© Piffl Medien (Maren Eggert in „Orly“)

Filmreihe: In Transit

Der Frankfurter Flughaften feiert 2024 seinen 100. Geburtstag, was das Deutsche Filminstitut & Filmmuseum (DFF) mit sechs Filmen mit dem Hauptthema „Transit-Bereich“ ehrt.

Veröffentlicht am
16. Oktober 2024
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Der Frankfurter Flughafen feiert 2024 seinen 100. Geburtstag. Das DeutscheFilminstitut & Filmmuseum (DFF) ehrt dieses Jubiläum mit sechs ausgewählten Filmen, die ab Oktober ausgestrahlt werden. Gemeinsam ist der gesamten Filmreihe das Thema Transit-Bereich, der auf unterschiedlichste Weise als Schauplatz der Filme fungiert.

Auf den ersten Blick scheint es gar nicht so leicht, an Flughäfen eine ruhige Minute zu finden. Menschen wuseln umher, versuchen, ihren Flug zu erwischen und ein Gepäckstück rechtzeitig abzugeben. Niemand möchte seinen Anschluss verpassen und kümmert sich dabei nicht unbedingt um seine Mitmenschen. Dadurch entsteht eine öffentliche Anonymität, die manch einer ausnutzt.

Orly“, gedreht im gleichnamigen Flughafen in Paris, versucht, diese Namenlosigkeit mithilfe von drei Liebesgeschichten einzufangen. Zunächst zögerlich, später etwas gewagter, sucht die Kamera sich ihre Opfer, wobei auch der Zuschauer gefragt wird, mitzuhelfen. Es ist ein Wimmelbild, woraus sich die Geschichten schließlich zufällig zu ergeben scheinen. Tatsächlich weiß die Kamera aber genau, auf wen sie ihren Fokus legen will. Die verschiedenen Facetten der Liebe sind ihr Fokus, gepaart mit einem Hauch von Zufall, der offen lässt, was seine Opfer denken. Den Film eröffnet Regisseurin Angela Schanelec mit einer Frau namens Sabine, welche sich ihren Weg in den Flughafen sucht. Ihr begegnet man immer wieder im Verlauf des Filmes, und auch sie hat eine kleine Liebesgeschichte in Form eines Briefes zu erzählen.

Der Kamerawinkel verändert sich und zwei Menschen treten ins Bild, die sich zufällig nebeneinandersetzen. Schnell wird klar, dass sie sich gut miteinander verstehen. Es entsteht eine Art Einigkeit darüber, dass die eigenen Wünsche und Träume nicht unbedingt dem entsprechen, wo sie ihr nächster Flug hinführt. Dann ist da ein Liebespaar, das seine Aufmerksamkeit dadurch erregt, dass ihre Liebe zu erlöschen scheint. Während die Gesprächsversuche bei ihrem Liebsten abprallen, hängt der lieber an seinem Handy. Die dritte Geschichte handelt von einer Frau, welche ihr Kind zu der Beerdigung ihres Ex-Mannes, seines Vaters, begleitet. Während sie ihm die romantischen und zum Teil erotischen Einzelteile ihrer Beziehung mit dem Mann, den sie einst liebte, offenbart, scheint ihr Sohn eher zurückhaltend. Zu Recht, offenbart er ihr doch am Ende, dass er schwul ist. Eine Momentaufnahme des alltäglichen Lebens, dessen aufgenommene Ereignisse allerdings einen großen Einfluss auf die jeweiligen Menschen haben könnte.

Auch „Terminal“ mit Tom Hanks ist Teil der Reihe (© UPI)
Auch „Terminal“ mit Tom Hanks ist Teil der Reihe (© UPI)

Gefangen am Flughafen

Ein anderer der vom DFF ausgewählten Filme fokussiert dagegen auf die Situation eines einzelnen Menschen, dessen Leben auf einmal aus den Fugen gerät. Viktor Navorski, gespielt von Tom Hanks, wird in „The Terminal“ nach seiner Ankunft am New Yorker Flughafen offenbart, dass nach seinem Aufbruch im Heimatland eine Revolution ausgebrochen ist. Der osteuropäische Tourist versteht aber zu Beginn gar nicht, was dieser Polizeibeamte von ihm möchte, und muss erst durch Kurzmeldungen der Flughafenbildschirme feststellen, warum er den Transitbereich des JFK International Airport nicht mehr verlassen darf. Aus dem zunächst niedergeschlagenen Mann wird ein Überlebenskünstler, der sich sogar mit den unbequemen Sitzbänken arrangieren kann.

Aus der tragischen Situation entwickelt sich ein freundlich-spielerisches Leben als Transit-Bewohner, während der Film von Steven Spielberg die tragische Dimension eines solchen Lebens kaum thematisiert. Auch psychologische Aspekte wie die mentale Belastung und fehlender Privatsphäre, der man an solch einem Ort oft ausgesetzt ist, kommen zu kurz. Dabei verarbeitete er die wahre Geschichte eines Iraners, der in Frankreich Asyl beantragen wollte, als ihm am Pariser Flughafen Charles de Gaulle seine Papiere geraubt wurden. Da niemand wusste, wie mit ihm verfahren werden sollte, ließ man ihm auf dem Terminal 1 zurück, wo er seit 1988 dann auch lebte.

Spielberg konnte also mit seinem Film trotz der Änderungen bei der Hauptfigur ein aktuelles Problem in der Asylkrise aufgreifen, zog sich aber darauf zurück, der tragischen Situation etwas Gutes abzugewinnen. „Orly“ hingegen geht auf aktuelle Themen der zwischenmenschlichen Beziehungen und wie man mit ihnen umgeht ein. Angela Schanelec kann mit ihrem Fokus auf die Liebe Hoffnung wecken und dazu auffordern, den eigenen Träumen zu folgen, sowie dafür sensibilisieren, dass eine einzige Begegnung das Leben zweier Menschen auf den Kopf stellen kann.


Hinweis:

Alle Termine der Filmreihe finden sich hier.


Alle Filme:

15.10. Terminal

19.10./20.10. Tor zum Himmel

23.10. Happiness is a Warm Gun

24.10. Zentralflughafen THF

26.10. Worlds Apart

29.10. Orly

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