© IMAGO/United Archives (Götz George in „Aus einem deutschen Leben“)

Aus einem deutschen Leben (NDR fernsehen)

Sachlich gehaltenes Drama über den Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß - am 27.1., 23.15-01.35 Uhr, im NDR fernsehen

Aktualisiert am
16.01.2025 - 11:30:46
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Mit „The Zone of Interest“ sorgte der britische Regisseur Jonathan Glazer 2023 für Aufregung, indem er das Dasein des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß ganz aus der Perspektive von dessen Familie darstellte, die in Sichtweite des Todeslagers ihr kleinbürgerliches Idyll lebt. Weniger radikal als betont sachlich und distanziert ging hingegen der deutsche Regisseur Theodor Kotulla vor, als er sich für seinen Film „Aus einem deutschen Leben“ in den 1970er-Jahren mit Höß beschäftigte. Mit dem seinerzeit im Kino abgemeldeten Götz George fand er einen idealen Darsteller für Höß, der im Film Franz Lang genannt wird: sich immer wieder als Identifikationsfigur für die Zuschauer anbietend, um durch seinen Werdegang und seinen blinden Autoritätswahn dann vor den Kopf zu stoßen.

Kotulla erzählt den Lebensweg anhand charakteristischer Situationen, die auch auf andere Männer aus Höß’ Generation verweisen: Als 16-Jähriger meldet er sich freiwillig für den Ersten Weltkrieg, danach ist er Teil der rechtsterroristischen Freikorps, sitzt im Gefängnis, tritt zur Zeit der aufstrebenden NSDAP der SA bei, wird durch die Vermittlung von Heinrich Himmler (Hans Korte) Gutsarbeiter und Verwalter und schließlich 1940 der Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz. Dabei hinterfragt er die Taten, die ihm befohlen werden, moralisch nicht und gesteht in einem der seltenen Fälle, in denen seine Frau (Elisabeth Schwarz) Zweifel an seinem Tun äußert, offen ein, dass er auf Befehl des „Führers“ auch eines seiner Kinder töten würde. Unter Verwendung von analytisch-dokumentarischen Passagen und ergänzend dramatisierten Spielfilmszenen entsteht ein beachtlicher Versuch der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit, die nüchtern und doch teilnahmsvoll verfolgt werden kann. – Sehenswert ab 14.

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