Havoc (2025)
Action | Großbritannien/USA 2025 | 105 Minuten
Regie: Gareth Evans
Filmdaten
- Originaltitel
- HAVOC
- Produktionsland
- Großbritannien/USA
- Produktionsjahr
- 2025
- Produktionsfirma
- XYZ Films/Seven Screen/One More One Prod.
- Regie
- Gareth Evans
- Buch
- Gareth Evans
- Kamera
- Matt Flannery
- Musik
- Tyler Bates
- Schnitt
- Matt Platts-Mills
- Darsteller
- Tom Hardy (Walker) · Forest Whitaker (Lawrence) · Timothy Olyphant (Vincent) · Justin Cornwell (Charlie) · Jessie Mei Li (Ellie)
- Länge
- 105 Minuten
- Kinostart
- -
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 18.
- Genre
- Action | Krimi | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Actionthriller um einen wortkargen Polizisten in einer von Gewalt beherrschten Metropole, der einen Politikersohn vor diversen kriminellen Parteien retten muss.
Als Gareth Edwards im Jahre 2011 „The Raid“ realisierte, ahnte der walisische Filmemacher noch nicht, dass er mit dem indonesischen Independent-Film das Genre des durchchoreographierten und ultrabrutalen Actionfilmes prägen würde. Eine simple Story und ein auf die Spitze getriebenes Bedrohungsszenario sind die Basis für Bewegungskino, bei dem der Exzess vor allem aus der Körperlichkeit der Kampfkünstler entsteht.
Nachdem der Regisseur mit „Apostle“ einen kurzen Abstecher in den okkulten Horror einlegte, kehrt er für seinen neuesten Film zurück zu seiner Spezialität: „Havoc“ schickt den Polizisten Walker (Tom Hardy) in ein weitreichendes Spinnennetz der Unterwelt, in dem er sich mit reichlich (Waffen-)Gewalt gegen unterschiedliche Parteien durchsetzen muss.
Dabei steht der Ermittler der Mordkommission vor allem sich selbst im Weg. Familie, Freunde und die eigene Identität scheinen verloren. Die Vergangenheit deutet an, dass er nicht ausschließlich im Sinne von Recht und Moral gehandelt hat. Allerdings wirkt die Stadt so, als würden in ihr ohnehin nur zwielichtige Gestalten ihr Unwesen treiben. Politiker Lawrence Beaumont (Forest Whitaker) sagt zwar der anhaltenden Drogenkriminalität den Kampf an; als sein eigener Sohn (Justin Cornwell) und dessen kleinkriminelle Freunde jedoch für die Mörder eines ranghaften Gang-Mitglieds gehalten werden, erklärt sich Walker unter Tilgung einer alten Schuld bereit, sich auf die Suche nach den Flüchtigen zu machen. Hinter ihm sind nämlich nicht nur die Mutter des Opfers (Yeo Yann Yann) samt Armee des Syndikats her, sondern auch Walkers korrupte Kollegen – darunter sein ehemaliger Freund Vincent (Timothy Olyphant). Unterstützung erhält Walker widerwillig von der aufstrebenden Beamtin Ellie (Jessie Mei Li).
Kein Actionglanz, aber glanzvoll inszeniert
„Havoc“ zeichnet eine Urbanität am Abgrund. Ohne viel Zeit zu verlieren, eröffnet der Film mit einer Verfolgungsjagd durch die dunklen Schnellstraßen. Eine Gruppe von jungen Leuten begeht einen Diebstahl und tötet auf der Flucht beinahe einen Polizisten. Die Stadt des Geschehens wirkt wie ein hyperrealistisches Gotham, in der es keine Superhelden gibt und Bösewichte gegen Bösewichte kämpfen. Das gesellschaftliche Miteinander besteht daraus, Rechnungen zu begleichen, Vertraute zu verraten, und aus Gewalttaten aufgrund von Ehre, Stolz und Profit.
Narrativ und tonal lässt sich „Havoc“ irgendwo zwischen „The Raid“ und dessen Nachfolger einordnen. Er fährt die Geschichte zwar nicht so großspurig auf wie „The Raid 2“, doch die zahlreichen Parteien müssen zunächst eingeführt werden. Exposition und Konstruktion halten für die größtmögliche Eskalation her. Über den Inhalt lässt sich schnell hinwegsehen, am Ende weiß sowieso keiner mehr, wieso er den anderen eigentlich bekämpft. Ein Pragmatismus des Regisseurs, der im Laufe des Actionfilms voll aufgehen soll.
Dabei bleibt das Tempo von Beginn an hoch. Die filmischen Choreografien eignen sich nicht die virtuose Grazilität der „John Wick“-Reihe an, sondern verlaufen auf dreckig-brachiale Weise. Ohne dass „Havoc“ dabei weniger wirkungsvoll ist. Im Gegenteil: Sind die Orientierungsphasen der verschiedenen Charaktere erstmal geglückt, erlebt man zwei der wohl besten Actionszenen des Jahres – in nur einem Film.
Immer weiter, immer härter
Gareth Edwards kennt keine Atempausen. Die Zuschauer begreifen mitunter erst, dass eine tempogeladene Situation vorüber ist, wenn sie sich bereits nahtlos im nächsten Kugelhagel befinden. Dafür sorgen vor allem Edwards’ Stamm-Kameramann Matt Flannery und die punktgenaue Montage.
Die Liebe zu südostasiatischen Kampfkünsten fand Edwards bereits in seinem Frühwerk „Merantau“, in dem „The Raid“-Darsteller Iko Uwais seine erste Hauptrolle übernahm. In „Havoc“ spürt man das Hongkong-Kino der 1980er- und 1990er-Jahre sowohl angesichts der Schar an prügelnden Stuntleuten als auch am Hang zur visuellen Theatralik. Nicht selten finden sich Zeitlupen im stürmischen Durcheinander wieder, die die Inszenierung zugleich assoziativ und routiniert wirken lassen. Gepaart wird die Action-Operette mit einer übersteigerten Brutalität. „Havoc“ ist krudes Erwachsenenkino; wenn sich die Abwärtsspirale erstmal verselbständigt hat, zeigt es nur wenig Erbarmen.
Schroffes Miteinander
Tom Hardy mimt den ruppigen Einzelgänger, der einen siebten Sinn für Verbrecher zu haben scheint, mit bekannt schroffer Art. Ein wortkarger Typ, der Gespräche stets mit einem obligatorischen Zerren am Hemdkragen eröffnet. Die physische Präsenz meistert Hardy spielend; Freude bereitet vor allem sein trockener Humor.
Dennoch verläuft die Geschichte nicht als One-Man-Show. Timothy Olyphant, Forest Whitaker und auch Luis Guzmán, der einen quirligen Müllhalden-Besitzer gibt, ergeben einen spaßigen All-Star-Cast. Die Newcomerin Jessie Mei Li hingegen wirkt wie eine Konzessionsentscheidung für mehr Diversität, erhält aber auch spannende Einzelszenen. Obwohl der Film zu viele Figuren unterbringen möchte, erscheinen diese nicht verschenkt. Jede (Neben-)Rolle bleibt zumindest wichtig genug, um ihr ein rabiates, eigens angepasstes Ende zu verpassen. Ein nihilistisch wirkender Ansatz, doch in dieser Welt des Tötens wird er zum einzigen Ausweg. Eine Form des ironischen Erbarmens, in der niemand verschont bleibt.