Comicverfilmung | USA 2024 | 455 (8 Folgen) Minuten

Regie: Craig Zobel

Im Serien-Spin-off des 2022 erschienenen Spielfilms „The Batman“ macht sich der Schurke Pinguin daran, zum gefürchtetsten Verbrecher der Stadt Gotham aufzusteigen. Sein Weg an die Spitze führt zum Aufeinandertreffen mit dem weiblichen Mafia-Clanoberhaupt Sofia Falcone. Die atmosphärisch dichte wie nihilistische Erzählung weiß als spannender Thriller um verbrecherische Machtintrigen zu überzeugen, verliert sich jedoch mitunter in einem überfrachteten Plot. Colin Farrells Auftritt als charismatischer Antiheld in „Die Sopranos“-Fußstapfen, abstoßend und faszinierend zugleich, bleibt jedoch in Erinnerung. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THE PENGUIN
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
6th & Idaho Productions/Chapel Place Productions/DC Entertainment/Dylan Clark Productions/Warner Bros. Discovery
Regie
Craig Zobel
Buch
Lauren LeFranc
Kamera
Darran Tiernan
Schnitt
Andy Keir
Darsteller
Colin Farrell (Oswald „Oz“ Cobblepot / Der Pinguin) · Cristin Milioti (Sofia Falcone) · Deirdre O'Connell (Francis Cobb) · Rhenzy Feliz (Victor Aguilar) · Clancy Brown (Salvatore Maroni)
Länge
455 (8 Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Comicverfilmung | Fantasy | Serie | Thriller
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IMDb

Serie um den DC-Comic-Schurken und Batman-Gegenspieler Oswald "Oz" Cobblepot alias The Penguin, die den Aufstieg der Figur zum Unterweltboss von Gotham City beleuchtet und dabei an den Film "The Batman" schließt.

Diskussion

Einen kurzen, aber doch denkwürdigen Auftritt des Schurken „Pinguin“ gab es bereits 2022. In „The Batman“ von Matt Reeves war Schauspieler Colin Farrell erstmals als dubioser Nachtclub-Besitzer zu sehen, den sich der von Robert Pattinson gespielte Batman zur Brust nimmt. Nun kehrt der Pinguin zurück. Nicht wie der schrill überzeichnete, von Danny DeVito verkörperte Charakter in Tim Burtons 1992 erschienenem „Batman Returns“ – zu dessen Ausstattung gehörten ein schwarzer Zylinder, langer Frack sowie ein spitzes, langes Nasenprothetikum –, sondern als ein an Tony Soprano erinnernder, aufstrebender Mobster, abstoßend und faszinierend zugleich.

Zumindest die spitze Nase ist dem Schurken aus dem „Batman“-Universum erhalten geblieben. Im Serien-Spin-off verkörpert abermals Colin Farrell die skurrile wie unheimliche Figur, fast schon unerkannterweise, muss man hinzufügen, denn sein Gesicht lässt sich hinter der bemerkenswert guten Maske, die das Aussehen des Schauspielers erneut prägt, allenfalls erahnen.

Ein kriminelles Machtvakuum muss gefüllt werden

Die Serie des US-Senders HBO setzt dort an, wo Matt Reeves’ „The Batman“ endete, beim Anschlag des perfiden Riddlers, der halb Gotham durch die Sprengung eines Staudamms unter Wasser setzte. Bei dem Attentat verloren auch einige hochrangige Angehörige des organisierten Verbrechens ihr Leben. Ein eklatantes Machtvakuum tut sich auf, das der listenreiche Pinguin zu füllen gedenkt. Gleich in der Anfangsszene schaltet er einen Mafioso aus, den Angehörigen eines einflussreichen Clans, zu dem auch Sofia Falcone gehört, die den vielsagenden Spitznamen „The Hangman“ trägt – fortan ist sie Pinguins Gegenspielerin.

Die beiden verbindet eine gemeinsame Geschichte: Einst war der Pinguin nämlich schlicht der Chauffeur der Tochter des Falcone-Verbrecherclans. Nur hat er sich nie mit seiner subalternen Rolle zufriedengeben wollen. Und nun legt er einen rasanten Aufstieg hin, der sich – für Mafiaverhältnisse – sehen lassen kann. Sein Ziel: der Kingpin der Verbrechermetropole Gotham zu werden. Vom geflügelten Helden Batman ist derweil in „The Penguin“ nicht viel zu sehen. Wie bereits die Produktionen „Birds of Prey“, „Gotham“, „Titans“ oder auch „The Joker“, ist „The Penguin“ ein „Batman“-Ableger ohne Batman. Die Serie ist eine auf die zentrale Figur fokussierte Charakterstudie und „Origin Story“, die in zahlreichen Rückblenden beleuchtet, wie der Pinguin zum Bösewicht schlechthin wurde. Colin Farrell gibt dabei mit Gusto den Antihelden, dessen Äußeres das moralisch marode Innere spiegelt: Das Gesicht des übergewichtigen Mannes ist von Narben entstellt, ein Klumpfuß hindert ihn an einem gleichmäßigen Gang; die dunklen Augen offenbaren eine Mischung aus emotionaler Versehrtheit und tückischer Entschlossenheit.

Verbündete und Gegner

Beinahe liebevoll zugewandt ist Oswald – so der bürgerliche Name des Pinguins – nur seinem jüngeren Kompagnon Vic (Rhenzy Feliz). Aufgegabelt hat er den Kleinganoven, als der sich am lilafarbenen Pinguin-Wagen zu schaffen machte. Vics Verbrecherkarriere startet wie die seines neuen Bosses, als Fahrer. Es sind Charaktere wie seiner, die in „The Penguin“ neben Colin Farrell zu glänzen wissen. Neben dem sympathischen Vic ist es vor allem Cristin Milioti als Sofia Falcone, die einen denkwürdigen Auftritt als furienhafte Serientäterin und mafiöses Familienoberhaupt in spe hinlegt. Mit Beginn der Handlung wird sie aus der psychiatrischen Anstalt Arkham entlassen. Was ihren Aufenthalt dort verursacht hat, ist ebenso Gegenstand der acht fast einstündigen, von Lauren LeFranc verfassten Episoden wie der Machtkampf um die Spitze des organisierten Verbrechens in der fiktiven, an New York City gemahnenden Metropole.

Der Zweikampf der beiden Figuren Pinguin und Falcone steuert während der ausgesprochen dichten Handlung auf einen dramaturgischen Höhepunkt zu, während der Plot drumherum den einen oder anderen Schlenker macht. Dass die Episoden dabei handlungsmäßig etwas zu vollgestopft sind, merkt man daran, dass einige Figuren trotz exzellenter Besetzung kaum Eindruck zu hinterlassen vermögen – Darsteller wie Michael Kelly, Clancy Brown oder auch Carmen Ejogo als Gespielin des Pinguins kommen etwas kurz. Die Darstellung von Colin Farrell als titelgebendem Finsterling hingegen gerät nach seinem Kurzauftritt 2022 einmal mehr eindrucksvoll. Über die acht Episoden hinweg wutschnaubt, prustet, schwitzt und humpelt sich Farrell durch die Handlung, wobei er seinem eigentlich vorhersehbaren Schicksal eines verfrühten Todes auf aberwitzige Weise immer wieder zu entfliehen vermag.

Das schiere Böse

Inspiration holten sich die Drehbuchautoren um Showrunnerin Lauren LeFranc bei Filmen wie „Scarface, „Rififi am Karfreitag“, „Der Pate“ und „Sprung in den Tod“. Offenkundigster Einfluss für Farrells Darstellung ist jedoch James Gandolfinis Entwurf des nahbaren Mafia-Ekels Tony Soprano. Beim Schimpfen, Zetern und seinen Manipulationsversuchen hat man als Zuschauer auf unheimliche Weise den Eindruck, es mit dem wiederauferstandenen Antihelden zu tun zu haben. Besonders der einschlägige New Yorker, vom italoamerikanischen Idiom gefärbte Akzent gerät frappierend ähnlich.

Auf den Auftritt und das Eingreifen eines Helden wartet man in der atmosphärisch dichten, nihilistischen Inszenierung vergeblich. Niemand vermag in „The Penguin“ die Unschuldigen vor dem schieren Bösen zu bewahren. Auch die Hauptfigur kann sich am Ende nicht vor sich selbst retten. Was die freundliche „Umarmung“ eines Soziopathen und Paten in Wahrheit bedeutet, werden so manche Figur, aber auch die Zuschauer von „The Penguin“ sehr schmerzlich erfahren.

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