Drama | USA 2010 | 112 Minuten

Regie: Derek Cianfrance

Anfang und Ende eines Paares, das sich in jungen Jahren findet, heiratet und eine Tochter zur Welt bringt, letztlich aber an den Anforderungen des Alltags scheitert. Eine bittere Liebesgeschichte, die zwei Zeitebenen miteinander kreuzt und der Euphorie des Kennenlernens die Melancholie des Abschieds gegenüberstellt, um den vermeintlich unausweichlichen Sieg der Zeit über die Liebe zu beklagen. Formal überzeugend und hervorragend gespielt, hinterlässt der Fatalismus des Films einen schalen Nachgeschmack. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BLUE VALENTINE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2010
Produktionsfirma
Silverwood Films/Hunting Lane Films
Regie
Derek Cianfrance
Buch
Derek Cianfrance · Cami Delavigne · Joey Curtis
Kamera
Andrij Parekh
Musik
Grizzly Bear
Schnitt
Jim Helton · Ron Patane
Darsteller
Ryan Gosling (Dean) · Michelle Williams (Cindy) · Faith Wladyka (Frankie) · Mike Vogel (Bobby) · Marshall Johnson (Marshall)
Länge
112 Minuten
Kinostart
04.08.2011
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar des Regisseurs und des Cutters Jim Helton sowie ein Feature mit vier im Film nicht verwendeten Szenen (20 Min.).

Verleih DVD
Senator/Universum (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Senator/Universum (16:9, 1.78:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Diskussion
In „Andrej Rubljow“ (fd 2492) erzählt der russische Regisseur Andrej Tarkowskij vom Leben des gleichnamigen Ikonenmalers, der im finstersten Mittelalter seine Kunstwerke schuf. Analog zur kargen, menschenunfreundlichen Welt, in der er spielt, ist der Film komplett in Schwarz-Weiß gehalten – bis am Ende, gleichsam als Coda, Rubljows Ikonen in Farbe zu sehen sind. Die Schönheit dieser Bilder funktioniert dabei weniger als Kontrapunkt zur freudlosen Wirklichkeit, relativiert vielmehr alle Entbehrungen und verleiht ihnen nachträglich Sinn. Den Schluss von „Blue Valentine“ kann man ähnlich interpretieren: Nachdem die Ehe von Cindy und Dean an einem 4. Juli unwiderruflich in die Brüche gegangen ist, blendet Regisseur Derek Cianfrance Bilder der hellsten Momente ihrer Beziehung über das Feuerwerk, als würde das Glück jener Augenblicke das Elend der Trennung aufwiegen. Im Grunde erzählt „Blue Valentine“ eine einfache Liebesgeschichte. Der Hilfsarbeiter Dean lernt in einem Altersheim Cindy kennen, die dort ihre Großmutter besucht. Die beiden verlieben sich, werden ein Paar und bald auch Eltern, obwohl Cindy sich nicht sicher sein kann, wessen Kind sie zur Welt bringt. Doch wenige Jahre später ist der Zauber des Anfangs verflogen. Auch wenn beide ihre Tochter innig lieben, haben sie füreinander nur noch wenig übrig. Eine gemeinsame Nacht in einem Hotelzimmer soll die Wende bringen, besiegelt aber das endgültige Aus. So gewöhnlich das Geschehen, so ungewöhnlich die Struktur des Films, denn die Prozesse der Kennenlernens und der Trennung verlaufen parallel zueinander. Während die Chronologie der letzten 24 Stunden ihrer Beziehung sukzessive all jene seelischen Wunden aufdeckt, die Dean und Cindy im Lauf der Jahre erlitten haben, lassen die Rückblenden am Miteinander zweier junger Leute teilhaben, die es zwar nie leicht hatten, aber ineinander die Hoffnung auf einen neuen Anfang, ein besseres Leben zu zweit bzw. zu dritt finden. Die Jahre, die zwischen Euphorie und Depression liegen, werden ausgespart. Es geht nicht um die Psychologie des Auseinanderdriftens, auch nicht um Fragen der Schuld. Zwar suchen Dean und Cindy nach Gründen für ihr Versagen als Paar – vorzugsweise beim anderen –, aber die Summe ihrer Fehler ergibt nicht zwangsläufig eine gescheiterte Ehe. Der Inszenierung geht es vielmehr um den Gegensatz zwischen den Verheißungen der Jugend und den Enttäuschungen des Erwachsenenlebens. Dean und Cindy sind müde und ausgebrannt, als man sie zum ersten Mal zu Gesicht bekommt, von nichts anderem als dem Alltag eines berufstätigen Paares mit Kind und Haus. Ihre Existenz ist bar jeder Extravaganz und lastet doch als Tonnenlast auf ihren Schultern. Wenn der Szenenwechsel dann in die Vergangenheit führt, lernt man zwei verspielte, optimistische Menschen kennen, die zwar nicht auf der Sonnenseite des Lebens groß geworden sind; ihre Familien waren kein Hort der Harmonie, und Geld war für sie immer schon ein knappes Gut. Doch beide sind bereit, alle Herausforderungen anzunehmen, speziell in Form von Cindys ungewollter Schwangerschaft. Doch warum kapitulieren sie dann wenige Jahre später und führen reine Rückzugsgefechte? „Blue Valentine“ verweigert spezifische Antworten und liefert stattdessen eine allgemeine, aber umso überzeugendere: Zeit ist vergangen. Menschen mit einer langen Vergangenheit sind in diesem Film bemerkenswert präsent, etwa in Gestalt von Cindys Großmutter oder der eines alten Mannes, dem Dean beim Umzug ins Seniorenheim hilft. Die Fragen, die die jungen Leute den alten stellen, verlängert die Perspektive des Films über den Lebensabschnitt der jungen Erwachsenen hinaus. Was können wir noch erwarten, wenn uns schon zur Halbzeit des Lebens die Kondition ausgeht? Wer wird uns noch lieben, wenn der Zahn der Zeit alles Liebenswerte aus unserem Antlitz genagt hat? Erstaunlicherweise liegt ausgerechnet in der Darstellung der Greise eine Spur von Trost. Allen Zumutungen des Alters zum Trotz scheinen sie ihr Leben gelebt zu haben und im Angesicht ihrer Vergänglichkeit von den Momenten zu zehren, die ihr Dasein definiert haben. Ansonsten ist „Blue Valentine“ ein Film, der die Bitternis sucht. Mit kargen Bildern und harten Schnitten entwirft Cianfrance eine unbarmherzige Welt, die großen Gefühlen keine Bühne bietet und in der sich Niederlagen beinahe zwangsläufig einstellen. Einzig das finale Feuerwerk entlässt den Zuschauer mit einem Funken Hoffnung, dass mit jedem Moment des Glücks die Liebe die Zeit besiegt. Aber kann man sich mit einer solch fatalistisch-esoterischen Sicht der Dinge zufrieden geben, wenn der Bestand einer Familie auf dem Spiel steht? „Blue Valentine“ ist jedenfalls kein Film, der gegen den Stand der Dinge revoltiert, kein Film, der Mut macht, sondern kunstvoll den Status quo beklagt.
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