Ein Teufel in Menschengestalt trampt durch das von einer Dürrekatastrophe gezeichnete Namibia und verstümmelt auf grausame Weise seine Opfer, ehe eine junge Frau, die sich in ihn verliebt hat, dem Spuk scheinbar ein Ende macht. In visionären Bildern erzählte Horror-Geschichte mit irritierenden Anleihen bei Italo-Western, afrikanischer Mystik und heidnischem Satanskult. Perfekt inszeniert und von einem beunruhigenden Soundtrack noch in seiner Wirkung verstärkt, ist der Film für Freunde des Genres durchaus sehenswert.
Dust Devil
Horror | Großbritannien 1992 | Kino: 87 BD auch: 108 & 114 Minuten
Regie: Richard Stanley
Kommentieren
Filmdaten
- Originaltitel
- DUST DEVIL
- Produktionsland
- Großbritannien
- Produktionsjahr
- 1992
- Produktionsfirma
- Palace Pictures/British Screen
- Regie
- Richard Stanley
- Buch
- Richard Stanley
- Kamera
- Steven Chivers
- Musik
- Simon Boswell
- Schnitt
- Derek Trigg
- Darsteller
- Robert Burke (Dämon) · Chelsea Field (Wendy Robinson) · Zakes Mokae (Ben Mukurob) · Rufus Swart (Mark Robinson) · William Hootkins (Beyman)
- Länge
- Kino: 87 BD auch: 108 & 114 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 18; f (Neuprüfung: ab 16)
- Genre
- Horror
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Heimkino
Die mustergültige Heimedition (Box mit DVD, BD, zwei Bonus DVD und einer Soundtrack CD) enthält sämtliche erhältliche Schnittfassungen des Films, längeren Interviews mit Regisseur Richard Stanley (34 Min.) und Darstellerin Marianne Sägebrecht (17 Min.) drei erhellende Dokumentationen über Leben und Werk des Regisseurs (32 Min., 97 Min. & 48 Min.), den Soundtrack sowie ein 24-seitiges Booklet mit analytischen Texten zum Film. Die filmhistorisch interessante Edition ist mit dem Silberling 2019 ausgezeichnet.
Diskussion
Satans-Kult, Schwarze Messen, Voodoo-Zauber, heidnische Rituale obskurer Sekten üben bei einer nicht nur in Glaubensfragen immer orientierungsloser werdenden Jugend und auch bei vielen Erwachsenen eine zunehmende Faszination aus. "Dust Devil" greift mit geradezu perfider Perfektion dieses Zeitgeist-Thema auf und entführt den Zuschauer in das Reich Satans. Und genauso wie man zu Zeiten der Gotik-Horrors einerseits zusammengezuckt ist, wenn Graf Dracula die Bildfläche betrat, andererseits aber mit genüßlichem Schauer seinen Biß erwartete, wird man hier von dem "Wüsten-Teufel" gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Wenn man die Distanz verliert, dann könnte sich dieser Film (und die Nacht danach) zum Albtraum entwickeln.Angezogen vom "Leichengeruch" des seit sieben Jahren unter einer Dürreperiode leidenden Namibias trampt der Teufel im Sommer 1990 durch die Namib-Wüste, umschlungen von einem Mantel, wie ihn die Helden des Italo-Westerns trugen, und bewaffnet mit einem Set scharfer Messer. Mit einer Polaroid-Kamera fotografiert er seine Opfer, verstümmelt sie anschließend und malt mit ihrem Blut geheimnisvolle Symbole an die Wände. Die Seelen der Ermordeten sollen dem zu Fleisch gewordenen Dämon die Kraft geben für die Rückkehr in das Reich des Geistes. Zuerst massakriert er eine "grüne Witwe", die sich ihm hingegeben hatte, dann folgt ein junger Camper, und schließlich stößt er auf die ihrem Mann davongelaufene und Selbstmord-Gedanken hegende Wendy, die sich trotz einiger merkwürdiger Erlebnisse mit dem Anhalter in die blauen Augen des Fremden verliebt. Inzwischen versucht der schwarze Polizist Ben, hinter die Motive der mysteriösen Morde zu kommen und sucht Rat bei dem scheinbar verrückten Autokino-Vorführer Joe Niemand, der ihn in die Geheimnisse afrikanischer Magie einweiht und andeutet, daß man den Dämon nur mit Hilfe eines magischen Stabes bezwingen könne. Während Ben sich an die Spuren des Mörders heftet, wird Wendys Ehemann Mark auf der Suche nach seiner Frau in einer Kneipe von Schwarzen zusammengeschlagen. In derselben Nacht entdeckt Wendy im Gepäck ihres Liebhabers ein Kästchen mit abgeschnittenen Fingern. Der Dämon stürzt sich auf sie, aber Wendy kann ihm entkommen, verursacht allerdings einen Autounfall, den der Satan zu einem wahren Inferno ausdehnt. In der Wüste wird sie von einem Sandsturm, den ihr Verfolger entfacht hat, fast begraben. Schließlich trifft sie in einer Geisterstadt auf Ben und den Teufel, der den Polizisten niedersticht. Im Todeskampf legt Ben ihm den magischen Stock vor die Füße, und Wendy schießt ihm den Kopf von den Schultern. Als sie zum Highway zurückgeht, entdeckt sie ihren an den Polizeijeep gefesselten Mann. Aber statt ihn zu befreien, überläßt sie ihn der Wüste - denn der "Dust Devil" ist mittlerweile in ihren Körper eingedrungen. Und so vollzieht sich die Prophezeiung des Dämons: "Ich komme von der anderen Seite des Spiegels - ich komme aus Dir."Für den Zuschauer setzt sich damit der Albtraum fort, denn Richard Stanley, der mit seinem Debütfilm "Hardware" (fd 28 584) schon an die Grenzen des Erträglichen gegangen war, versteht es ausgezeichnet, auf der Klaviatur unbewußter Ängste zu spielen, der Faszination des Bösen Tribut zu zollen. Aus australischen und neuseeländischen Horrorfilmen kennt man diese aus dem Zusammenklang zwischen Natur und Mystik entstehende Bedrohung, die hier durch einige Splatter-Effekte wie herausgerissene Herzen, abgehackte Hände und zuckende Rümpfe noch verstärkt werden. Aber abgesehen von diesen harten, wenn auch dramaturgisch stimmigen "Einschüben" verläßt sich Stanley ganz auf die visionären Bilder seines Kameramannes, hinter deren optischer Brillanz immer ein Hauch Morbidität lauert. Genauso beunruhigend ist der Soundtrack von Simon Boswell, der afrikanische Rhythmen mit aus Italo-Western entliehenen Klängen elektrischer Gitarren verbindet. So gehen Bild und Ton eine den Zuschauer ständig irritierende und in fieberhafte Spannung versetzende Partnerschaft ein, die ihm selten Ruhepausen gönnt. Denn wenn Stanley einmal seine Protagonisten für kurze Zeit verläßt, dann konfrontiert er den Zuschauer wie beiläufig mit den politischen Realitäten eines Landes, das von den Spuren des Kolonialismus' gezeichnet ist. Aber das sind nur Marginalien in einem teuflischen Spiel, dessen ausgezeichnete Hauptdarsteller mit dazu beitragen, daß man ab und an vergißt, daß es sich hier um Fiktion handelt. Der gleichzeitig bedrohliche und anziehende Sex des geradezu satanisch spielenden Robert Burke trifft genauso den Punkt wie Chelsea Fields herber Charme. Nur Marianne Sägebrecht als (deutsche?) Obduziererin - in der Originalfassung offensichtlich ein Verweis auf die vielen in Namibia untergetauchten Nazi-Schergen - fällt durch ihr blasses Spiel und ihre hölzerne Stimme etwas aus dem Rahmen. Das gilt übrigens für die gesamte deutsche Synchronisation, die der Qualität des Originals nie gerecht wird und der Perfektion der Vorlage durch ihre Schluddrigkeit keinen guten Dienst erweist.
Kommentar verfassen