Drama | USA 1992 | 118 Minuten

Regie: John Turturro

Ein junger New Yorker Bauarbeiter verwirklicht mit seinen Brüdern den Traum eines eigenen Unternehmens, zahlt aber für seine Kompromißlosigkeit letztlich mit der Trennung von den Brüdern. Eine Hymne auf den Wert selbstbestimmter kreativer Arbeit. Trotz kleinerer Schwächen in der Inszenierung ein schauspielerisch beeindruckendes und angesichts des Themas unerwartet unterhaltsames Erstlingswerk mit biografischen Hintergründen. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MAC
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
World Films
Regie
John Turturro
Buch
John Turturro · Brandon Cole
Kamera
Ron Fortunato
Musik
Richard Termini · Vin Tese
Schnitt
Michael Berenbaum
Darsteller
John Turturro (Mac) · Katherine Borowitz (Alice) · Michael Badalucco (Vico) · Carl Capotorto (Bruno) · Ellen Barkin (Oona)
Länge
118 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama
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Diskussion
Zuweilen blühen die hochtrabendsten Visionen auch in beengten, schäbigen Verhältnissen. Das Badezimmer der Vitellis ist Schauplatz eines flammenden Appells, mit dem das Familienoberhaupt Mac die Gründung einer "Vitelli-Brothers"-Baugesellschaft propagiert. Wie einst Romulus und Remus aus dem Nichts den Grundstein für Stadt und Weltreich gelegt hätten, wäre es nun an Mac, Vico und Bruno, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen, den unseriösen Praktiken gieriger Arbeitgeber zu entfliehen. So sehr ist Mac von seiner Vision besessen, daß Brunos zaghafter Einwand -habe Romulus seinen Bruder denn am Ende nicht getötet? - ungehört bleibt.

Mit Haut und Haaren ist Mac den Idealen seiner Zeit, der frühen 50er Jahre, verpflichtet: harte, ehrliche Arbeit als Lebensinhalt, ein bescheidenes, aber sicheres Auskommen für die Familie, für die er nach dem Tod des Vaters Verantwortung trägt. Und es gelingt ihm, die Brüder für seine Ideale zu begeistern - trotz Brunos Kontakten zur schillernden New Yorker Kunst- und Beatnikszene; trotz Vicos Vorliebe für geregelte Arbeitszeiten und die Annehmlichkeiten des Feierabends. Einzig ein Stück Land fehlt, auf dem die "Vitelli Bros." ihre ersten Häuser bauen können. Hier springt Alice in die Bresche, Macs Verlobte, die mit den Ersparnissen aus einer Erbschaft das fehlende Startkapital liefert.

Bei einer Grundstücksauktion droht Macs Traum in einen Albtraum umzuschlagen: er läßt sich zu ruinösen Geboten provozieren, stürzt die junge Firma in den Bankrott und erleidet einen Zusammenbruch. Durch puren Zufall erweist sich das Geschäft als ungültig, Mac erhält eine zweite Chance. Nun halten auch der Gestank von Kuhmist und die Schreie aus einer benachbarten Nervenheilanstalt die Vitellis nicht davon ab, vier solide Häuser zu bauen und zum Verkauf anzubieten. Die familiäre Harmonie aber zeigt immer deutlichere Risse. Vico und Bruno können nicht mithalten mit der Kompromißlosigkeit ihres Bruders, der sich immer mehr den Wahlspruch des verstorbenen Vaters zu eigen gemacht hat: "Es gibt zwei Wege, eine Sache zu tun: den richtigen Weg und meinen Weg - und beide stimmen genau überein!" Spätestens, als sich der Verkauf der Häuser schwierig gestaltet, eskalieren die Auseinandersetzungen. Einzig Alice steht bedingungslos hinter Mac. Daß die Häuser doch noch verkauft werden, rettet die "Vitelli Bros." nicht mehr. Vico und Bruno ziehen sich und ihr Kapital aus der Firma zurück. Wieder steht Mac mit beinahe leeren Händen da.

"Mac" - der künftige Kultfilm aller Workaholics? Tatsächlich hat sich wohl selten ein Film vergleichbar intensiv mit dem Wert der Arbeit auseinandergesetzt. Schon die in feuchten Beton gemalten Vorspann-Credits führen auf sinnliche Art in die Thematik ein. Später verharrt die Kamera geduldig und beinahe liebevoll auf den Händen eines Maurers, der mit kunstvoll abgezirkelten Bewegungen Stein an Stein setzt, Fuge um Fuge glattstreicht. Man darf das Regiedebüt des New Yorker Schauspielers John Turturro - in Cannes mit der "Goldenen Kamera" für das beste Debüt ausgezeichnet - mit einigem Recht als lupenreinen Autorenfilm bezeichnen, dessen biografische Bezüge überdeutlich durchscheinen. Nicht nur, weil die zentrale Figur von Turturros Vater, einem Zimmermann, inspiriert wurde; Turturros eigenes Arbeitsethos, die Sehnsucht, "Spuren zu hinterlassen", Grenzen zu überschreiten, findet in Mac Vitelli ein adäquates Spiegelbild.

Es hat sich ausgezahlt, daß Turturro auf dem Konzept einer "Familienproduktion" bestanden hat. Neben Ehefrau Katherine Borowitz sind die wichtigsten Rollen mit Darstellern besetzt, die bereits in jenen drei verschiedenen (!) Theaterproduktionen des Stoffes mitgewirkt haben, die Turturro seit den frühen 80er Jahren inszeniert hat. Einziger echter "Star" des Ensembles ist Ellen Barkin, die ihre kurzen Auftritte als Model, Hobby-Poetin und Lustobjekt der jüngeren Vitelli-Brüder mit hinreißend ironischen Seitenhieben auf die Kunst-Schickeria ausstattet.

Stilistisch schöpft "Mac" aus unterschiedlichsten Quellen. Einflüsse des Neorealismus lassen sich bei der Schilderung des Arbeitsalltags ebensowenig verleugnen wie die Nähe zum jungen Scorsese, wo es um die impulsiven Auseinandersetzungen im Familien- und Freundeskreis geht. Dennoch helfen solche Vergleiche bei einem Film nicht weiter, dem einerseits jegliche Ambition zur formalen Innovation fehlt - ganz in Entsprechung zu den sehr "traditionellen" inhaltlichen Werten -, der aber gleichzeitig im aktuellen Kinoangebot ein Unikum darstellt. Als konsequent persönliches Werk wird "Mac" kein großes Publikum finden, als erstklassiger Schauspielerfilm hätte er es verdient. Turturro mag man zwei oder drei unnötig pathetische Szenen ankreiden, wie z.B. seinen überlangen verzweifelten Monolog mit Gott und der Welt gegen Ende des Films, während sich die Kamera höher und höher hebt. (Hier hätte der Regisseur auch seinen Hauptdarsteller zügeln müssen.) An anderer Stelle gewinnt der Stoff plötzlich unerwartete absurde und komödiantische Seiten. Und so ist es letztlich sehr unterhaltsam, zwei Stunden mit einem Thema zu verbringen, wie es (auf der Kinoleinwand) kaum exotischer sein könnte: harte körperliche Arbeit.
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