Abenteuer | Belgien/Frankreich 2024 | Minuten

Regie: Jean-Baptiste Saurel

1821: Im damals noch kleinen Los Angeles unter spanischer Kolonialherrschaft übernimmt ein Mann von seinem Vater das Amt des Bürgermeisters und bekommt es mit einem fiesen Geschäftsmann zu tun, der die Stadt im Würgegriff hält. Dadurch sieht sich das neue Stadtoberhaupt, von dem keiner ahnt, dass er einst als legendärer Zorro für Gerechtigkeit focht, gedrängt, sein maskiertes Alter Ego zu reaktivieren. Die achtteilige Serie wartet mit dem französischen Star Jean Dujardin in der Titelrolle auf und bedient das Genre des Mantel-und-Degen-Films auf unterhaltsame, ironisch gebrochene Weise. Der Held muss sich dabei nicht nur mit dem Schurken abplagen, sondern auch zwischen unterschiedlichen Männerbildern lavieren. Ein fröhliches Spektakel für ein Publikum aller Altersklassen. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
ZORRO
Produktionsland
Belgien/Frankreich
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
Le Collectif 64/Bien Sûr Prod./La Compagnie Cinématographique/Montebello Prod./Panache Prod.
Regie
Jean-Baptiste Saurel · Èmilie Noblet
Buch
Benjamin Charbit · Noé Debré · Emmanuel Poulain-Arnaud
Kamera
Antony Diaz · Aurélien Marra
Musik
Julie Roué
Schnitt
Clémence Carré · Vincent Delorme · Camille Delprat · Baptiste Ribrault
Darsteller
Jean Dujardin (Diego de la vega Zorro) · Audrey Dana (Gabriella de la Vega) · Salvatore Ficarra (Bernardo) · André Dussollier (Don Alejandro) · Eric Elmosnino (Don Emmanuel)
Länge
Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Abenteuer | Drama | Mantel-und-Degen-Film | Serie
Externe Links
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In der humorvollen neuen Zorro-Serie steckt diesmal der französische Charmeur Jean Dujardin hinter der Maske des Streiters für Gerechtigkeit, schwingt den Degen, lässt den Umhang flattern, hat aber im zivilen Leben als Don Diego de la Vega mit Eheproblemen und einer übermächtigen Vaterfigur zu kämpfen.

Diskussion

Wie viele Zorro-Verfilmungen gibt es eigentlich? So richtig zählen kann man sie nicht, und jede Generation verehrt ihren eigenen Zorro-Darsteller. Für die einen ist er Alain Delon, für die anderen Antonio Banderas, ganz früher waren es Douglas Fairbanks, Tyrone Power und etliche andere. Auch die Zorro-Serien entwickelten Suchtpotenzial, pflegten den Cliffhanger und genossen bei verschiedensten Generationen Kultstatus. In der neuen Serie des Streaminganbieters Paramount+ ist es wieder ein Franzose, Jean Dujardin, der die Maske und das schwarze Kostüm des Streiters für soziale Gerechtigkeit überstreift. Und wer das verschmitzte Lächeln des gestandenen Komikers kennt, kann sich denken, dass der Humor in dieser neuen Zorro-Serie nicht zu kurz kommt.

Ein fieser Geschäftsmann muss in die Schranken gewiesen werden

Man schreibt das Jahr 1821. In der kleinen spanischen Stadt Los Angeles in Kalifornien, die bald eine mexikanische sein wird, soll Don Diego de la Vega die Nachfolge seines Vaters Don Alejandro de la Vega als Bürgermeister der Stadt antreten. Doch der Alte (André Dussollier) will den Schlüssel der Stadt nicht hergeben. Erst ein tödlicher Herzinfarkt besiegelt die Übergabe an den Sohn. Leider hat der intellektuelle Don Diego, der auf Dialog und Vernunft setzt, beim Volk keinen leichten Stand. Es respektiert ihn nicht und bedrängt ihn mit allen möglichen Problemen, die er nicht lösen kann. Denn die Ernte war schlecht, das Städtchen ist verschuldet und die Bevölkerung braucht Wasser, das der mächtige Geschäftsmann Don Emmanuel (Éric Elmosnino) ihr abgräbt. Er ist der Gläubiger von Los Angeles, nimmt die Stadt in den Schwitzkasten und will die Bevölkerung im Zentrum vertreiben, um dort ein gewinnbringendes Casino zu errichten.

Don Diego findet keine Handhabe gegen ihn. Auch ein Brief an den König von Spanien wird die Lage kurzfristig nicht entschärfen. Er wird 32 Tage unterwegs sein – bis dahin kann noch einiges passieren. Und als ob Don Diego mit dem mächtigen und durchtriebenen Don Emmanuel nicht schon genug zu tun hätte, wird er bald, Hamlet lässt grüßen, vom Geist seines Vaters heimgesucht. Don Alejandro mahnt ihn wenig hilfreich, dass die Stadt einen Beschützer mit breiten Schultern brauche – und dass der Sohnemann das bekanntlich nicht sei. Auch die Ehe mit seiner Gattin Gabriella (Audrey Dana) läuft nicht rund. Im Bett ist Don Diego ungeschickt, verklemmt, und der Sex kommt irgendwie nicht mehr zustande. Schlechter Liebhaber, schlechter Bürgermeister – eine Lösung muss her!

Fechten für Gerechtigkeit und gegen Liebesflaute

Don Diegos treuer stummer Diener Bernardo führt ihn in einen Keller, wo ein feuriges Ross und ein schwarzes Kostüm auf ihn warten – und seine eigene Vergangenheit: Vor 20 Jahren war Don Diego als Zorro, maskierter Streiter für Gerechtigkeit, unterwegs, konnte formidabel reiten und fechten. Als Privatmann ist er gleich am Anfang des Films an zwei Räubern gescheitert, denen er mit gutem Zureden das Handwerk legen wollte. Das ging schief, und so besinnt sich der Ex-Zorro auf sein einstiges Alter Ego. Mit dem Ritzen des legendären „Z“ für Zorro hat Don Diego anfänglich Probleme, doch sobald er nachts in die Stadt reitet, um dort Gutes zu tun, kommen seine alten Fähigkeiten wie durch ein Wunder zurück. Im örtlichen Gefängnis befreit er einen Jungen aus der Gefangenschaft und trifft dabei auf seine Gattin, die das auch tun wollte. Der kühne Recke imponiert der frustrierten Gabriella, die an der Flaute im Bett mit Don Diego ebenso leidet wie an ihrer Kinderlosigkeit. Zu dem forschen, aber romantischen Unbekannten, in dem sie ihren Ehemann nicht erkennt, fühlt sie sich magisch hingezogen. Es kommt sogar zu einem Kuss. Fortan wünschen sich beide, wenn auch mit unterschiedlichem Wissensstand, dass Don Diego genauso sein möge wie Zorro.

Don Diego beschließt, Gabriella lieber ohne Verkleidung zurückzuerobern, und verbrennt das Zorro-Outfit. Bald muss allerdings ein neues her, denn seine Frau wird wegen eines Missverständnisses verhaftet, und nur Zorro kann sie befreien. Dabei erweist sie sich jedoch nicht als passives Püppchen, sondern zeigt sich durchaus wehrhaft und gibt Zorro zudem Tipps. Zwar widersteht sie seinen Avancen, doch insgeheim träumt sie von dem verführerischen Reiter mit den ausgeprägten Fechtkünsten.

Im Clinch mit den Männlichkeitsbildern

So kämpft Don Diego in dieser von Émilie Noblet und Jean-Baptiste Saurel inszenierten französisch-belgischen Serie an mehreren Fronten. Als Würdenträger der Stadt muss er sich Autorität verschaffen, um seinem Widersacher Don Emmanuel die Stirn zu bieten. Doch er ist gehemmt. Zum einen hält er sich an die Regeln und besitzt nicht die Kaltschnäuzigkeit des Geschäftsmanns. Zum anderen erscheint der Schatten seines Vaters übermächtig. In Don Diegos Amtszimmer hängt ein überlebensgroßes Gemälde des Alten, der ihn kritisch zu beäugen scheint. Selbst beim angehenden Sex mit seiner Gattin erscheint er Don Diego als Geist – kein Wunder, dass Diegos Libido darunter leidet. Seinem Alter Ego scheint dagegen alles zu gelingen. Zorro ist durchsetzungsfähig, sexy, imponiert Männern und lässt Frauen dahinschmelzen, nicht zuletzt Gabriella. So bedienen die Macher der Serie das altbewährte Muster des schizophrenen Helden, das auch in den Comicwelten von Spider-Man, Batman und anderen Superhelden durchdekliniert wird. Im wahren Leben sind diese Protagonisten graue Mäuseriche, doch als Helden in Verkleidung wachsen sie über sich hinaus, strotzen vor Selbstbewusstsein und sind erfolgreich.

„Zorro“ präsentiert das allerdings mit ironischer Brechung und lässt die „Glanztaten“ seines Titelhelden des Öfteren etwas dilettantisch oder improvisiert wirken oder gar dem Zufall sowie der Mithilfe von Verbündeten geschuldet sein.

Als treuer Adjutant steht Zorro hier sein stummer Diener Bernardo (Salvatore Ficarra) zur Seite – eine Variante, die bereits in dem „Zorro“ mit Alain Delon zum Tragen kam (dort hieß der Bedienstete Joaquín). Bernardo berät Don Diego/Zorro nicht nur, sondern stellt ihm auch Logistik und Gadgets zur Verfügung. Wieder spielt die Serie augenzwinkernd auf die Popkultur an und verwandelt dabei Bernardo in einen Tüftler à la „Q“ aus „James Bond“. Handschuhe mit Rückspiegel sind nur eine seiner erfinderischen Requisiten; Zorro lehnt sie übrigens ab.

Ironische Spitzen

Auch über „politische Korrektheit“ mokiert sich die Serie auf milde und spielerische Weise. Don Diego legt etwa Wert darauf, die einheimischen Bauern nicht „Indianer“, sondern „Indigene“ zu nennen. Er ist achtsam, setzt sich für die Armen und Minderheiten ein und unterscheidet sich damit von seinem Vorgänger im Amt, seinem Vater, der eher ein Macho der alten Schule war. Dabei treibt die heutige Moral, die den Figuren aus dem 19. Jahrhundert in Kopf und Mund gelegt wird, allerdings auch zynische Blüten. So ermahnt Don Emmanuel seine Handlanger, die zu Sklavenarbeit gezwungenen Bauern „mit Menschlichkeit“ auszupeitschen.

Die in Spanien gedrehte Serie stellt die historischen Kulissen, die durch das mexikanische Ambiente auch einen Touch Western mitbringen, detailverliebt nach. Selbiges gilt für Kostüme und Requisiten. Doch der Ton des Achtteilers ist selten ernst, auch wenn er die sozialen Ungerechtigkeiten und den Rassismus der Epoche thematisiert. Das grenzt zuweilen an Klamotte, wozu auch das Spiel von Jean Dujardin, der sich köstlich zu amüsieren scheint, oder von Grégory Gadebois als Polizeichef Garcia beitragen. Die Serie bedient fröhlich alle Erwartungen des Mantel-und-Degen-Genres, verfremdet sie mit zusätzlicher Ironie – etwa wenn Zorro wie in einem Werbeclip in romantischer Nacht bei Mondschein in Zeitlupe durch die Wüste reitet und sein Cape dabei flattert – und bietet dabei amüsante Unterhaltung. Das wirkt mitunter glatt oder auch selbstgefällig, hat aber genügend Charme, um ein Publikum aller Altersklassen anzusprechen. Auch eine altmodische, den Geist der alten „Swashbuckler Adventures“ heraufbeschwörende Gutmütigkeit, die auf Gewaltexzesse verzichtet.

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