Marlene (1999)

Biopic | Deutschland 1999 | 132 Minuten

Regie: Joseph Vilsmaier

Das Leben Marlene Dietrichs von ihrem Aufstieg zum Weltstar durch den Film "Der blaue Engel" bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Im Mittelpunkt stehen der Zwiespalt zwischen ihrem Dasein als Hausfrau und Mutter und ihrem Ehrgeiz sowie die frei erfundene Affäre zu einem deutschen Offizier. Auf der Grundlage des Buchs von Marlene Dietrichs Tochter Maria Riva entstand ein oberflächlicher Unterhaltungsfilm, dem es in keinem Moment gelingt, der Figur der Marlene Dietrich Leben einzuhauchen und die Faszination ihrer Erscheinung plausibel zu machen. Vor allem die unter dem Druck der episodischen Hektik arg plakativ ausgefallenen Dialoge sowie die holzschnittartige, weitgehend nur an Äußerlichkeiten interessierte Regie stehen dem im Wege. - Ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
TPI Trebitsch Produktion International/Perathon Film/ZDF/Rational
Regie
Joseph Vilsmaier
Buch
Christian Pfannenschmidt
Kamera
Joseph Vilsmaier
Musik
Harald Kloser
Schnitt
Barbara Hennings
Darsteller
Katja Flint (Marlene Dietrich) · Herbert Knaup (Rudolf Sieber) · Heino Ferch (Carl Seidlitz) · Hans-Werner Meyer (Josef von Sternberg) · Christiane Paul (Tamara Matul)
Länge
132 Minuten
Kinostart
09.03.2025
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Biopic
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Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 2.35:1, DS dt.)
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Veröffentlicht am
08.03.2000 - 09:26:31
Diskussion
Marlene Dietrichs Leben lässt sich kaum so spannend und schillernd, so tragisch und mit solch politischer Tragweite ausdenken, wie sie es tatsächlich gelebt hat. Sie ist nicht nur der einzige deutsche Weltstar, sondern auch das Spiegelbild eines Jahrhunderts, von positiven und auch manchen negativen Projektionen des Kinopublikums der Welt: ein Mythos zu Lebzeiten. Einst wollte Louis Malle dieses Leben für einen Film nutzen. Nun ist es Katharina Trebitsch und Joseph Vilsmaier gelungen, ihre Tochter Maria Riva und deren Sohn Peter davon zu überzeugen, ihnen die Rechte an Marlene Dietrichs Lebensgeschichte zu überlassen. Womöglich ist das der Grund dafür, dass vor allem Maria Rivas Buchversion die Grundlage des Films bildet. Daraus entstand die Geschichte einer Berliner Hausfrau, die die freie Liebe pflegt, nicht zuletzt dadurch nach Hollywood gelangt und dort manchmal einsam ist, genau wie ihre Tochter. Der Film beschränkt sich auf die Jahre 1929 bis 1945, reicht also von „Der blaue Engel“ bis zur Truppenbetreuung für die US-Soldaten. So konnte Vilsmaier Marlene Dietrichs peinliche Rückkehr ins Nachkriegsdeutschland ausblenden, wo sie als Verräterin beschimpft wurde, weil sie nicht bereit gewesen war, für Hitler zu spielen. Ihre Karriere als Sängerin (ab 1953) wird in einer Mini-Rahmenhandlung vorgeführt, die ihren letzten Auftritt im Jahr 1975 zeigt und mit einem sinnlosen Feuerwerk beginnt, aus dem sich die Namen der Hauptdarsteller formen. Marlenes Comebacks mit Wilder und Welles kommt nicht vor, ebenso wenig wie überhaupt von ihren Filmen, ihrem Image, der Faszination ihrer Auftritte, kurz, davon, was Marlene ausmachte, etwas zu sehen und zu lernen ist.

Solche Details passen nicht in das grobkörnige Weltbild des Heimatfilmers Vilsmaier. Auch Psychologie und nachvollziehbare Gefühle sind seine Sache nicht. Manchmal darf sich Marlene mit ihrem Mann Rudolf Sieber streiten, dann wieder darf sie an einer Flasche nuckeln und behaupten, sie sei manchmal einsam. Friss oder stirb, scheint Vilsmaier seinem Publikum zu sagen, das war Marlene, das müsst ihr schlucken. So war sie aber sicher nicht. Selbst als fiktive Figur ist diese Marlene nicht glaubhaft, weil sie kein Eigenleben entwickelt, ebenso wenig wie die Nebenfiguren (außer Sternberg, den Hans-Werner Meyer brillant wiedererweckt). Demzufolge ist der Film zunächst vor allem sterbenslangweilig, so sehr sich Katja Flint auch bemüht; ihr kann man keinen Vorwurf machen, sie bleibt aufgrund der plakativen Dialoge, dem Nichts an äußerer Handlung und der holzschnittartigen Regie von Beginn an immer nur Katja Flint in Marlene-Verkleidung, sodass die legendäre, von Josef von Sternberg verordnete Verwandlung in einen Filmstar zu gar keiner Veränderung führt: Schon im Berlin der 20er-Jahre ist sie elegant gekleidet, die Augenbrauen sind zu hohen Kurven gezupft, das Auftreten ist lässig und provozierend androgyn.

Was hätte man aus diesem einzigartigen Stoff machen können! Eine kleinere, spannende Episode vielleicht oder ein großes Biopic. Doch Vilsmaier machte daraus Kasperletheater. Sinnlos umher irrende Personen suchen einen Autor und einen Regisseur, der Schnitt wirkt hastig zusammengestoppelt, das Szenario ist über-ausgestattet, es fehlt an nichts, was man mit den 20er- und 30er-Jahren verbindet, weshalb der Film dann auch 17,8 Mio. Mark gekostet hat. Diese großartige Chance derart leichtfertig zu verspielen, ist eine Katastrophe, die aber schon in der Vergabe des Stoffs angelegt war. Unverzeihlich ist die Schnapsidee, zu den mutmaßlich Hunderten von Liebhabern Marlenes einen dazuzuerfinden, einen knackigen Offizier namens Carl, der „in ihren Aufzeichnungen nicht auftaucht“, wie der Abspann scheinheilig erklärt. Die peinliche Groschenheft-Romanze sorgt für simmelmäßigen Herzschmerz vor Kriegskulisse sowie für Nackt- und Sexszenen, die zum weltweiten Verkauf wohl dazugehören - wenigstens aus der Sicht Vilsmaiers und seiner Co-Produzenten. Das Gejammer darüber, dass deutsche Filme im Ausland kein Interesse erzeugen, ist hierzulande nach wie vor groß. Doch so lange man solchen Schrott für Exportware hält, wird sich daran nichts ändern.
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