Die Witwen von Widows Peak

Krimi | Irland 1994 | 101 Minuten

Regie: John Irvin

In ein von einer verschworenen Witwengemeinschaft "beherrschtes" irisches Dorf dringt Ende der 20er Jahre eine junge amerikanische Kriegerwitwe ein. Sie verzaubert die Dorfbewohner mit Charme und Weltläufigkeit, bis sich herausstellt, daß sie die zur Adoption freigegebene Tochter einer im Ort nur geduldeten "Jungfer" ist. Eine mit leichter Hand inszenierte und schauspielerisch hervorragend interpretierte Variante des Dürrenmatt-Themas vom "Besuch der alten Dame"; sie zielt weniger auf die Entlarvung einer bigotten Gesellschaft, sondern betont die komödiantisch-kriminalistischen Elemente der Geschichte. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
WIDOWS PEAK
Produktionsland
Irland
Produktionsjahr
1994
Produktionsfirma
Rank
Regie
John Irvin
Buch
Hugh Leonard
Kamera
Ashley Rowe
Musik
Carl Davis
Schnitt
Peter Tanner
Darsteller
Mia Farrow (Catherine O'Hare) · Natasha Richardson (Edwina Broome) · Joan Plowright (Mrs. Doyle Counihan) · Adrian Dunbar (Godfrey) · Jim Broadbent (Clancy)
Länge
101 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Krimi | Komödie
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Diskussion
"Genug ist genug, wir wollen sie doch nicht verwöhnen!" Mit diesen Worten scheucht Mrs. Doyle Counihan regelmäßig ihre ebenfalls verwitweten Freundinnen von den Gräbern ihrer früh verstorbenen Männer. Die resolute ältere Dame mit dem Gehabe einer "Königin" ist die Herrscherin einer matriarchalischen Enklave in dem idyllischen irischen Kleinstädtchen Kilshannon. Die Witwen haben sich in hübschen Landhäusern oberhalb des Ortes auf dem "Widow Peak" niedergelassen und beobachten von dort neugierig das Treiben im Dorf. Sie dulden keine Fremden, schon gar keine Männer in ihrer Mitte. Ausnahmen sind Mrs. Doyle Counihans verklemmter Sohn Godfrey und die "Jungfer" Catherine O'Hare, die sich das Wohnrecht auf "Widow Peak" damit erkauft hat, daß sie ihr unehelich geborenes Kind zur Adoption freigegeben hat. In diese Gemeinschaft bricht eines Tages die amerikanische Kriegerwitwe englischer Abstammung Edwina Broome. Mit Charme und Weltläufigkeit nimmt sie nicht nur Mrs. Counihan und ihre Freundinnen für sich ein, sondern verdreht auch Godfrey den Kopf. Nur Miss O'Hare verhält sich reserviert, ja es entwickelt sich eine regelrechte Feindschaft zwischen den beiden Frauen. Auf Edwinas und Godfreys Verlobungsfeier eskaliert die Situation: Catherine deckt ihre nur wenigen bekannte Vergangenheit auf und beschuldigt Edwina, eine erbschleicherische Prostituierte zu sein. Die Verlobung wird gelöst, und Edwina beschließt, Kilshannon zu verlassen. Am Abend trifft sich Edwina offensichtlich zu einer Aussprache mit Catherine auf deren Boot, die aber, beobachtet von Mrs. Counihan, in einen Streit ausartet. Am nächsten Morgen ist Miss O'Hare verschwunden, und Mrs. Counihan beschuldigt Edwina des Mordes. Das verschlafene Städtchen hat seine Sensation. Aber schon bald richtet sich die "Hexenjagd" gegen die Anklägerin - denn als Catherine plötzlich wieder auftaucht, entpuppt sich Edwina als deren zur Adoption freigegebene Tochter, die nun auf "Vergeltung" sinnt.

Die Geschichte erinnert in ihren Grundzügen an Friedrich Dürrenmatts "Der Besuch der alten Dame" , in der es auch um die "Rache" an einer bigotten Gesellschaft geht. Die Entlarvung unmenschlichen Verhaltens fällt bei "Witwen von Widows Peak" allerdings etwas weniger bissig aus. Autor Hugh Leonard versucht sich eher an einem verzwickten Intrigenspiel mit kriminalistischem Einschlag, das er mit allerlei skurrilen Figuren würzt. Da sind neben den drei "leading ladies" vor allem Muttersöhnchen und Möchtegern-Frauenheld Godfrey und der hemdsärmelige Zahnarzt Clancy, der ein Auge auf Catherine geworfen hat. Und natürlich all die bodenständigen Dorf-Typen, wie man sie in einem irischen Pub erwartet: versoffen und zu jeder Rauferei aufgelegt. Im leicht dekadenten Ambiente der Endzwanziger Jahre in wunderbaren Pastellfarben und mit einem stimmungsvollen Soundtrack ins Bild gesetzt, ergibt sich das amüsant-hintergründige Porträt einer verschrobenen Frauengemeinschaft.

Man hätte John Irvin, der sich bisher eher mit Actionfilmen einen Namen gemacht hat, diese Leichtigkeit nicht zugetraut. Aber seine, besonders in dem kammerspielartigen "Ozeanische Gefühle" (fd 26 875) unter Beweis gestellte Kunst, mit Schauspielern umzugehen, kommt ihm hier zugute. Straff hält er die Zügel seiner vor Spiellust sprühenden Darsteller, so daß sie ein geschlossenes und nie über die komödiantischen Stränge schlagendes Ensemble-Spiel abliefern. Nur die Amerikanerin Mia Farrow wirkt in der britischen Schauspielergarde manchmal wie ein Fremdkörper. Ihr nimmt man die verhuschte Jungfer genausowenig ab wie die ein raffiniertes Intrigenspiel aufziehende gedemütigte Mutter. Pikanterweise sollte Mia Farrows Mutter Maureen O'Sullivan ursprünglich diese Rolle spielen. Als deren (Film-)Tochter hätte man sich dann Mia Farrow besser vorstellen können. Zum Glück beherrschen vor allem die souveräne Joan Plowright mit ihrem "königlichen" Charisma und die reizende Natasha Richardson mit ihrer verhalten-frivolen Ausstrahlung die Szenen, so daß man Mia Farrows Deplaziertheit kaum wahrnimmt.
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