Die Schutzengel (1995)

Komödie | Frankreich 1995 | 111 Minuten

Regie: Jean-Marie Poiré

Ein Nachtclubbesitzer holt den Sohn eines Freundes aus Hongkong nach England, wobei er sich der Hilfe eines Priesters bedient. Als beide mit der Moral in Konflikt kommen, treten zwei "Schutzengel" auf, die sie stets zu neuen Schandtaten anstiften. Eine geistlose und frauenfeindliche Klamotte, überaus aufwendig produziert. Gérard Depardieus komisches Talent macht die chaotische Anhäufung von Zoten auch nicht erträglicher.
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Filmdaten

Originaltitel
LES ANGES GARDIENS
Produktionsland
Frankreich
Produktionsjahr
1995
Produktionsfirma
Gaumont
Regie
Jean-Marie Poiré
Buch
Jean-Marie Poiré · Christian Clavier
Kamera
Jean Yves le Méner · Christophe Beaucarne
Musik
Eric Levi
Schnitt
Catherine Kelber
Darsteller
Gérard Depardieu (Antoine Carco) · Christian Clavier (Vater Tarain) · Eva Grimaldi (Régina Podium) · Yves Rénier (La Pince) · Alexandre Eskimo (Bao)
Länge
111 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Genre
Komödie

Diskussion
Eines der Dinge, die ich an 'Don Camillo' bemerkenswert fand", sagt Regisseur und Co-Autor Jean Marie Poiré, "war die Tatsache, daß Gott in diesem Film spricht." Einmal abgesehen davon, daß es Jesus war, der Fernandel als italienischem Dorfpriester da ins Gewissen redete, besitzen die Querelen von Don Camillo und Peppone natürlich auch ganz andere Qualitäten. In Poirés "Die Schutzengel", seiner ersten Klamotte seit dem in Frankreich so überaus erfolgreichen Film "Die Besucher" (fd 30 230), wird der gutmütige Priester Hervé Tarain noch in ganz anderer Weise gebeutelt. Ein denkbar unseliger Umstand hat ihn auf Antoine treffen lassen, einen leichtlebigen Pariser Nachtclubbesitzer, der mit seiner Hilfe den letzten Willen eines Freundes erfüllen zu können hofft. Dessen Kind möchte Antoine mit Unterstützung des Pfarrers aus Hongkong nach Frankreich verfrachten, um sich einstweilen selbst um den materiellen Teil des Erbes zu kümmern - immerhin 40.000 Dollar, die vor der chinesischen Mafia in Sicherheit zu bringen sind. Obwohl sich der "Don Camillo" dieses Films und sein kapitalistischer "Peppone" im Flugzeug näherkommen, traut der Geistliche doch bei Ankunft in Paris seinen Augen nicht: Die vermeintliche Mutter des Kindes enttarnt sich schnell als eine von Antoine herbeibestellte Nachtclub-Tänzerin. Als dann noch dessen Geliebte eine Eifersuchtsszene aufführt, weil sie Antoine für den Vater des Kindes hält, verliert der Geistliche vollends die Geduld. Antoine hat derweil auch nichts Besseres im Sinn, als die Sorge um das mitgebrachte Kind anderen zu überlassen und sich wieder seinem Nachtclub zuzuwenden.

Hier dürfte man eigentlich den Wendepunkt der Abenteuer-Komödie erwarten, doch tatsächlich ist dies beinahe ihr Ende. Was nun folgt, ist der Beginn einer schrillen Doppelgänger-Klamotte. Bei Antoines alter ego handelt es sich um den titelgebenden "Schutzengel". Daß er ihm tatsächlich bis aufs Haar gleicht, dürfte kaum von Bedeutung sein, schließlich ist sein plötzlich erwachtes Gewissen, das ihn plagt wie eine wirre Obsession, nur für ihn selbst sichtbar. Abgesehen natürlich vom Zuschauer und einem weiteren Geist, der unversehens aufgetaucht ist, um Vater Tarain zu peinigen, und das im wahrsten Wortsinn: Keine Peinlichkeit und Anzüglichkeit, zu der ihn sein teuflischer Begleiter nicht ermunterte - und all das, weil er dem Schuft Antoine die Beichte verweigerte. Mit geeinten Kräften geht es nun daran, über den eigenen Schatten zu springen und durch gute Taten die eigenen Quälgeister zu vertreiben. In der Tat finden sie die Mutter des Jungen. Mit von der Partie aber ist auch die ihnen nachgereiste Mafia, die den Kleinen entführt hat. Für das ungleiche Team keine ernstliche Hürde. Die Plagegeister aber wollen auch nach geglückter Befreiung erst dann wirklich weichen, als Antoine sich anschickt, sein Junggesellendasein zu beenden.

Komisch zu sein, pflegte Buster Keaton zu sagen, sei eine ernste Sache, bei der es wenig zu lachen gebe. Bei den Dreharbeiten zu diesem Klamauk ging es entschieden anders zu, wie man im Abspann mit einer Fülle von "out takes" unter Beweis stellt: Aufnahmen, die wegen Albernheitsanfällen abgebrochen werden mußten. Das ist erfreulich für die Beteiligten; das Ergebnis ihrer Bemühungen ist es jedoch weit weniger. Einzig die Exposition in Hongkong macht Vergnügen, und auch dies gewiß eher dank der in der britischen Kronkolonie beheimateten Filmindustrie und ihrer virtuosen Stuntmen. In den Hongkong-Passagen wirkt die Slapstick-Komik noch einigermaßen passend und scheint sogar den einheimischen Komödien ihre Reverenz erweisen zu wollen. Für den überwiegenden Teil des Films kann eine Überlegung Poirés als exemplarisch gelten: "Was stört einen Kirchenmann? Der Hintern. Wir folgerten also: die Tugend und strenge Moralvorstellungen auf der einen Seite, die Lust und die Gewinnsucht auf der anderen. Ich war entzückt! Auf diese Weise hatten wir das phantastische Element mit den Schutzengeln und gleichzeitig eine wirkliche Opposition zwischen den Figuren." Eine Opposition der plakativsten Sorte. Zotige Priesterspäße, wie sie Poiré und Co-Autor Clavier bieten, der selbst die fragliche Rolle übernommen hat, bedürfen keiner weiteren Klassifizierung. Ein Sakrileg ist es allerdings, sich für diese Grobheiten auch noch auf "Don Camillo" zu beziehen. Noch primitiver als ihr Umgang mit der Kirche ist das Frauenbild der Autoren. Das weibliche Geschlecht existiert für sie nur in zwei Verkörperungen: als Huren in Gestalt der einfältigen und eitlen Nachtclub-Tänzerinnen und schließlich, am Ende, in selbstloser Mutterrolle. Wer es nicht komisch findet, wenn eine Frau aus dem dritten Stock kopfüber in eine Mülltonne geworfen wird, hat in diesem Film wenig zu lachen. Eitel und überflüssig sind zahlreiche Computeranimationen, "Morphing"-Effekte, wie man sie seit "Terminator II" (fd 29 178) schon zur Genüge genossen hat. Daß Gérard Depardieu als Komödiendarsteller insbesondere in den Flugzeugszenen zu Beginn ganz vorzüglich ist, kann genau genommen kaum verwundern. Für die Geistlosigkeit dieser Klamotte entschädigt diese Erkenntnis jedenfalls nicht.
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