Lisa und die Säbelzahntiger

- | Österreich 1995 | 88 Minuten

Regie: Bernd Neuburger

Eine Journalistin überredet ihren getrennt von ihr lebenden Mann, die Scheidung noch etwas hinauszuzögern, damit sie ein achtjähriges Mädchen adoptieren kann. Das aufgeweckte Kind bringt mit seiner Fantasie und Natürlichkeit seine neuen Eltern zum Nachdenken über ihre Gefühle. Mit viel Gespür für das Alltägliche erzählt der Film von den Ängsten, Sehnsüchten und Freuden eines kleinen Mädchens, das einem durch das erfrischende Spiel seiner Interpretin und die behutsame Inszenierung sofort ans Herz wächst. Besonders den jüngsten Kinogängern werden so Identifikationsmöglichkeiten geboten, ohne sie gefühlsmäßig zu überfordern. - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
1995
Produktionsfirma
Extra Film
Regie
Bernd Neuburger
Buch
Nadja Seelich
Kamera
Wolfgang Simon
Musik
Zdenek Merta
Schnitt
Eliska Stibrova
Darsteller
Bianca Herzog (Lisa) · Cornelia Lippert (Eva) · Toni Böhm (Martin) · Christine Hohenester (Gabi) · Anya Blum (Birgit)
Länge
88 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
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Diskussion
Als die Journalistin Eva bei einer Kinderheim-Reportage die achtjährige, elternlose Lisa kennenlernt, ist es "Liebe auf den ersten Blick". Eva beschließt, Lisa zu adoptieren - aber da gibt es ein Problem: ihr Mann Martin, ein Werbetexter, will sich gerade von ihr scheiden lassen, und Adoptivkinder werden nur in intakte Familien vermittelt. Also überredet sie ihn, die Scheidung noch ein wenig hinauszuzögern. Lisa ist begeistert von ihrem neuen Zuhause, aber auch irritiert, daß Martin so wenig zu Hause ist. In der Schule freundet sie sich mit Birgit an und begeistert sie für ihre Vorliebe für praehistorische Zeiten; gemeinsam bauen sie im Garten eine Mammutfalle, funktionieren das Badezimmer mittels nasser Watte in eine Tropfsteinhöhle um und stromern durch das Naturhistorische Museum, in dem ihr Lieblingstier, der "Säbelzahntiger", eigentlich ein dicker Kater, wohnt. Eines Tages trifft sie Martin in inniger Umarmung mit dem "Scheidungsgrund" Gabi, läuft verstört nach Hause und fragt Eva, ob sie auch allein mit ihr zusammenleben würde. Eva erklärt ihr die Situation, aber Lisa fühlt sich dennoch belogen und verraten. Als es dunkel geworden ist, läuft sie ziellos in die Nacht hinaus. Am nächsten Morgen finden Eva und Martin sie auch durch die Hilfe des plötzlich auftauchenden "Säbelzahntigers" erschöpft in einem Wald schlafend. Lisa verspricht, nie mehr wegzulaufen, und auch Martin scheint erkannt zu haben, daß man Probleme nicht lösen kann, indem man abhaut. Das ist die einzige so ganz nebenbei unterschobene Belehrung, die sich der Film erlaubt. Ansonsten erzählt er ganz gradlinig von den Alltagsfreuden und - sorgen eines kleinen Mädchens, das die "Sonderrolle", in die es seine Umwelt ständig drängt, gar nicht in Anspruch nehmen will: In der Schule halten sie alle, von der Lehrerin bis zu den Mitschülern, für ein bedauernswertes Heimkind, und ihre neuen Eltern wollen sie mit der Wahrheit nicht verunsichern. Dem setzt Lisa immer wieder ihre überbordende Fantasie entgegen, die dann aus ihrer Baum-Aussicht auf Wien einen Blick in eine längst untergegangene Vulkanlandschaft macht.

Ein Blick ist es auch, der den Zuschauer hineinzieht in diesen Film: Als Eva Lisa beim Interview fragt, was sie mit ihren Eltern in den Ferien macht, antwortet sie mit einem mitten ins Herz treffenden Augenaufschlag: "Mich will keiner." In diesem Satz steckt soviel Traurigkeit, aber auch Sehnsucht nach Liebe, daß man Lisa in Gedanken sofort in den Arm nimmt - und den ganzen Film nicht mehr losläßt. Nicht zuletzt durch die Natürlichkeit, mit der die achtjährige Bianca Herzog ihre erste Filmrolle ausfüllt, wirkt die Figur der Lisa wie aus dem Leben gegriffen. Mit ihr kann jedes Mädchen (und können sicherlich auch viele Jungen) sich identifizieren, auch wenn es aus einer (scheinbar) intakten Familie kommt. Die Ängste des Nichtgeliebt- und Verlassenswerdens dürften keinem Kind fremd sein. Daß der Film diese Ängste als lösbar darstellt, ohne gleich in eine "Frieden-Freude-Eierkuchen"-Stimmung zu verfallen, ist dem lebensnah erzählenden Drehbuch und der behutsamen Inszenierung zu verdanken. Aber nicht nur mit den kleinen Darstellern verstehen Bernd Neuburger und Nadja Seelich (u. a. "Jonathana und die Hexe"; "Ferien mit Silvester", fd 29 165) umzugehen, auch die Erwachsenen-Rollen sind gut besetzt und geführt, allen voran Cornelia Lippert. Überzeugend, neben sich und dem Leben herlaufend, auch Toni Böhm, der fast zu spät merkt, wo die Liebe zu Hause ist. Nur der "Auslöser" seiner Midlife-Crisis gerät zu einer eher peinlich wirkenden Karikatur. Mit einem solchen Klischee sollte ein sein Publikum ernst nehmender Film nicht aufwarten.
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