutter, die von den Obsessionen des Sohnes weiß und sich für ihn durch eine feste Verbindung Erlösung erhofft. Was Rose nicht ahnen kann: Auch Karen ist Schmerzen nicht abgeneigt. Die beiden Liebenden erleben rauschhaft Nächte, stehen danach aber vor dem Problem, ihre Wunden vor den Mitmenschen verbergen zu müssen. Als Rose dennoch hinter das dunkle Geheimnis kommt, bricht ihre Welt und Haltung zusammen. Grainger beendet darauf hin die Beziehung zu Karen, um sich ganz auf seine Mutter zu konzentrieren. In Amerika versuchen beide einen neuen Neuanfang.Was sich nach einer wüsten Geschichte anhört, verwandelt sich durch die eleganten Inszenierung Duncans, der keine Genregrenzen gelten lässt und dramatische wie melodramatische Formen ebenso nutzt wie die Mittel der Komödie, in einen ebenso interessanten wie tief schürfenden Film, der die Abgründe der Seele auslotet und zugleich einer unschuldigen Naivität huldigt. Denn Duncans Hauptfigur ist nicht nur ein Besessener, das geniale Monster, er ist ebenso ein charmante Unterhalter und lebensfroher Kerl, der sich eine kindliche Natürlichkeit bewahrt hat. In der Natur lauscht er dem Raunen der Bäume, der Stimme des Windes, den Vögeln und Insekten die Melodie des Universums ab, den einfachen Menschen ihre Lieder und Gassenhauer. Im Mittelpunkt des Films steht jedoch Graingers „inzestuöse“ Mutterbindung, die eng mit seiner Kunst verbunden ist; es gibt aber auch die Versuche, diese zu überwinden, um ein freier Mensch, Künstler und Liebhaber zu werden. Um dieses Spannungsfeld gleich mehrfach darzustellen, arbeitet Duncan mit zwei Dreiecksverhältnissen: Alfhild, Herman und Percy auf der einen, lichten Seite, deren Beziehung durch ihren Standort im Filmraum definiert sind; oft sorgen Glasscheiben für unterschiedliche Gruppierung. Auf der anderen, düsteren Seite Rose, Karen und Percy, mit Blut, Tränen und Schmerz, in dunklen Bildern fotografiert, auf der die Ablösung des Sohnes mit dem gleichzeitigen Verfall der Mutter einher geht - fast wie in einem Vampirfilm.Dass dieses dichte und dennoch flüssige Regiekonzept aufgeht, ist auch den wundervollen Darstellern und deren Führung zu verdanken, die sie jede Szene ausspielen, aber nicht überzeichnen lässt. Richard Roxburgh steht als getriebener Komponist, der trotz der vielen Schattenseiten seines Charakters nie unsympathisch wirkt, im Zentrum, doch Emily Woofs erweist sich ihm als Karen durchaus als ebenbürtig. Als beinahe genial muss man die Besetzung der Rose mit Barbara Hershey bezeichnen, die der jugendlich gebliebenen Mutter eine ebenso tiefe Mutterliebe wie enorme erotische Anziehungskraft vermittelt, wie man es im zeitgenössischen Kino vergeblich sucht. Mit „Extreme Leidenschaft“ ist Peter Duncan ein wunderbarer Film gelungen, sperrig zwar und mit Gedanken, die lange nachwirken, der aber auch die Lebensfreude feiert und von den extremen Leidenschaften aller Beteiligten für ihr Metier und dieses besondere Sujet zeugt.
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