Während durch die Straßen von Paris moderne
Polizeitransporter mit Blaulicht jagen, stecken zwei Deutsche, die vor den
Nazis geflohen sind, im Halbdunkel einer Bar die Köpfe zusammen. Einer legt ein
Bündel Briefe auf den Tresen. In Sütterlinschrift. Schon die erste Szene von
„Transit“ ist voller Anachronismen. Zweiter Weltkrieg. Die Wehrmacht
ist in Paris einmarschiert, Massenflucht in den unbesetzten Süden Frankreichs, etwa
in die Hafenstadt Marseille. Anders als im Fall der DDR in „Barbara“ (2012)
oder beim zerbombten Nachkriegs-Berlin in „Phoenix“ (2014) zeigt die Kamera von
Hans Fromm aber das Frankreich von heute.
Es ist bekannt, dass
Sie den Schauspielern vor Drehbeginn Filme zeigen, die zu ihren Rollen passen.
Der Roman „Transit“ von Anna Seghers spielt 1940/41 in Marseille unter lauter Menschen,
die vor den Nazis geflohen sind. Haben Sie ihren Hauptdarstellern Paula Beer
und Franz Rogowski vorab „Casablanca“ gezeigt?
Christian Petzold: Ich mag „Casablanca“ sehr. Interessanterweise
erfuhr Anna Seghers, nachdem sie auf der Schiffspassage von Marseille nach
Amerika den Roman geschrieben hatte, von dem „Casablanca“-