Arlington Road

Thriller | USA 1999 | 117 Minuten

Regie: Mark Pellington

Ein Historiker, dessen Spezialgebiet politischer Terrorismus ist, leidet traumatisch unter dem Verlust seiner Frau, einer im Dienst getöteten Polizistin. Als er hinter der demonstrativ idyllischen Fassade seiner Nachbarsfamilie einen Hort radikaler politischer Aktivitäten wittert, provoziert sein Misstrauen Gewalt und stellt das Gemeinwesen in Frage. Hintergründig inszenierter, brillant gespielter Thriller, der geschickt die Balance zwischen vermeintlichem Doppelleben und in den Vordergrund drängender Paranoia hält. Indem er sich vorschneller Schuldzuweisungen enthält, bietet er packendes und vielschichtiges Spannungskino. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
ARLINGTON ROAD
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
PolyGram Filmed Entertainment/Lakeshore Entertainment
Regie
Mark Pellington
Buch
Ehren Kruger
Kamera
Bobby Bukowski
Musik
Angelo Badalamenti
Schnitt
Conrad Buff
Darsteller
Jeff Bridges (Michael Faraday) · Tim Robbins (Oliver Lang) · Joan Cusack (Cheryl Lang) · Hope Davis (Brooke Wolfe) · Robert Gossett (Whit Carver)
Länge
117 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Thriller
Externe Links
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Heimkino

Die DVD (Erstauflage, Universal) enthält ein ausführliches 36-seitiges Booklet zum Film. Die Extras der BD enthalten u.a. einen interessanten Audiokommentar des Regisseurs und des Darstellers Jeff Bridges sowie ein alternatives Filmende (10 Min.).

Verleih DVD
Universal (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Koch (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
Es ist eine jener alltäglichen Straßen in den beschaulich unauffälligen amerikanischen Suburbs an der Peripherie der großen Städte, in der die perfekte Idylle kleinfamilären Zusammenlebens gepachtet zu sein scheint. Michael Faraday lebt noch nicht allzu lange hier, gemeinsam mit seinem halbwüchsigen Sohn Grant. Seine Frau hat er vor Jahren schon unter tragischen Umständen verloren: Sie starb in Ausübung ihres Berufs als Polizistin. Der Schock über das schwerverletzt auf der Anliegerstraße vor seinem Haus entlangtaumelnde Kind, der Schock über das viele Blut sowie die unwirkliche Situation, in die Michael da hineinschlitterte, tut ein übriges, so daß das Trauma des Verlustes seiner Frau wieder hervorbricht. Das verstörte Kind, das er im nahegelegenen Krankenhaus abliefert, ist der Sohn seiner Nachbarn, der Langs; ein selbstgebastelter Sprengkörper war die Ursache für die Verletzung. Die Tragödie hat aber zumindest ein Gutes: Sie verschafft den Faradays einen neuen Freundeskreis. Aus Dankbarkeit scheuen Oliver und Cheryl Lang keine Mühe, Michael und seinen Sohn unter die Fittiche einer intakten Bilderbuchfamilie zu nehmen. Besonders Grant ist von dem fünfköpfigen „Clan“ der Langs begeistert; er findet dort die Familie, die das latente Selbstmitleid seines Vaters bislang unmöglich machte. Für Michael hingegen will sich das Gefühl der Idylle ganz und gar nicht einstellen: Der Skeptiker, der am College Geschichtsvorlesungen über sein Spezialgebiet des politischen Terrorismus hält, vermutet hinter der perfekten Fassade der Langs das „faule Nest“ radikaler Aktivisten. Schließlich hat auch eine vermeintlich rechtschaffene, jedoch waffenbesessene Landfamilie seine Frau auf dem Gewissen. Seine heimlichen Nachforschungen offenbaren ihm Ungereimtheiten in Oliver Langs Vergangenheit. So sehr der Lehrer von der Falschheit der Langs überzeugt ist, so wenig teilt sein Bekanntenkreis seine Theorien. Im Gegenteil: Seinen Sohn zieht es immer mehr zu seinen neuen Freunden, und auch Michaels Geliebte Brooke nimmt immer mehr Partei gegen ihn ein. Wie von Sinnen greift der einst so gesetzestreue Bürgerrechtler zu immer radikaleren Methoden, um seine Gewißheit zu untermauern.

Was ist schlimmer: Eine aus Furcht etablierte Paranoia oder ein aus latenter Unzufriedenheit resultierender, subversiver Aktionismus, aus der sich diese Furcht nährt? Mark Pellingtons Thriller läßt den Zuschauer lange Zeit im ungewissen, wer wirklich der Wahnsinnige ist, Michael Faraday oder Oliver Lang. Zwar neigt man intuitiv dazu, der engagierten und mißverstandenen Figur des Lehrers Glauben zu schenken, aber war da nicht auch der Tod seiner Frau, der eher durch die Überreaktion der Polizei als durch eine wirkliche Bedrohung verursacht wurde? Die erstaunlich subtile Variante eines Thrillers um den maroden Zustand des „ heilen“ amerikanischen Verständnisses von Patriotismus stößt den Zuschauer erst im letzten Drittel mit unangenehmer Härte ob der eigenen Arglosigkeit vor den Kopf. Pellington spielt genüßlich mit den Konventionen des Hollywood-Thrillers, leitet von der anfänglichen Ungewißheit über zu jenem eingefahrenen Spannungsgerüst über, bei dem sich ein unglaubwürdiger Held im Alleingang reinwaschen und gleichzeitig die Menschheit von einem Problem befreien darf. Daß auch mit dieser Konvention am Ende gebrochen wird und Sieger sowie Besiegte nichts mehr mit konventionellen Sympathie- und Antipathieträgern zu tun haben, verstärkt diesen Schlag vor den Kopf des Zuschauers noch. Pellington verläßt sich dabei nicht nur auf ein hervorragend konstruiertes Drehbuch, sondern auch auf die formale Meisterschaft von Kameramann Bobby Bukowski und Schnittmeister Conrad Buff („Oscar“ für „Titanic“), die der furiosen Titelsequenz des Vorspanndesigners Kyle Kooper (u.a. „Seven“ und „Mimic“) einen suggestiven Bildersog folgen lassen. Die charismatische Darstellung von Tim Robbins und Joan Cusack als biederes Ehepaar tragen ebenso dazu bei, daß „Arlington Road“ über das Niveau eines veritablen Qualitätsthrillers hinausgeht.
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