Drama | Deutschland/Österreich 2008 | Kino: 151 TV: 180 (zwei Teile: 90/90)

Regie: Heinrich Breloer

Ornamentale Verfilmung von Thomas Manns Jahrhundertroman über den "Verfall einer Familie" in der Hansestadt Lübeck des 19. Jahrhunderts. Die nachwachsende Generation kann angesichts der sich wandelnden ökonomischen und sozialen Verhältnisse die angestammte Macht sowie das Kapital, denen sich alle Gefühle unterzuordnen haben, nicht konservieren. Die berühmte Seelengeschichte des deutschen Bürgertums wurde für diese Kinofassung auf einen moderat unterhaltsamen, opulent ausgestatteten, insgesamt aber allzu rastlos erzählten "Amphibienfilm" eingekürzt, der von einigen schauspielerischen Glanzlichtern lebt, ansonsten aber den Roman nur pflichtschuldig bebildert, ohne ihn zu interpretieren oder mit Leben zu füllen. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
BUDDENBROOKS
Produktionsland
Deutschland/Österreich
Produktionsjahr
2008
Produktionsfirma
Bavaria/Colonia Media/Pirol Film/WDR/NDR/SWR/BR/Degeto/ORF/ARTE
Regie
Heinrich Breloer
Buch
Heinrich Breloer · Horst Königstein
Kamera
Gernot Roll
Musik
Hans Peter Ströer
Schnitt
Barbara von Weitershausen
Darsteller
Armin Mueller-Stahl (Konsul Jean Buddenbrook) · Jessica Schwarz (Tony Buddenbrook) · August Diehl (Christian Buddenbrook) · Mark Waschke (Thomas Buddenbrook) · Iris Berben (Konsulin Bethsy Buddenbrook)
Länge
Kino: 151 TV: 180 (zwei Teile: 90
90)
Kinostart
13.03.2025
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Drama | Literaturverfilmung
Externe Links
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Heimkino

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Verleih DVD
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Ornamentale Verfilmung von Thomas Manns Jahrhundertroman über den "Verfall einer Familie" in der Hansestadt Lübeck des 19. Jahrhunderts.

Aktualisiert am
06.03.2025 - 16:11:23
Diskussion

Man kann am Ende, wie es in den „Buddenbrooks“ heißt, nicht fünf Beine auf ein Schaf verlangen. Der Anspruch an eine Verfilmung dieses „deutschen Hausbuchs“ (Heinrich Breloer) und Jahrhundertromans über den „Verfall einer Familie“ sollte also nicht unangemessen hoch liegen. Schön wäre es natürlich, wenn gelingen könnte, was Luchino Visconti gleich zweifach in „Der Leopard“ und „Tod in Venedig“ geglückt ist: einen Text nicht einfach abzubilden, sondern in wirkliche Bilder zu verwandeln und einen originellen visuellen Ausdruck für den Stil oder den Geist der Vorlage zu finden. Bei Visconti handelte es sich um Glücksfälle. Und auch wenn Heinrich Breloer schon viel Erfahrung mit seinen Fernseharbeiten, insbesondere Doku-Dramen, vorweisen kann, ist er als Spielfilmregisseur doch ein Debütant.

Umgekehrt muss bei einem Werk wie den „Buddenbrooks“ aber wenigstens der Mindestanspruch erfüllt werden: sich mit der Vorlage ansatzweise auf Augenhöhe zu befinden, nichts Wesentliches zu unterschlagen und wie seinerzeit das Buch eine Seelengeschichte des deutschen Bürgertums auch für unsere Zeit zu erzählen. Vier Beine auf ein Schaf sollte man also, mit Thomas Mann gesprochen, durchaus verlangen dürfen.

Ein Idyll des guten Lebens

Die Titelschrift ist zu Beginn gleich voller Ornamente; die Bilder sind in warmes Goldgelb und freundliches Pastell getaucht – anfangs zumindest erscheint die Welt in Lübeck noch in Ordnung. Dass das nicht so bleiben wird, verrät schon der Untertitel des Romans von Thomas Mann: „Verfall einer Familie“. In der Verfilmung von Breloer wird dies ein Unkundiger zunächst kaum für möglich halten; zu ungebrochen erscheint ein Idyll des guten Lebens in einer hanseatischen Stadt des 19. Jahrhunderts.

Auf einen Off-Erzähler, der manches raffen, einordnen oder einen Nebenstrang mit zwei Sätzen abhandeln könnte, hat Breloer verzichtet; man bekommt, was man sieht, nicht mehr. Das tut der Romanhandlung wohl um der Orientierung willen einige Gewalt an. Eine ganze – die erste – Generation ist kommentarlos weggefallen, ein, zwei Episoden wurden auf andere Familienmitglieder umgelagert, die Kinderzahl des Konsuls wurde von fünf auf drei zurechtgestutzt, und Tony Buddenbrook hat keine Tochter mehr. Man möchte fast von einer kleinbürgerlichen Übersichtlichkeit sprechen, die hier vorherrscht; auch stilistisch ist hier der Einfluss des Fernsehens spürbar, das die „Buddenbrooks“-Verfilmung als „Amphibienfilm“ finanzierte und als Zweiteiler ausgewertet hat.

Das Geld will sich verwandeln

Der persönlichen Note des Regisseurs ist es zu verdanken, dass er das Geld und seine Rolle im Roman zu seinem Recht kommen lässt: „Das Geld will sich verwandeln. Als ob’s lebendig wäre.“ Solche Sätze hört man öfters, wie überhaupt das ganze Szenario von ökonomischer Überdehnung und Krisenbewusstsein, von Macht und Kapital, denen sich die Gefühle unterzuordnen haben und denen die Menschen letztlich zum Opfer fallen, der Weltfinanzkrise des Jahres 2008 nicht bedurft hätte, um beklemmend aktuell zu erscheinen.

Es gelingt Breloer, den Roman als Studie über die Psychologie von ökonomischem Erfolg und Kaufmannsmoral zu lesen – was der Absicht von Thomas Mann, einem interessierten Leser von Karl Marx und Max Weber, durchaus angemessen ist. Breloer spielt die Motivik des Gegensatzes von Kunst und Kapital, kaufmännischem Pragmatismus und romantischer Sehnsucht in verschiedenen Varianten durch. Sein heimlicher Held wird dabei der von Mark Waschke eindringlich gespielte Thomas Buddenbrook. Wenn der mit Fleiß und Anstand die eigenen Schwächen niederringt und doch an ihnen scheitert, dann erschließt sich das Drama einer ganzen Gesellschaft, die mit einem Modernisierungs- und Globalisierungsschub konfrontiert ist. Aber auch die Depression des Erfolgs, das Unvermögen, auf Dauer mit der Zeit Schritt zu halten, und dessen Kompensation durch hohlen Optimismus.

Demgegenüber bleibt die Schwester Tony (Jessica Schwarz) blass und rückt als Sympathieträgerin mehr und mehr in den Hintergrund. Was auch daran liegt, dass der Film diese wichtige Figur anfangs kaum etabliert, ehe sie in die Zwangsheirat mit dem Phrasendrescher Grünlich (Justus von Dohnányi) einwilligt – wofür sich der Roman über 100 Seiten Zeit nimmt.

Ein unsteter Fluss

Überhaupt wirkt Breloers Erzählweise rastlos. Der Film lässt sich nie Zeit, er atmet nicht, besitzt keinen Bogen. Viel zu selten wird das Bild geöffnet. Selbst die Ballszene bei Kerzenschein gleich zu Beginn, deren Intention es womöglich war, Assoziationen an Visconti oder Stanley Kubrick zu wecken, wirkt eng und begrenzt. Eine der emotional gelungensten Szenen ist ausgerechnet die letzte, als die Kamera noch einmal durch das nunmehr leere Haus wandert und Momente voller Melancholie einfängt. Dem Einfluss des Fernsehens ist sicher auch die ermüdende Redundanz geschuldet, mit der Dialoge im Schuss-Gegenschuss-Muster erzählt, Halbtotalen und überhaupt jedes längere Verweilen in einem Bild aber tunlichst vermieden werden.

Dafür, dass der Film als Breloers „Herzensprojekt“ angekündigt wurde, wirkt er ziemlich herzlos. Es ist eher eine Pflichterfüllung, die den Roman bebildert, aber nicht interpretiert und mit Leben füllt, durchaus vergleichbar mit der Fernsehfassung von Franz Peter Wirth aus dem Jahr 1978, die sich sehr genau an der Malerei des 19. Jahrhunderts orientierte und der wunderbar eindringliche Bildkompositionen gelangen. Was bei Breloer fehlt, ist ein eigener Blick, irgendeine Überraschung. Sein „Buddenbrooks“ sieht so aus, wie jede andere Romanverfilmung auch aussehen könnte.

Schmunzelhumor & Kitschgeplätscher

Was man ebenfalls vergeblich sucht, ist jene spezifische Ironie, die den Stil von Thomas Mann kennzeichnet, die durchaus ätzend sein und sich durch geistige Durchdringung eines Gegenstands von ihm distanzieren konnte. Sie wird bei Breloer gelegentlich durch Schmunzelhumor und behäbigen Ernst ersetzt. Wirklich störend ist das Kitschgeplätscher der Musik, das jegliches Gefühl begleitet und die Sinne betäubt. So funktioniert alles oft mehr schlecht als recht, und gerade auch die unterhaltenden Aspekte dieses spannenden, witzigen Romans werden durch die staatstragende Grundhaltung der Inszenierung zumeist unterdrückt. Thomas Mann hätte mehr verdient.

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