Paterson, New Jersey: Am 17. Juni 1966 betreten zwei Männer eine Bar und erschießen (scheinbar) grundlos drei Weiße. Geld wird jedenfalls nicht geraubt. Noch in derselben Nacht werden die beiden Schwarzen Rubin Carter und sein Zufalls-Chauffeur John Artis verhaftet; ihnen wird das Verbrechen zur Last gelegt, obwohl sie ein Alibi haben und eines der mit dem Tode ringenden Opfer des Massakers sie nicht zweifelsfrei identifizieren kann. Trotz Unschuldsbeteuerungen werden sie zu dreimal lebenslanger Haft verurteilt, weil sich in letzter Minute ein stadtbekannter Kleinkrimineller als Augenzeuge zur Verfügung stellt und die ausschließlich mit Weißen besetzte Geschworenen-Jury von ihrer vermeintlichen Schuld überzeugen kann. Ein Verbrechen scheint gesühnt, man atmet auf.Doch bei dem Hauptangeklagten Rubin Carter handelt es sich um einen - zumindest bei Schwarzen - äußerst beliebten Profiboxer im Mittelgewicht, der unter dem Kampfnamen „The Hurricane“ bekannt wurde und sich anschickte, um den Weltmeisterschaftstitel zu boxen. Nach authentisch wirkenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen seiner Boxkarriere folgen „film noir“-Impressionen, die das Verbrechen darstellen; erst jetzt steigt der Film in die Erzählzeit ein, wird diese im Folgenden jedoch immer wieder sprengen. Vom Haftantritt an wird Rubin Carters Geschichte - bis auf einige Rückerinnerungen und die immer wieder unter anderen Blickwinkeln erfolgende Rekonstruktion des Verbrechens - kontinuierlich erzählt. Unschuldig und im Wissen, Opfer einer weißen Justiz geworden zu sein, tritt Carter seine Haft an, kommt gleich am ersten Tag in Einzelhaft, als er sich weigert, das Knastreglement anzuerkennen, verweigert auch im Folgenden jede Zugehörigkeit zur Vollzugsanstalt; er trägt keine Häftlingskleidung, sondern den neutral-weißen Pyjama der Krankenabteilung, nimmt vom Staat New Jersey keine Nahrung an, sondern zahlt sein Essen selbst. Der Ausnahme-Häftling beginnt, seine Autobiografie zu schreiben. Diese gelangt sieben Jahre später in die Hände eines schwarzen Jugendlichen, dessen sich eine Gruppe kanadischer Sozialarbeiter angenommen hat. Über die mühselige Lektüre des ersten Buchs, das er liest, knüpft der Junge Kontakt mit seinem Idol, und es gelingt ihm, den ehemaligen Boxer aus seiner mittlerweile einsetzenden Lethargie zu reißen. Nach der intensiveren Kontaktausnahme betreiben die Kanadier ein Wiederaufnahmeverfahren, sind verbalen Bedrohungen seitens der lokalen Polizeibehörden ebenso ausgesetzt wie massiven Attacken auf Leib und Leben. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz können sie das Bundesgericht von der Unschuld Rubin Carters überzeugen. Nach 22-jähriger Haft wird Carter am 7. November 1985 freigesprochen.Der 73-jährige Altmeister Norman Jewison beliefert vordergründig zwar das Mischgenre des Sport-, Knast- und Gerichtsfilms, doch eigentlich kehrt er in die Gefilde seines markanten Werkes „In der Hitze der Nacht“
(fd 15 338) zurück, setzt sich mit Rassismus und Rassenproblematik im Amerika der 60er- und 70er-Jahre auseinander. Nicht von ungefähr tauchen an zentraler Stelle immer wieder Fragmente von Dokumentaraufnahmen auf, die die Rassenunruhen in den späten 60er-Jahren und weiße Polizisten zeigen, die hasserfüllt auf schwarze Demonstranten einprügeln. Auch die von Künstlern angeführte Protestbewegung der folgenden Jahre findet in „Hurricane“ ihren dokumentarischen Niederschlag, natürlich auch Bob Dylan, der mit „Hurricane“ einen seiner besten Protestsongs der 70er-Jahre geschrieben hat. Aber gerade dieses Zitat führt zu einem der wenigen Wermutstropfen des Films: Als Filmsong funktioniert Dylans Lied durchaus, aber wenn Dylan auch noch bei einer Protestkundgebung gezeigt wird, bei der er das Lied zum Besten gibt, dann ist des Guten zu viel getan.Ansonsten ist Jewisons Arbeit in Haltung und Machart ein untadeliger Film, der selbstbewusst mit seiner altmodischen Inszenierung kokettiert. Die Box-Erinnerungen sind stimmungs- und kraftvolle Schwarz-Weiß-Kämpfe, die Krimihandlung ist „film noir“ mit entsprechender Jazz-Musik, dann folgen die langen, zermürbenden Gefängnisjahre, die den brillanten Schauspieler Denzel Washington in den Mittelpunkt rücken, der durch sein verhaltenes, stets aber intensives Spiel den Film prägt. Er ist der ungebrochene Kämpfer, der seine gerichtliche Niederlage hinnehmen muss, aber entschlossen zurückfightet, und lernt, dass das geschriebene Wort mehr bewirken kann als die geballte Faust. Er scheint in der Tat wie ein Buddha in seiner Zelle zu sitzen, wie Bob Dylan sang, um im richtigen Augenblick den entscheidenden Schlag zu landen. Eine Mittelgewichtstaktik, denn hier sind kaum mörderische Schwinger zu erwarten, sondern beherzte Fights, die den Gegner zermürben, ihn an die Seile stellen zum entscheidenden Schlag, der in diesem Fall die amerikanische Justiz und ein scheinbar rassistisches Polizeiwesen trifft. In der Darstellung der kanadischen Freunde und ihrer Motivation bleibt Jewisons Film eher nebulös; sie sind die „Gutmenschen“, die sich um einen eigentlich chancenlosen amerikanischen jugendlichen Schwarzen ebenso kümmern wie um einen bislang ihnen unbekannten Boxer. Hier lässt der Film eine Zeit anklingen, in der der Mensch vielleicht wirklich sozial engagierter war und sich um die Menschen mehr Gedanken machte. Vielleicht eine altmodische Idee, aber eine liebenswerte, auch wenn hier der Wunsch des Vater des Gedankens gewesen sein sollte und einiges im Unklaren bleibt.