Sisterqueens
Dokumentarfilm | Deutschland 2024 | 101 Minuten
Regie: Clara Stella Hüneke
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- Filmakademie Baden-Württemberg/ZDF - Das kleine Fernsehspiel
- Regie
- Clara Stella Hüneke
- Buch
- Clara Stella Hüneke
- Kamera
- Paola Calvo
- Musik
- Sisterqueens
- Schnitt
- Andreas Bothe
- Länge
- 101 Minuten
- Kinostart
- 06.03.2025
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Über mehrere Jahre entstandener Dokumentarfilm um drei Schülerinnen aus Berlin-Wedding, die an einem feministischen Hip-Hop-Projekt teilnehmen.
Empowerment ist der zentrale Gedanke, der das 2016 gegründete Berliner Hip-Hop-Projekt „Sisterqueens“ antreibt. In Kooperation mit dem Weddinger Mädchenzentrum „Mädea“ sollen junge Mädchen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln, die oft aus prekären sozialen Verhältnissen stammen, „in ihrem Selbstbewusstsein und Ungerechtigkeitsempfinden“ gestärkt werden. So steht es auf der Webseite des vom Künstlerkollektiv Peira initiierten Projektes.
Eine Formulierung, die aufhorchen lässt, da die Kinder und Jugendlichen, die hier in Workshops gemeinsam Rap-Songs entwickeln und auf die Bühne bringen, nicht nur dabei unterstützt werden, in einem geschützten Raum ihre eigene Stimme und ihren eigenen Weg zu finden. Sie sollen auch in eine bestimmte Richtung geleitet werden. Das ist gut gemeint und insofern auch gut gemacht, als es den Mädchen offenbar guttut, dass sie hier lernen, sich etwas zuzutrauen, sich selbst zu schätzen, mutig, unabhängig und auch mal unbequem, laut und frech zu sein, wenn es sein muss. Ideologiefrei ist es nicht. Wahrscheinlich erklärt das auch, weshalb die zwölfjährige Jamila erklärt, eine „Feministin“ zu sein. In dem Dokumentarfilm „Sisterqueens“ von Clara Stella Hüneke aber bleibt das unerwähnt; stattdessen wird Jamilas Statement wie eine Attraktion ausgestellt: Wow, so jung und schon Feministin!
Aus dem Leben dreier Jugendlicher
Über drei Jahre lang begleitete Hüneke drei junge Teilnehmerinnen an dem Weddinger Rap-Projekt mit der Kamera: Neben der zu Beginn erst neunjährigen Jamila die elfjährige Rachel und die zwölfjährige Faseeha. Nicht nur beim Schreiben der Songs, den Proben und Auftritten, die zwischen Schul-AG-Niveau und Nachwuchskunst changieren, ist die Kamera hautnah dabei. Sie folgt den Protagonistinnen auch durch die Berliner Straßen. Da über weite Strecken während der Corona-Pandemie gedreht wurde, finden viele Begegnungen im Freien statt.
Unterwegs sammelt Hüneke authentische Momente ein, in denen die Mädchen über ihren Alltag scherzen, über ihre Beziehungsprobleme reden und Zukunftspläne besprechen. Traditionelle Geschlechterrollen werden in Frage gestellt oder auch zu anderen Themen erfrischend unkonventionelle und zugleich erstaunlich weise Gedanken formuliert. Immer wieder kommen auch politische Entwicklungen jenseits des Feminismus zur Sprache.
Rachel, die einen schwarzen Vater hat, diskutiert am Rande einer Black-Lives-Matter-Demo mit ihrer weißen Mutter über „politische korrekte“ Bezeichnungen für ihre eigene Hautfarbe und darüber, wer laut „Internet“ welche Wörter benutzen darf. Jamila begleitet der Film auf eine Demonstration für ein „freies Palästina“. Plötzlich knallt es, alle rennen auseinander und die Polizei löst die Demonstration gewaltsam auf. Danach erklärt Jamila ganz aufgewühlt, dass sie nicht verstehe, warum die Polizei ohne jede Warnung so brutal vorgegangen sei. Die Hintergründe bleiben ungeklärt.
Im Direct-Cinema-Stil
Auch sonst werden Zusammenhänge allenfalls durch die Montage suggeriert. Das Filmteam hält sich im Verborgenen. Hüneke verzichtet auf einen Off-Kommentar oder erläuternde Texteinblendungen; auch ihre Fragen sind nicht zu hören. Vieles wirkt dadurch fragmentarisch. Selbst die Informationen, was für ein Projekt das eigentlich ist, das der Film begleitet, muss man sich vorher oder nachher anlesen. Ohne Anleitung ist diese Dokumentation kaum zu verstehen.
Trotz der formalen und in einzelnen Momenten auch emotionalen Nähe bleiben die drei jungen, sympathischen Protagonistinnen dadurch am Ende fremd. Die mit Handkamera im Direct-Cinema-Stil gedrehten Einstellungen verbinden sich zu keinem Gesamtbild. Es scheint, als seien die vermeintlich besten, schönsten und beeindruckendsten Szenen aus den mehrjährigen Dreharbeiten weitgehend wahl- und konzeptlos in chronologischer Reihenfolge hintereinander geklebt worden.
„Sisterqueens“ ist vielleicht ein wunderbares, weltoffenes, ermutigendes, feministisches Kreativprojekt. Doch nicht jeder Film über ein tolles Projekt ist automatisch auch ein toller Film.