Beim 45. Filmfestival Max Ophüls Preis (22.-28.1.2024)
gewann der Film „Jenseits der blauen Grenze“ von Sarah Neumann den Preis der
Ökumenischen Jury. Der Hauptpreis des Festivals für den besten Spielfilm ging
an „Electric Fields“ von Lisa Gertsch.
Im Sommer 1989 steht die junge Hanna (Lena Urzendowsky) vor einer schweren Entscheidung. Jahrelang hat die Schwimmerin hart trainiert und kann damit rechnen, auch im DDR-Schwimmkader ganz vorne mit dabei zu sein. Doch als sie zusammen mit ihrem Freund (Willi Geitmann) ins Visier der Stasi gerät, zählt das alles plötzlich nicht mehr so viel. Für die beiden steht bald fest, dass ihre einzige Chance in der Flucht Richtung Westen besteht. Sie wollen die Grenzen zur Bundesrepublik schwimmend überqueren. Vor ihnen liegen 50 Kilometer Wasser, das sie zusammen bewältigen müssen, nur verbunden durch eine dünne Schnur an ihrem Handgelenk.
„Jenseits der blauen Grenze“ von Sarah Neumann fußt auf einem autobiografischen Roman von Dorit Linke, die 2015 mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde. Die Ökumenische Jury beim Max Ophüls Preis Festival votierte für den Film, weil sich in ihm eine große erzählerische Kraft mit einer universellen Relevanz verbindet.
Das könnte Sie auch interessieren
- Surreal: „Franky Five Star“ in Saarbrücken
- Inseln & Identitäten. Das 44. MOP-Festival
- Gender, Queerness & die Gewalt zwischen den Geschlechtern
„Die überwältigende Kraft des Films“, heißt es in der Jurybegründung, „liegt in der tiefgründigen Darstellung der aufopferungsvollen und selbstlosen Natur der Freundschaft. Die Hauptfigur steht an dem existenziellen Scheideweg ihres Lebens. Auf der einen Seite locken die sportliche Karriere und die Verbundenheit zur Familie und Heimat, während auf der anderen Seite Freiheit und tiefgreifende Freundschaft stehen. Diese dualistische Struktur spiegelt die Konflikte wider, denen Menschen immer wieder auf ihrer Lebensreise begegnen können. Die Zuschauenden geraten auf eine emotionale Achterbahnfahrt und werden Zeugen der inneren Kämpfe der tragenden Figuren.
Die subtile Inszenierung und die beeindruckende schauspielerische Leistung verleihen diesem Film eine einzigartige Intensität. Die Kameraführung, die Bildsprache und die Musik unterstreichen die inneren Konflikte und machen sie hautnah erlebbar. Es ist bemerkenswert, wie der Film es schafft, die verschiedenen Ebenen der menschlichen Existenz zu durchdringen und dabei gleichzeitig ein anspruchsvolles filmisches Niveau zu halten. Die Botschaft des Films ermutigt, wahre Freiheit in menschlichen Beziehungen und tiefer Freundschaft zu finden.“
Mitglieder der Jury waren Georgi Abashishvili, Philipp Huch-Hallwachs, Sabrina Maas und Tamás Novák. Der Ökumenische Preis ist mit 2500 Euro dotiert. Insgesamt wurde bei dem Festival 18 Auszeichnungen in einer Gesamthöhe von 118.500 Euro verliehen, darunter auch der mit 36.000 Euro dotierte Preis für den besten Spielfilm, den die Schweizer Regisseurin Lisa Gertsch für ihren Film „Electric Fields“ gewann. „Electric Fields“ wurde auch für das beste Drehbuch und mit dem Preis der Filmkritik als Bester Spielfilm ausgezeichnet.
Wenn Träume wahr werden
„Electric Fields“ erzählt von einem Mann, der im Wald verschwindet. Aber aus unerklärlichen Gründen passiert noch viel mehr Unvorhergesehenes. Eine ganze Jahreszeit löst sich auf, Liebende überwinden die Zeit und als die Menschen am Morgen aufwachen, ist alles anders als zuvor. Unerklärliche Dinge geschehen: Ein Radio weckt einen Toten zu neuem Leben, eine Glühbirne lässt sich nicht mehr ausschalten und eine Zimmerpflanze erweist sich als wunderbarer Zuhörer. Die Verschiebungen im Regelwerk der Welt gehen durch alle Schichten der Gesellschaft und locken die Figuren an fremde Orte, wo sich verrückte neue Möglichkeiten auftun.
Der in Schwarz-weiß gedrehte Film besteht aus sechs Episoden. In der Begründung hob die Internationale Jury besonders hervor, dass der Film mit einer traumwandlerisch sicheren Ästhetik und einer enormen inszenatorischen Präzision eine zeitlose Welt erschaffe. Das Spiel mit den unerfüllten Träumen der Menschen mündet in einen kollektiven Impuls, der sich mit den alten Realitäten nicht mehr zufriedengeben will.
Als bester Schauspielnachwuchs wurden Willi Geitmann für seine Rolle in „Jenseits der blauen Grenze“ und Joshua Bader für seine Rolle in „Söder“ von Raoul Bruck ausgezeichnet. Der Preis für den gesellschaftlich relevanten Film ging an Hannes Schilling für „Good News“ über einen Journalisten, der zu allem bereit ist, um über eine Rebellengruppe in Thailand zu berichten. Die Filmemacherin Lara Milena Brose erhielt für „Echoes from Borderland“ über Afghanistan-Flüchtlinge in Bosnien-Herzegowina den Preis für den besten Dokumentarfilm.
Die Preise des 45. Festival Max Ophüls Preis
Bester Spielfilm: „Electric Fields“ von Lisa Gertsch
Beste Regie: Sara Summa für „Arthur & Diana“
Bestes Drehbuch: Lisa Gertsch für „Electric Fields“
Bester Schauspielnachwuchs: Willi Geitmann in „Jenseits der blauen Grenze“ und Joshua Bader in „Söder“
Bester Dokumentarfilm: „Echoes from Borderland“ von Lara Milena Brose
Preis für den gesellschaftlich relevantesten Film: „Good News“ von Hannes Schilling
Publikumspreis Spielfilm: „Jenseits der blauen Grenze“ von Sarah Neumann
Publikumspreis Dokumentarfilm: „Der Wunsch“ von Judith Beuth
Preis der Jugendjury: „Gotteskinder“ von Frauke Lodders
Preis der Filmkritik – Bester Spielfilm: „Electric Fields“ von Lisa Gertsch
Preis der Filmkritik – Bester Dokumentarfilm: „Exile never ends“ von Bahar Bektaş
Preis der Ökumenischen Jury: „Jenseits der blauenGrenze“ von Sarah Neumann