Wie es der Zufall will, ereignete sich pünktlich zum US-Start von „Rendition“ im Kongress ein denkwürdiges Schauspiel. Dort setzte Bushs Kandidat fürs Justizministeramt die sicher geglaubte parlamentarische Bestätigung aufs Spiel, indem er allerlei argumentative Klimmzüge anstellte, um „Waterboarding“ nicht Folter nennen zu müssen. Im Gegensatz dazu lässt dieser Film keinen Zweifel, wie jene Praxis einzuschätzen ist. Wenn einem Gefesselten, dem ein Stoffsack über den Kopf gestülpt wurde, Wasser ins Gesicht gegossen wird, um bei ihm das Gefühl des Erstickens zu erzeugen, haben die entsprechenden Großaufnahmen in der Dramaturgie des Films einen bestimmten Platz. Als einzige Steigerung folgt ein Szenario, das geradezu prototypisch die wohl gängigsten Vorstellungen von Folter vereint: ein düsteres Kellergewölbe; ein geschundener nackter Leib; eine Stromquelle. Dabei ist die Inszenierung des Südafrikaners Gavin Hood nicht darauf angelegt, die Kinozuschauer, die sich in den letzten Jahren an Folterszenen gewöhnen mussten, durch Drastik zu schockieren. Und gerade deshalb kann die knappe Illustration des „Waterboarding“ ihre Wirkung entfalten, die alle rhetorischen Spitzfindigkeiten offizieller Verlautbarungen entkräftet.
Man mag spekulieren, dass die Filmemacher einen ähnlichen Effekt auch im Hinblick auf jenen anhaltenden Skandal beabsichtigten, den der Originaltitel beim Namen nennt. „Rendition“ heißt jene Praxis, bei der die CIA Terrorverdächtige ins Ausland verschleppt, um sie dort foltern zu lassen. Das widerfährt hier einem ägyptisch-stämmigen Chicagoer Chemiker, nachdem in einem namenlosen arabischen Land ein Selbstmordattentat verübt worden ist. Dabei werden die guten Absichten allerdings schnell durch die Eindimensionalität von Kelley Sanes Drehbuch und Hoods Inszenierung relativiert, die so wenig Zweifel an Anwars Unschuld lassen, dass die ihm vorgeworfenen Terrorkontakte gar nicht ausgeräumt zu werden brauchen. Sane und Hood lassen den adretten Familienvater selbst auf Fragen seines Folterers, die auf arabisch gestellt werden, in akzentfreiem Englisch antworten, während zu Hause, inmitten gediegener Vorstadtidylle, Reese Witherspoon als hochschwangere Ehefrau Isabella zusätzlich für die gelungene Integration des muslimischen Immigranten bürgt. Zudem bekundet ein CIA-Mann demonstrativ Skepsis an den Verdachtsmomenten, bevor seine Vorgesetzte die Verschleppung Anwars befielt und fortan eiskalt die Arroganz der Macht verkörpert.
Angesichts dieser Konstellation erscheint die Folterkritik des Films etwas plump – wozu passt, dass Hood ständig historische Symbolbauten ins Bild rückt, wenn Isabella in Washington mit Hilfe eines Studienfreundes, der nun beim Senat angestellt ist, nach dem Verbleib des Ehemannes forscht. In dem namenlosen arabischen Land spielt sich indes eine Teenie-Liebelei ab, die das Terrorthema unnötigerweise mit einem anderen Islam-Klischee verknüpft, nämlich mit einer (drohenden) Zwangsheirat. Erst nach einer überraschenden Perspektivverschiebung stellt sich heraus, dass dieser Subplot eine pragmatische Kritik an der Wirksamkeit von Folter illustriert, die der CIA-Analyst Douglas explizit ausspricht. Der hat zuvor Anwars Misshandlungen durch den örtlichen Polizeichef beiwohnen müssen, wobei eine auffällige subjektive Einstellung den Gedanken nahe legt, dass Douglas’ passive Mitverantwortung von den (westlichen) Zuschauern geteilt wird, deren Regierungen mehr oder weniger bei der „Rendition“-Praxis mitwirken. Die besagte Subjektive unterstreicht die beklommene Tatenlosigkeit des CIA-Mannes, als Anwar nach dem ersten Verhör in eine Zelle geschleppt wird, und sie lässt auch bei den Zuschauern unweigerlich Unbehagen aufkommen. Doch das ist wohlfeil, weil nie glaubhaft scheint, dass das Folteropfer mit dem Terroranschlag zu tun haben könnte, von dem eine andere auffällige Subjektive einen Augenzeugeneindruck vermittelt hat. Wirklich konsequent wäre dieses Lehrstück nur, wenn es für die Menschenrechte zwielichtigerer Terrorverdächtiger werben würde.