Drama | Polen/Deutschland/Schweiz 2023 | 98 Minuten

Regie: Slawomir Fabicki

Zwei Schwestern fahren mit dem Auto von Warschau aus Richtung Schweiz. Die ältere von beiden ist schwerkrank und will ihrem Leiden in einer Sterbeklinik ein Ende setzen lassen. Doch die Jüngere will sich damit nicht abfinden und sucht nach immer neuen Möglichkeiten, das Unterwegssein hinauszuzögern. Der formal als Road Movie angelegte Film reflektiert in vielen kammerspielartigen Momenten über Verlust, Trauer und die lebenslange Verbundenheit zwischen Geschwistern. Dabei geht es auch darum, ob man unter allen Umständen für das Leben kämpfen muss oder ob man selbst entscheiden darf, einer tödlichen Krankheit ein Ende zu setzen. - Ab 16. (O.m.d.U.)
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Filmdaten

Originaltitel
LĘK
Produktionsland
Polen/Deutschland/Schweiz
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
Apple Film Production
Regie
Slawomir Fabicki
Buch
Monika Sobien-Górska
Kamera
Bogumil Godfrejów
Schnitt
Maciej Pawlinski
Darsteller
Magdalena Cielecka (Malgorzata) · Marta Nieradkiewicz (Lucja) · Sabine Timoteo (Sofia) · Maciej Kosiacki (Tomek) · Stanislaw Sawicki (Tomeks Kind)
Länge
98 Minuten
Kinostart
27.02.2025
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama
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Drama um zwei sehr unterschiedliche Schwestern, die sich zusammen auf eine letzte Reise begeben. Die eine möchte sterben, die andere sie davon abhalten.

Aktualisiert am
26.02.2025 - 09:23:29
Diskussion

Zunächst sieht alles nach einem normalen Ausflug aus. Zwei Schwestern fahren zusammen im Auto. Sie streiten sich und versöhnen sich auch wieder. Die ältere Schwester Małgorzata (Magda Cielecka) scheint den Ton anzugeben. Doch warum ist Łucja (Marta Nieradkiewicz) so aufgebracht und aufmüpfig? Warum muss sie in ihrem Alter noch rebellieren und sich gegenüber der Älteren profilieren? Es zeigt sich, dass beide ganz unterschiedliche Ziele haben. Łucja will die Reise verzögern, während Małgorzata bald ankommen möchte. Obwohl die mit Kurzhaarschnitt und ausgewählter Kleidung auftrumpfende Anwältin Małgorzata viel telefoniert und organisiert, hat sie für die Zukunft offenbar keine Pläne.

Aufgeben oder kämpfen

Małgorzata ist schwer krank. Sie hat Krebs im Endstadium und lässt sich von ihrer Schwester in eine Klinik für Sterbebegleitung in der Schweiz fahren. Doch die Fahrt verläuft nicht ganz wie geplant. Zwischendurch erleidet Małgorzata einen Anfall und muss ins Krankenhaus. Von dort will sie so schnell wie möglich weiter, während Łucja den Arzt bittet, ihren Aufenthalt zu verlängern. Łucja hat auch dafür gesorgt, dass Małgorzata eine Behandlung in einer Spezialklinik in Deutschland bekommt. Die Ärzte probieren immer neue Therapien und Medikamente aus, die aber nicht anschlagen. Małgorzata will sich das nicht länger antun; Łucja aber besteht darauf, dass sie weiterkämpft.

Sie machen mehrere Zwischenstopps, darunter einen auch auf einem Reiterhof, wo die physisch sehr schwache Małgorzata noch einmal auf ein Pferd steigt. Die Schwestern erinnern sich an ihre Kindheit, an ihren abwesenden Vater, der Łucja immer ein Pferd versprochen hatte, und an die ebenfalls an Krebs verstorbene Mutter. Neben handfesten Auseinandersetzungen erleben die beiden auch innige Momente. Sie rauchen einen Joint, besuchen einen Rummel. Die Jüngere pflegt die Ältere, wenn es ihr schlecht geht. Dennoch wird die Reise bald zu Ende sein, was Łucja aber nicht wahrhaben will.

Ein intimes Kammerspiel

Das intime Drama von Regisseur Sławomir Fabicki tarnt sich als Road Movie, ist aber oft genug ein Kammerspiel, wenn die Schwestern in Hotel- oder Krankenhauszimmern oder in Restaurants auf Autobahntankstellen viel Zeit zu zweit verbringen. Die Machtverhältnisse verkehren sich im Laufe der Reise. Erscheint Małgorzata am Anfang als die Bestimmerin, die qua Alter und ihrer Stellung als erfolgreicher Anwältin eine natürliche Führungsrolle einnimmt, stellt sich das bald als Täuschung heraus. Denn Małgorzata ist sich bewusst, dass sie auf eine letzte Reise geht. Noch ein paar Mal rennt sie verzweifelt gegen den Tod an, versucht mit allem Mut, dem Leben ein paar Siege abzugewinnen. Doch ständig scheitert sie dabei, etwa, wenn sie einen Mann in einem Hotel nicht mehr verführen kann, weil ihre fragile Physis es nicht zulässt.

Für eine Macherin wie Małgorzata, die einst voller Energie war, muss es besonders bitter sein, ihren körperlichen Verfall zu erleben. Der physische Kontrast zwischen beiden Schwestern wird zuweilen überbetont. Man hätte ihn auch ohne eine explizite Duschszene verstanden, wo die vitale Jüngere der zum Skelett abgemagerten Älteren gegenübersteht.

Die schwesterliche Liebe setzt sich durch

Der Film spielt in drei Ländern, in Polen, Deutschland und der Schweiz und ist reich an anekdotischen Szenen, doch er interessiert sich vor allem für die Charaktere der Schwestern. Sie sind sehr unterschiedlich, halten aber zusammen, wenn es hart auf hart kommt. Die Ältere war immer ehrgeizig und auf ihren Beruf fixiert, ist aber kinderlos geblieben. Die Jüngere geht in ihrer Rolle als Mutter mit zwei Kindern und Ehemann auf und würde am liebsten nur eine Kosmetikerin sein. Doch Małgorzata lässt sie in ihrem Anwaltsbüro arbeiten, um die berufliche Karriere ihrer Schwester mitzubestimmen. Das führt zu Konflikten, die beide nicht mehr lange austragen können. Dennoch meistern sie durch ihre seit der Kindheit währende Verbundenheit manche peinliche Situation; am Ende setzt sich die schwesterliche Liebe immer durch.

Die beiden Schauspielerinnen Magda Cielecka und Marta Nieradkiewicz vermitteln sehr überzeugend die Mischung aus Konkurrenz und Zusammengehörigkeit und interagieren auf der Leinwand sehr natürlich miteinander. Cielecka musste für die Rolle viele Kilo abnehmen, verlässt sich jedoch nicht auf ihre Zerbrechlichkeit, sondern verleiht ihrer Figur auch viel innere Kraft.

„Anxiety“ ist ein Film über Verlust, Angst vor dem Tod, über das Loslassen und den schmerzlichen Abschied von der eigenen Existenz wie auch von einer geliebten Person. Doch vor allem erweist sich der Film als eine Reflexion über die Selbstbestimmung – im Leben und im Sterben.

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