Max & Jeremie

Gangsterfilm | Frankreich/Italien 1992 | 101 Minuten

Regie: Claire Devers

Zwei Killer einer Gangsterorganisation, ein altgedienter und ein junger Aufsteiger, kommen sich in die Quere. Zum Verdruß der Auftraggeber entwickelt sich zwischen ihnen ein Vater-Sohn-Verhältnis. Hervorragend gespielter Gangsterfilm mit komödiantischen Einsprengseln, der dem Genre neue Nuancen abgewinnt und zugleich den Wandel von Ehrenkodex und Wertmaßstäben anspricht. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
MAX ET JEREMIE
Produktionsland
Frankreich/Italien
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Les Films Alain Sarde/TF 1/Gruppo Bema/Canal+
Regie
Claire Devers
Buch
Bernard Stora · Claire Devers
Kamera
Bruno de Keyzer · Dominique Pinto · Etienne George
Musik
Philippe Sarde
Schnitt
Marie Castro
Darsteller
Philippe Noiret (Max) · Christopher Lambert (Jérémie) · Jean-Pierre Marielle (Almeida) · Christophe Odent (Cohen) · Feodor Chaliapin jr. (Marberg)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Gangsterfilm | Literaturverfilmung
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Diskussion
Das künstlerische Interesse von Claire Devers gilt offensichtlich der Darstellung von Männerbeziehungen, die nicht gerade alltäglich, gleichwohl aber über Männer irn allgemeinen und die Unterschiede im Verhalten der Generationen zueinander im besonderen von einiger Aussagekraft sind. In "Noir et blanc" (1985) endet die Beziehung eines schüchternen Buchhalters, der in einem Fitneß-Center seine masochistischen Neigungen entdeckt -zu einem farbigen Masseur - für beide Männer tragisch. Die wechselseitig verhängnisvolle Beziehung wird von Claire Devers mit intellektueller Kälte ins Bild gesetzt, die ethischen Dimensionen des Problems werden ausgeklammert. Um eine Männerbeziehung geht es auch in ihrem jüngsten Film - und es geht um Gewalt und Brutalität unter Menschen, die der Film aber nicht diskutiert, vielmehr als offensichtlich selbstverständlich hinnimmt.

Ähnlich wie in "Noir et blanc" die sadosexuelle Leidenschaft als eine mögliche, ernsthafte Weise menschlicher Existenz anschaulich gemacht wird, führt Devers in "Max & Jeremie" die Lebensweise des Killers als Spielart des Lebens vor. Formal bedient sie sich des Gangsterfilm-Genres, das aber immer wieder durch komödiantische Einsprengsel relativiert wird, so daß von dem Film insgesamt eine gewisse Irritation ausgeht, die den Zuschauer - trotz einiger Längen - in seinen Bann zieht. Das ist vor allem Philippe Noiret und Christopher Lambert zu danken, einem Neugier erweckenden ungleichen Gangster-Duo. Beide stehen, auf verschiedene Weise, in den Diensten einer Verbrecherorganisation, für die sie Mordaufträge übernehmen. Max ist ein älterer, feinsinniger Herr, der sich längst aus dem schmutzigen Geschäft zurückgezogen hat, aber instinktiv spürt, daß ihm kein beschaulicher Lebensabend mit seinem illegal erworbenen Reichtum beschieden ist. Mit geradezu masochistischem Drang genießt er die latente Gefährdung und Gefährlichkeit seines großbürgerlichen Lebens und steuert traumwandlerisch auf seinen Untergang zu, auch wenn dieser am Schluß des Films noch nicht eingetreten ist. Jeremie ist ein großes, tumbes Kind, Prototyp der Turnschuh- und Fernsehgeneration, Spezialist für ferngezündete Sprengstoffattentate. Er träumt von den ganz großen Aufträgen, die ihm aber die Organisation wegen seines Hangs zur Schlamperei nicht zutraut. Die ungleichen Killer kommen miteinander in Berührung, als Max nochmals einen Auftrag übernehmen muß und Jeremie dazu ausersehen wird, Max nach Erledigung dieses Auftrags zu beseitigen. Zwischen den beiden entwickelt sich - sehr zum Verdruß der Auftraggeber - allerdings eine Art Vater-Sohn-Beziehung, die zwar manchen Belastungen unterworfen ist, aber anhält. Das Ende ist offen.

Die Story gewinnt eine zusätzliche interessante Dimension durch die Figur des pensionsreifen Kommissars Almeida. Ein langes Berufsleben lang hat der Polizist Almeida den Killer Max gejagt, freilich nie überführen können. Während der zahlreichen Verhöre sind sich die beiden nähergekommen, zwischen ihnen ist fast eine Freundschaft entstanden. Beide stehen im Herbst des Lebens, sind abgeklärt, müde der Kämpfe und wissen, daß es in diesem Gewerbe keine Siege gibt, sondern nur sich fortzeugende Niederlagen. Diese vorsichtige Annäherung zweier Menschen aus verschiedenen Lagern macht den Film bei aller blutrünstigen Aktion und überstarken Brutalität letztlich doch sympathisch. Hier wie dort, im Verbrecher-Milieu wie bei der Polizei, haben sich die Zeiten geändert. Die Alten sehen sich den Jungen gegenüber, denen sie so gut wie nichts mehr vermitteln können. Denn Wertmaßstäbe bedeuten den Jungen nichts mehr, ihr zweckbestimmtes Handeln geht mit persönlicher Verrohung einher. Fazit: Ein dem Genre neue Nuancen abgewinnender Gangster-Film mit hervorragenden Schauspielern, witzig, temporeich und spannend inszeniert.
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