Drama | Deutschland 2024 | 250 (acht Folgen) Minuten

Regie: Sabine Boss

Eine Marburger Buchhändlerin um die 50 und der ungefähr gleichaltrige Besitzer eines Sportgeschäfts, beide Singles, beide aus unterschiedlichen Gründen unzufrieden mit ihrer Lebenssituation, könnten ein großartiges Paar abgeben – wenn sie sich denn nur begegnen würden! Doch bevor das Schicksal die beiden zusammentreffen lässt, müssen sie ihre jeweiligen Probleme erkennen und angehen: Er muss die Scheidung von seiner Frau verdauen und sich mit seinen beiden Teen-Töchtern zusammenraufen, sie sich am bisher unverwirklichten Traum, als Schriftstellerin zu reüssieren, an einer unbefriedigenden Affäre und zwei ehemaligen Freundinnen abarbeiten. Die Serie verquickt höchst unterhaltsam romantische Komödie und Midlife-Crisis-Dramedy, wobei sie sich auf ein pointiertes Drehbuch und ein gutes Darstellerensemble rund um zwei formidable Hauptdarsteller verlassen kann. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2024
Produktionsfirma
btf series
Regie
Sabine Boss · Nicolas Berse-Gilles
Buch
Sebastian Colley · Claudius Pläging · Sintje Rosema · Fabienne Hurst
Kamera
Claire Jahn
Musik
Natalie Hausmann
Schnitt
Florian Böttger · Gleb Boev · Jeannine Compère · Martin Wolf
Darsteller
Anke Engelke (Maria Lampe) · Bastian Pastewka (Ralf Hartmann) · Michael Wittenborn (Wilhelm, Marias Vater) · Momo Beier (Lotta Hartmann) · Lea Freund (Lily Hartmann)
Länge
250 (acht Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Drama | Komödie | Serie
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Dramedy-Serie mit Anke Engelke und Bastian Pastewka um zwei Singles in Marburg, die ein großartiges Paar abgeben könnten - wenn sie sich nur endlich begegnen würden! Doch vorher müssen beide erstmal ihre Probleme in den Griff bekommen.

Diskussion

Wenn das „Meet Cute“ stimmt, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen! Der Terminus bezeichnet jene Szene in romantischen Komödien, in denen sich die zukünftigen Liebenden zum ersten Mal begegnen - der süße Zusammenstoß, der ahnen lässt, dass bald die Funken fliegen werden. Die Serie „Perfekt verpasst“ lässt sich in dieser Hinsicht nicht lumpen. Die Marburger Buchhändlerin Maria Lampe (Anke Engelke) und Ralf Hartmann (Bastian Pastewka), Inhaber eines Sportgeschäfts, treffen 2014 in schwindelnder Höhe zum ersten Mal aufeinander: auf einem Fahrgeschäft beim Stadtfest, das just dann einen technischen Defekt hat, als ihre Gondel am höchsten Punkt angekommen ist. Da sitzen sie also, er in einer Reihe mit seinen Freunden und Mitmusikern der Amateurband „The 4 J’s“, sie Rücken an Rücken zu den Vieren neben dem Mann, dessen Heiratsantrag sie soeben abgelehnt hat. Baumeln im Nachthimmel über der Stadt, bangen um ihr Leben, und da tasten Marias und Ralfs Hände hilfesuchend um die Lehne herum, treffen sich in der Mitte und umschlingen sich tröstend. Wenn das kein „Meet Cute“ wie aus dem Bilderbuch ist!

Kein gutes Pflaster für Liebende

Doch das Stadtmarketing-Motto „Marburg Is For Lovers“, das in einer späteren Szene Ralfs Kaffeebecher ziert, ist trügerisch. Einen Schnitt nach dem ersten Treffen sind zehn Jahre vergangen; auf das erste anonyme Händchenhalten ist keine weitere Annäherung gefolgt. Und in den nächsten Episoden wird man immer wieder Zeuge, wie Maria und Ralf knapp aneinander vorbeileben, ohne voneinander Notiz zu nehmen. Da schließt sich eine Fahrstuhltür ein paar Sekunden zu früh, da verschwindet Maria gerade mit ihrem Fahrrad um die Ecke, wenn Ralf ankommt, da stolpert er just dann auf der Bowlingbahn und fällt aus dem Sichtfeld, wenn sie suchend den Hals reckt, um nach dem Typen Ausschau zu halten, der kurz zuvor ihre Angestellte Sophie (Melodie Simina) komisch angequatscht hat.

Dieses schlechte Timing der potenziellen Liebenden ist in der Dramedy der Autoren Claudius Pläging und Sebastian Colley keineswegs nur eine Verzögerungstaktik, um die Genre-üblichen Hindernisse, die es auf dem Weg zum Happy End zu überwinden gilt, so in die Länge zu ziehen, dass sie acht Serienfolgen füllen. Es hat vielmehr Methode. Denn „Perfekt verpasst“ ist keineswegs nur eine RomCom, sondern vor allem eine Tragikomödie über die Midlife-Crisis. Sowohl Maria als auch Ralf, beide jenseits der 50, stecken bis über die Ohren in den Untiefen zur Lebensmitte, wenn über das Erreichte Bilanz gezogen und danach gefragt wird, wie und mit wem man die verbleibende Zeit verbringen will.

Ihre konkreten Probleme sind dabei diametral entgegengesetzt. Für Ralf hat sich in letzter Zeit vieles viel zu viel zu schnell verändert. In Folge 1 wird gerade seine Scheidung besiegelt. Er wohnt statt im properen Eigenheim mit Frau und den beiden Teenager-Töchtern nun über seinem Sportladen und hat zudem damit zu kämpfen, dass seine Älteste, die auch im Laden mithilft, flügge wird und zum Studium nach Köln zieht. Bei Maria dagegen stagniert alles auf eine Weise, die sie zunehmend unruhig macht. Beruflich hadert die Buchhändlerin damit, dass sie ihren Traum, selbst zu schreiben, (noch) nicht in die Tat umgesetzt hat. Als Sündenbock dafür schießt sie sich auf eine mit Nonnen-Krimis zur Bestsellerautorin avancierte ehemalige Freundin (Henny Reents) ein, die ihr angeblich die Idee zu der Erfolgsreihe geklaut hat. Privat hängt sie in einer halbherzigen Sexaffäre mit dem Mann fest, dessen Heiratsantrag sie einst zurückgewiesen hat und der seitdem mit einer anderen ehemaligen Freundin (Fritzi Haberlandt) liiert ist und demnächst heiraten will.

Die Liebe ist nicht der große Problemlöser

Obwohl die Episoden-übergreifende Erwartung, dass Maria und Ralf sich in einem überschaubaren Uni-Städtchen wie Marburg früher oder später zwangsläufig treffen müssen, wie eine rosarote Wolke stets am Erzählhorizont hängt, heißt das nicht, dass es die Regisseure Sabine Boss und Nicolas Berse-Gilles den Figuren romantisch-leicht machen würden. Die Liebe ist in dieser Serie nicht der große Lebensglück-Macher, der alle Probleme in Wohlgefallen auflöst, sondern etwas, für das man erst reif werden muss, indem man seine Probleme selbst angeht. Die genüssliche Verzögerungstaktik, mit der das Treffen der beiden Priotagonisten immer wieder sabotiert wird, entpuppt sich so als Steilvorlage für eine „éducation sentimentale“, bei der Maria und Ralf lernen müssen, ihre jeweilen Baustellen zu erkennen und zu bearbeiten.

Die Inszenierung kann sich dabei nicht nur auf ein Drehbuch stützen, das eine gute Balance zwischen satirischem Humor, pointierter Milieuzeichnung sowie der nötigen Dosis Herz findet, sondern auch auf ein exzellentes Darsteller-Ensemble. Anke Engelke und Bastian Pastewka – sie mit einer energischen Stacheligkeit, hinter der immer wieder eine liebenswerte Verlorenheit aufblitzt, er mit munterem Li-La-Launebär-Gestus, der zugleich aber auch die Anstrengung durchschimmern lässt, die es Ralf kostet, ihn aufrechtzuerhalten – geben wahrlich ein TV-Traumpaar ab. Flankiert werden sie von einem bis in die Nebenrollen gut besetzten Reigen an Charakterköpfen, an denen sich Maria und Ralf in den insgesamt acht Episoden kräftig reiben, was ihnen letztlich hilft, sich selbst klarer zu sehen.

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