Ein Sommer auf dem Lande (1999)

Tragikomödie | Frankreich 1999 | 115 Minuten

Regie: Jean Becker

Die Geschichte zweier gegensätzlicher Männer, die mit Frau und Kindern in einer idyllischen Flusslandschaft im Frankreich der 30er-Jahre leben, von der Liebe träumen, das Leben genießen und ungewöhnliche Freundschaften zu einem alten Fabrikbesitzer und einem dandyhaften Städter pflegen. Eine von verhaltener Spannung und leisem Humor getragene Hymne auf die Freundschaft und die kleinen Freuden des Lebens, die in malerischen Bildern eine vergangene Epoche stimmungsvoll wiederauferstehen lässt und durch die präzise und liebevolle Figurenzeichnung einen faszinierenden "Sommer auf dem Lande" miterleben lässt. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
LES ENFANTS DU MARAIS
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
1999
Produktionsfirma
Films Christian Fechner/UGC International/Canal +
Regie
Jean Becker
Buch
Sébastien Japrisot
Kamera
Jean-Marie Dreujou
Musik
Pierre Bachelet
Schnitt
Jacques Witta
Darsteller
Jacques Gamblin (Garris) · Jacques Villeret (Riton) · André Dussollier (Amedée) · Michel Serrault (Pépé) · Isabelle Carré (Marie)
Länge
115 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Tragikomödie
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Heimkino

Verleih DVD
EuroVideo
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Diskussion
Es ist, als sei die idyllische (Familien-)Welt Marcel Pagnols neu auferstanden, nur dass die Geschichte diesmal nicht um die Jahrhundertwende in der sonnendurchfluteten Haute Provence, sondern zu Beginn der 30er-Jahre in der Marais spielt, jener grünen Moorlandschaft eines Flusstals in Mittelfrankreich. Garris hatte sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs auf die Wanderschaft begeben, von einem alten Mann Hütte und Boot geerbt und lebt jetzt schon seit zwölf Jahren in der romantischen Region. Sein Nachbar ist der etwas einfältige, aber liebenswerte Riton mit seiner ständig nörgelnden Frau und ihren drei kleinen Kindern, die Garris ins Herz geschlossen hat. Die beiden Freunde ernähren sich von dem, was die Natur ihnen bietet, und verdienen sich mit dem Verkauf von Schnecken, Fröschen und Blumen ihren bescheidenen Lebensunterhalt, den sie mit gelegentlichen Tagelöhnerarbeiten und Straßenmusik aufbessern. So, wie es die beiden ab und zu in die Stadt zieht, suchen auch Städter die Abgeschiedenheit der Natur, darunter der dandyhafte Lebemann Amedée, der sich immer erst ein Taschentuch unterlegt, ehe er sich bei Garris und Riton niederlässt, und der alte Fabrikbesitzer Pépé, der in der Marais seinen Aufstieg als Sammler von Altmetall begann. Auf der Suche nach seinen Wurzeln freundet er sich mit Garris und Riton an und geht mit ihnen auf Froschfang. Auch die Liebe hält Einzug in die Idylle: in ihrer unschuldigsten Form, als sich Ritons kleine Tochter Cri-Cri in Pépés Enkel Pierrot verliebt, wie auch als scheinbar unerreichbares Glück in Garris’ Bemühen um das schöne Dienstmädchen Marie, das von der Großstadt träumt und eines Tages nach Nizza aufbricht, um einen älteren reichen Apotheker zu heiraten. Ehe sich Garris wieder auf Wanderschaft begibt, um seine verlorene Liebe zu suchen, müssen er und Riton sich noch des rachsüchtigen Boxers Jo Sardi erwehren, der wegen eines Kneipenstreits mit Riton ins Gefängnis musste und dadurch Titel und Vermögen verspielte. Doch am Ende entsteht überraschend eine neue Freundschaft - und Cri-Cri erinnert sich Jahrzehnte später an diese bewegten Jahre, während ihr Blick über ein großes Einkaufscenter wandert, dass mittlerweile an der Stelle ihres Elternhauses errichtet wurde.

Jean Becker (u.a., „Ein mörderischer Sommer“, fd 24 491; „Elisa“, 31 640) nähert sich immer mehr dem poetischen Realismus seines Vaters Jacques Becker (u.a. „Goldhelm“, fd 1991), den er hier mit „märchenhaften“ Zügen erweitert. Auch seine nach „Ein mörderischer Sommer“ erneute Zusammenarbeit mit dem eigentlich auf Kriminalstoffe spezialisierten Sébastien Japrisot erweist sich als Glücksfall: Japrisots prägnante Figurenzeichnung, sein Sinn für beiläufige Spannung und verhaltenen Humor ergänzen sich kongenial mit Beckers unprätentiösem, aber präzisem Inszenierungsstil. Während die Personen immer im Mittelpunkt stehen, „malt“ die Kamera in wunderschönen Scope-Bilder die Landschaft, umschmeichelt die Figuren, ohne sich ihnen aufzudrängen. Das lässt dem Zuschauer die Möglichkeit, die Geschichte einerseits wie ein Bilderbuch längst vergangener Zeiten zu betrachten, sich andererseits beim Blättern darin in die Figuren zu verlieben, weil sich die Schauspieler stets Zeit nehmen zu einer Unterhaltung und einem Schluck guten Weins. Wenn Amedée auf einem Grammofon mitten im Moor eine Schellack-Platte mit einem Louis-Armstrong-Song abspielt und sich seine Begeisterung auf Garris und Riton überträgt, wenn Marie davon träumt, ihr Haar wie Jean Harlow zu tragen, und Cri-Cri mit Garris über das Glück und den Schmerz der (ersten) Liebe „philosophiert“, dann macht der Film auf zärtliche und humorvolle Weise bewusst, was es bedeutet, die kleinen und großen Freuden des Lebens zu genießen. Denn wie Pépé einmal verbittert bemerkt, haben die Menschen verlernt nachzudenken, und so wird auf den Soireés der Neureichen auch schon schamlos über Gewinne geredet, die der drohende Krieg mit Hitler verspricht. Neben vielen inszenatorischen Kabinettstücken ist es ist vor allem das großartige Zusammenspiel der Schauspieler, das fasziniert. Michel Serrault fügt sich ohne Star-Allüren ins Ensemble ein, was den Film zu einem altmodischen, letztlich aber umso nachhaltigeren Vergnügen macht.
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