Michael (1996)

- | USA 1996 | 101 Minuten

Regie: Nora Ephron

Zwei Reporter einer Chicagoer Boulevardzeitung erhalten den Auftrag, über einen Engel zu berichten, der sich bei einer alten Dame in Iowa eingemietet hat. Ihnen zur Seite steht eine neue Kollegin, die die Angelegenheit für einen ausgemachten Schwindel hält. Auf der Fahrt nach Chicago erlebt das Quartett manche (übersinnliche) Überraschung. Komödie, die mit der reizvollen Ausgangsidee - ein Engel mit durchaus menschlichen Regungen - wenig anzufangen weiß. Abgesehen von einigen gelungenen Pointen wird in erster Linie der Rührseligkeit das Wort geredet. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
MICHAEL
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1996
Produktionsfirma
Turner Pictures
Regie
Nora Ephron
Buch
Alan Curtiss · Nora Ephron · Delia Ephron · Pete Dexter
Kamera
Jim Quinlan
Musik
Randy Newman
Schnitt
John Lindley
Darsteller
John Travolta (Michael) · Andie MacDowell (Dorothy Winters) · William Hurt (Frank Quinlan) · Robert Pastorelli (Huey Driscoll) · Bob Hoskins (Vartan Malt)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Diskussion
Sieht so vielleicht ein Engel aus: Boxershorts, behaarte Brust und Bierbüchse in der Hand? Haben Engel etwa miserable Tischmanieren, rülpsen unablässig und haben ständig einen "Glimmstengel" im Mundwinkel? Kaum. Andererseits: Warum eigentlich nicht, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist? Schließlich hat der Mann zwei kapitale Dinger auf dem Rücken, die nach Flügeln aussehen und mit ihm offenbar fest verwachsen sind. Darüber hinaus hört die ansonsten durch und durch irdische Erscheinung auf den Namen Michael und sieht damit fraglos in einer gewissen Tradition. Aber letztlich ist es Frank und Huey, Reportern beim "NationalMirror"in Chicago, auch ziemlich egal, ob dieser Engel nun echt ist oder nicht. Für ein prächtiges Foto auf der Titelseite der Weihnachtsausgabe ihres Regenbogen-Blattes taugt er allemal. Und dieses Foto, so hat ihr Chef ihnen nach einigen Flops unmißverständlich klargemacht, ist ihre letzte Chance. Dafür sind sie schließlich bis Iowa gefahren, nachdem eine alte Dame ihnen telefonisch mitgeteilt hat, daß sie seit geraumer Zeit einen Engel unter ihrem Dach beherberge. Daß ihre neue Kollegin Dorothy, die ihnen der Boß sicherheitshalber mitgeschickt hat, Michael für einen Scharlatan hält, schert Frank und Huey nicht weiter. Bleibt nur noch das Problem, den Engel nach Chicago zu bringen. Dummerweise besteht der Geflügelte auf einer Autofahrt. Fliegen mag er nicht.

Übersinnliches hat Konjunktur, und auch hierzulande vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendwelche Zeitgenossen in Talkshows beteuern, daheim regelmäßig einen Engel an ihrer Tafel zu Gast zu haben. Freilich sehen die, so man ihren Beschreibungen glauben mag, etwas anders aus als jener Michael. Regisseurin Nora Ephron profilierte sich mit Filmen wie "Harry und Sally" oder "My Blue Heaven" als Autorin von Komödien und inszenierte mit "Schlaflos in Seattle" (fd 30 395) nicht nur einen zauberhaft-beschwingten, sondern auch überaus erfolgreichen Film. Und fraglos besticht auch "Michael" durch eine originelle Ausgangsidee. Ein Engel, der irdischen Genüssen, einschließlich Alkohol und Frauen, zugetan ist - so etwas war bislang noch nicht im Kino zu sehen. Aber letztlich macht Ephron aus dieser Idee entäuschend wenig: eine vorwiegend herzige Mischung aus Road-Movie und zärtlicher Romanze, bei der nur gelegentlich humoristische Glanzlichter aufblitzen. Wenn Michael unterwegs einem Stier - in des Wortes wahrem Sinne - die Stirn bietet oder eine Richterin umgarnt, die wegen einer Schlägerei über ihn zu urteilen hat, dann gelingen einige kurzweilige Sequenzen. Aber sie bleiben die Ausnahme. In erster Linie hat der Engel eine Mission, die da heißt, die Menschen zur Liebe zu befreien. So stiftet er nicht nur eine Liaison zwischen Frank und Dorothy, sondern animiert, wo immer er auftritt, die Menschen, netter miteinander umzugehen. So etwas ist löblich, macht aber noch keinen guten Film. So menschelt es ungeheuer und reichlich hemmungslos, und wo es menschelt, sind meist auch Tiere nicht fern. Hier in Gestalt des drolligen Hundes Sparky, der als Redaktionsmaskottchen stets mit von der Partie ist, irgendwann von einem Laster überrollt wird, woraufhin ihn Michael netterweise wiederbelebt. Da erahnt man mehr das Kalkül mit den Zuschauerherzen als den Willen, eine originelle Geschichte zu erzählen. Daß dieser Weihnachtsfilm im Vorfrühling in die deutschen Kinos kommt, macht ihn nicht plausibler.

Der Rührseligkeit der ohne sonderlichen Esprit in Szene gesetzten Geschichte steht das hochkarätige Darstellerensemble gegenüber, wobei allen voran John Travolta in der Titelrolle mit sichtlichem Vergnügen agiert. Und natürlich gönnt Nora Ephron dem engelhaften "Saturday Nighf'-Helden von einst auch noch eine fulminante Tanzeinlage, die den Film letztlich aber ebensowenig rettet wie der Soundtrack von Randy Newman, der über gefälliges Mittelmaß nicht hinauskommt. So bietet "Michael" durch die Bank nur Nettigkeiten, wo doch gutes (Komödien-)Handwerk gefragt gewesen wäre.
Kommentar verfassen

Kommentieren