Dokumentation des legendären Boxkampfes Muhammad Ali gegen George Foreman, der 1974 in Zaire ausgetragen wurde. In der brillanten Montage rückt das faszinierende Boxgefecht in den Hintergrund, und die Filmemacher arbeiten heraus, wie bedeutend dieser Kampf für die Entwicklung eines schwarzen afroamerikanischen Selbstbewußtseins war. Ferner wird der Ausnahmeathlet Ali gewürdigt, der sich als einer der ersten Sportler als Medienmensch darzustellen wußte und durch die mitreißende Musik des Films in die Nähe von Popstars gerückt wird. (O.m.d.U.)
- Sehenswert ab 16.
When We Were Kings
Dokumentarfilm | USA 1996 | 85 Minuten
Regie: Leon Gast
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Filmdaten
- Originaltitel
- WHEN WE WERE KINGS
- Produktionsland
- USA
- Produktionsjahr
- 1996
- Produktionsfirma
- DAS Films
- Regie
- Leon Gast · Taylor Hackford
- Buch
- Leon Gast
- Musik
- div. Interpreten
- Schnitt
- Taylor Hackford · Jeffrey Levy-Hinte · Keith Robinson
- Länge
- 85 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm | Boxerfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Diskussion
Eigentlich hätte es eine Reportage über ein schwarz-afrikanisches Musikfestival werden sollen, das im Vorfeld des Boxkampfes Ali/Foreman im September 1974 drei Tage lang für Stimmung sorgen und das afroamerikanische Interpreten (James Brown, B.B. King, Miriam Makeba, The Spinners, etc.) mit afrikanischen Musikern in Zaire zusammenbringen sollte. Doch irgendwie kam alles - nicht nur für die Filmemacher - ganz anders. Amerika war an einem der Tiefpunkte seiner Geschichte angelangt. Die Watergate-Affäre zog ihre Kreise; in Vietnam, wo junge schwarze US-Amerikaner in einem sinnlosen Stellvertreterkrieg verheizt wurden, zeichnete sich ein Desaster ab. Vor diesem Hintergrund war dem Boxkampf Ali gegen Foreman ein besonderes Interesse erwachsen. Der amtierende Weltmeister Foreman galt auf Grund seiner Schlagkraft als unbezwingbar, hatte er doch den vormaligen Weltmeister Joe Frazier mit einem furchterregenden K.O. in der zweiten Runde zu Boden gezwungen und seinen Herausforderern José Roman und Ken Norton nicht den Hauch einer Chance geboten. Foreman war physisch der wohl perfekteste Boxer der 70er Jahre. Anders Muhammad Ali, US-Olympiasieger, der in den 60er Jahren seinen Namen (Cassius Clay) gegen einen islamischen ausgetauscht hatte, für die schwarze Bürgerrechtsbewegung agierte und dem seine Weltmeistertitel aberkannt wurden, als er den Kriegsdienst in Vietnam verweigerte. Er galt nicht als Schläger, sondern als Ästhet und Tänzer im Ring. 1974 hatte er sich wieder an die Weltspitze herangekämpft, war titelfähig und konnte für eine Börse von 5 Mio. Dollar gegen Foreman antreten. Auch George Foreman wurden von Box-Promoter Don King, einer ebenso schillernden wie dubiosen Gestalt im Geschäft, 5 Mio. geboten. King hatte nun beide Boxer unter Vertrag, ohne einen Pfennig Geld in der Tasche zu haben.Ein besonderer Schachzug war, den Kampf nach Zaire zu verlegen. Damit erhielt das Ereignis - zumindest für Afroamerikaner - eine politische Dimension, und das Interesse der Weltöffentlichkeit war plötzlich auf den afrikanischen Staat gerichtet. In den Augen der schwarzen Bürgerrechtsbewegung waren die Kämpfer in die Heimat zurückgekehrt, hatten sich von Ex-Sklaven zu Galionsfiguren der Bewegung, zu "Königen" emanzipiert. "Rumble in the Jungle" war die Parole und das Zauberwort. Während Ali, Medienmensch und Selbstinszenierer par excellence, die politische Gunst der Stunde sofort be- und ergriff - immer wieder stellte er seine Verbundenheit mit den afrikanischen Brüdern in den Vordergrund und schuf so eine weltumfassende schwarze Öffentlichkeit - , scheint Foreman ganz auf den Kampf konzentriert, reist vier Tage vorher an, will die Sache hinter sich bringen. Während Ali, dem kaum jemand eine Chance einräumt, von Anfang an auf Sympathiebildung mit den afrikanischen Brüdern abzielt, scheint Foreman der Veranstaltungsort völlig egal. Er reist mit einen deutschen Schäferhund an, dem Polizeihund der ehemals belgischen Kolonialmacht, ist wortkarg und nur auf den Kampf konzentriert.Doch dann kommt alles anders. Aus den vier Tagen bis zum Kampf werden sechs Wochen, als sich Foreman beim Sparring verletzt. Ein "Cut" an der Augenbraue verhindert den geplanten Kampftermin. Die Boxer wollen mit ihrem jeweiligen Troß abreisen, doch jetzt kommt die große Politik ins Spiel. Staatspräsident und Diktator Mobutu untersagt die Ausreise, setzt die Boxer fest, weil auch er, der immer wieder neben Ali posiert, in dieser Veranstaltung einen Prestigegewinn für sein Land sieht. Ali nutzt die Wartezeit für seine Sache, bereist das Land, sichert sich Sympathien, hat schließlich die Bevölkerung hinter sich, die "Ali, bomaye" ("Ali, töte ihn") skandiert. Über Foremans Schicksal während der Wartezeit weiß Gasts Dokumentarfilm wenig zu berichten.Der Kampf selbst ist längst Legende. Foreman, der gefürchtete Schläger, gibt Ali nicht den Hauch der Chance zu tanzen, drängt den Gegner in die Ecke und prügelt erbarmungslos auf ihn ein. Das scheint kein Boxkampf mehr zu sein, sondern die Bestrafung eines Maulhelden, der sich anmaßen wollte, Weltmeister zu werden. Die Panik in seinen Augen ist nicht zu übersehen, ein Fakt, den Mailer trefflich analysiert, der Ali schon von Beginn an auf der Verliererstraße sieht. So schaut kein selbstbewußter Herausforderer, sondern jemand, der wirkliche Angst um Leib und Leben verspürt. Ali steckt Schlag um Schlag ein, kümmert sich kaum um seine Deckung, doch zwischen den fürchterlichen Schlägen verhöhnt er seinen Gegner. Irgendwann kann er sich dann doch aus den Seilen lösen, schlägt eine Kombination, bringt schwere Treffer an und hat Foreman am Boden - vielleicht der berühmte "lucky punch".Über 100.000 Meter Film hatte Gast belichtet und über fünfzehn Jahre hat es gedauert, bis das Geld zusammengebracht war, um das Negativmaterial zu entwickeln. Und auch dann war noch guter Rat teuer. Die ursprüngliche Idee der Dokumentation des Musikfestivals wurde verworfen, das Box-Ereignis und seine politischen Weitungen rückten in den Mittelpunkt. Doch auch nach der neuen Konzeption waren noch acht Fassungen notwendig, bevor Gast und Co-Regisseur Hackford dem Film ihr Okay gaben. Ihre Mühen wurden in diesem Jahr mit den Dokumentarfilm-"Oscar" belohnt. Obwohl das Boxen weitgehend in den Hintergrund rückt, steht und fällt die Einschätzung natürlich mit der persönlichen Einstellung zum Boxsport. Wer Boxen generell ablehnt, hat in diesem Film wirklich nichts zu suchen. Wer dem Sport gegenüber positiv eingestellt ist, dem ist mit diesem genial montierten Film, der seine zeitgenössische Musik in einem ungeheuer rhythmischen Schnitt umsetzt und ein ganzes Land im Rausch zeigt, ein dokumentarisches Kleinod beschieden. Boxen wird in diesen Monaten als politische Mission verdeutlicht, die schwarzes Selbstbewußtsein stärkt und die Augen der Weltöffentlichkeit auf einen vernachlässigten Kontinent richtet. Black Power profitiert von diesem Kampf ebenso wie Diktator Mobutu. Und auf der anderen Seite gibt es das Psychogramm eines Ausnahmeboxers, der es wie kein zweiter verstanden hat, die PR-Maschinerie für sich arbeiten zu lassen, ein Popstar in Gestalt eines muskelbepackten Sportlers, der weiß, daß dies die Chance seines Lebens ist und der diese Chance mit allen Mitteln zu ergreifen versucht.Für Fans ist es eine Freude, Ali und Foreman in diesen afrikanischen Tagen zu beobachten, ihre verbalen Geplänkel vor dem Fight zu erleben, spiegeln sie doch die Taktik, die den verschobenen Kampf bestimmen wird. Hier der "Maulheld" Ali in Außenseiterposition, der sich selbst Mut zuredet und sich als Medienmensch darzustellen weiß; dort der wortkarge Kraftarbeiter Foreman, irgendwie schon jetzt - mit 26 Jahren - ein Fossil, der die Zeichen der Zeit und die Bedeutung dieses Kampfes scheinbar nicht so recht erkannt hat. Sicher ist der Film als ein Denkmal für Muhammad Ali gedacht, doch die Interviews mit Biografen, Sportreportern, Norman Mailer und Spike Lee loten den wirklichen Stellenwert dieser Sportikone aus, definieren auch ihren gesellschaftspolitischen Wert im Bewußtsein der schwarzen Amerikaner. Daß Boxen gut wegkommt, liegt in der Natur dieser Dokumentarfilm-Sache, aber jedem, der sehen will, dem wird sich auch die Ästhetik dieses Sports erschließen, der mit dumpfen Draufhauen eigentlich nichts zu tun hat. Auch dann nicht, wenn zwei Titanen aufeinandertreffen und sich "den Kampf des Jahrhunderts" liefern, einen Kampf, den die meisten derzeit aktiven Boxer wohl gescheut hätten.P.S. Bei aller Begeisterung muß allerdings auch gesagt werden: Muhammad Ali leidet seit Jahren an Schüttellähmung, zweifelsohne eine Spätfolge seiner Karriere; Foreman boxt im hohen Sportleralter heute gegen zweitklassige Gegner. Zwei Boxlegenden, die zu Karikaturen ihrer selbst geworden sind. Und Präsident Mobutu kämpft in diesen Tagen nicht nur um das politische Überleben.
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