After This Death

Drama | USA 2025 | 96 Minuten

Regie: Lucio Castro

Eine schwangere Frau lässt sich auf eine Affäre mit einem kultisch verehrten Musiker ein. Als der spurlos verschwindet und sie kurz darauf ihr Kind verliert, häufen sich seltsame Ereignisse. Eine Geschichte über Identität, Liebe und Unabhängigkeit, die nicht von inhaltlicher Kohärenz, sondern von Motiven her gedacht ist und zunehmend ins Surreale gleitet. Insgesamt bleibt das anregende filmische Rätsel mit einem besonderen Gespür für zwischenmenschliche Intimität aber etwas unausgegoren und kryptisch. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
AFTER THIS DEATH
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2025
Produktionsfirma
2AM/Kindred Spirit
Regie
Lucio Castro
Buch
Lucio Castro
Kamera
Barton Cortright
Schnitt
Kali Ann Kahn
Darsteller
Mía Maestro · Lee Pace · Gwendoline Christie · Rupert Friend · Stephanie Jean Lane
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
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IMDb | TMDB

Eine schwangere Frau lässt sich auf eine Affäre mit einem Musiker ein. Als der spurlos verschwindet, muss sie nicht nur mit Trauer, sondern auch dessen fanatischen Fans kämpfen.

Aktualisiert am
27.02.2025 - 11:52:48
Diskussion

Beim Wandern in den Wäldern von Upstate New York macht die schwangere Isabel (Mia Maestro) Rast in einer mystischen Höhle. Wie ein lässiger Jesus mit Bart und lockigem Haar steht ihr plötzlich Elliott (Lee Pace) gegenüber. Ihn umgibt nicht die erhabene Aura eines Erlösers; er besticht vielmehr mit humorvoll-bodenständigem Charisma. Während im Hintergrund Wassertropfen meditativ glucksen, flirten die beiden unverbindlich miteinander, bevor sich ihre Wege wieder trennen.

Als Isabel am Abend ihre Freundin (Gwendoline Christie) zu einem Konzert begleitet, staunt sie nicht schlecht, weil der seine unergründlichen Texte im getragenen Sprechgesang vortragende Frontmann Elliott ist. Erneut entsteht ein Widerspruch zwischen der unaufgeregt-schelmischen Art des Musikers und der sektenartigen Hörigkeit seiner Fans, die als Erkennungszeichen ihre Handflächen in die Luft heben. Isabel lässt sich schließlich auf eine Affäre mit dem Musiker ein. Dass sie eigentlich verheiratet ist, erfährt man nur nebenbei.

Tendenz ins Surreale

Der argentinische Regisseur Lucio Castro erschafft in seinem ersten englischsprachigen Film eine leichtfüßige Alltäglichkeit, die allmählich ins Surreale gleitet. Bereits zu Beginn sind die Szenen von einer unberechenbaren Ruhe geprägt, die im Unklaren lässt, welche Richtung die Geschichte einschlägt. Tatsächlich wird Elliott bald spurlos verschwinden, Isabel ihr Kind verlieren und es werden sich zunehmend Dinge ereignen, die an der äußeren Wirklichkeit zweifeln lassen.

Seinen Debütfilm „End of the Century“ begann Lucio Castro mit einem spontanen One-Night-Stand, der sich allmählich zu einer die Regeln von Zeit und Raum aushebelnden Reflexion über die Schönheit der Liebe sowie die Enge von Beziehungen entfaltete. Auch in „After This Death“ entzieht sich die vertraut wirkende Geschichte einer Affäre zunehmend einem rationalen Zugriff. Zunächst sind es noch leicht zu übersehende Ungereimtheiten. Warum halt Elliott einen riesigen Kratzbaum in seiner Wohnung, aber keine Katze? Doch die irritierenden Ereignisse und seltsamen Zufälle häufen sich. Zunehmend kippt der Film ins Unheimliche, wenn die verunsicherte Protagonistin dem Geheimnis von Elliotts Verschwinden auf den Grund gehen will und dabei immer wieder von seinen fanatischen Fans heimgesucht wird.

Bereits die erste Szene von „After This Death“ ist erkenntnisreicher, als man es zu diesem Zeitpunkt ahnt. Man sieht Isabel bei ihrer Arbeit als Synchronsprecherin. Ihre Stimme tritt aus ihrem Körper heraus und ergreift von einer Schauspielerin auf einem Bildschirm Besitz. Bedeutend an diesem Moment ist nicht nur, dass man Zeuge einer Form von Besessenheit wird, sondern auch, dass man seinen Augen nicht trauen kann. Statt auf eine zusammenhängende Handlung zu setzen, spielt „After This Death“ mit der Vorstellung, jemanden in sich zu tragen. Mal ist es ein ungeborenes Kind, mal ein Ex-Freund. Oder droht man sogar schon zu jemand anderem zu werden, wenn man sich verliebt?

Unzuverlässig wie im Traum

Castros Erzählweise ist unzuverlässig wie im Traum. Mitunter erinnert „After This Death“ an die übersinnlichen Geistergeschichten von Apichatpong Weerasethakul oder wirkt wie eine Light-Version eines David-Lynch-Films mit einem Protagonisten, dem die Wirklichkeit entgleitet. Die Herausforderung eines solchen Multiversen umspannenden Erzählens besteht darin, das Publikum auf eine Reise ins Ungewisse mit vielen ungelüfteten Geheimnissen einzuladen, es zugleich aber genug verstehen zu lassen, damit es sich nicht achselzuckend abwendet.

Castro schafft zwar ein schillerndes filmisches Rätsel, über das man bisweilen gerne grübelt, doch seine Leitmotive bleiben zu unausgereift. Die existenziellen Fragen über Identität, Liebe und Unabhängigkeit machen zwar neugierig, verlieren sich aber in einer kryptischen Vieldeutigkeit. Wenn Isabel am Ende wieder in einem Aufnahmestudio sitzt und diesmal zu singen beginnt, ist klar, dass nun vereint ist, was zuvor noch gespalten war. Ein schönes Bild ihrer Selbstsuche, das aber doch zu viele Fragen offenlässt.

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