Parthenope
Drama | Italien/Frankreich 2024 | 137 Minuten
Regie: Paolo Sorrentino
Filmdaten
- Originaltitel
- PARTHENOPE
- Produktionsland
- Italien/Frankreich
- Produktionsjahr
- 2024
- Produktionsfirma
- The Apartment/Saint Laurent/Numero 10/Pathé
- Regie
- Paolo Sorrentino
- Buch
- Umberto Contarello · Paolo Sorrentino
- Kamera
- Daria D'Antonio
- Musik
- Lele Marchitelli
- Schnitt
- Cristiano Travaglioli
- Darsteller
- Celeste Dalla Porta (Parthenope) · Dario Aita (Sandrino) · Daniele Rienzo (Raimondo) · Gary Oldman (John Cheever) · Silvia Degrandi (Maggie)
- Länge
- 137 Minuten
- Kinostart
- 10.04.2025
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Drama | Fantasy
- Externe Links
- IMDb | TMDB
Die Geschichte einer klugen, attraktiven Neapolitanerin, die in den 1970er-Jahren nach dem Sinn des Lebens sucht.
Anmutig und kokett lächelnd gleitet Parthenope (Celeste Dalla Porta) aus dem Meer und setzt sich neben ihren Jugendfreund Sandrino (Dario Aita). Sie versucht zwar, ihre atemberaubende Schönheit mit einem unaufgeregt kumpelhaften Gespräch zu erden, doch der Nachbar hört gar nicht hin. Stattdessen lässt er seinen bewundernden Blick über den ebenmäßigen, mit Wassertropfen benetzten Körper der jungen Frau wandern.
Auch Regisseur Paolo Sorrentino lässt sich von der Protagonistin regelrecht hinreißen. Zwar verleiht er der Titelheldin menschliche Züge, aber sie bleibt doch ein aus Superlativen gebautes Fantasiegebilde. Parthenope ist nicht nur so attraktiv, dass sie jeden in ihren Bann zieht, sie ist zudem auf nicht minder idealisierte Weise ehrgeizig, klug und schlagfertig. Nachdem sie im Anthropologie-Studium mühelos die Bestnote erhält, wirft ihr selbst der missmutige Professor (Silvio Orlando) noch einen heimlichen Seitenblick zu. Als müsse er sich versichern, dass Parthenope auch real ist.
Ein filmischer Bildungsroman
„Parthenope“ gleicht einem filmischen Bildungsroman, der den Werdegang der Hauptfigur von der Geburt in den 1950er-Jahren bis ins Erwachsenenalter begleitet. Parthenope muss dabei den Sinn der Liebe und eine Leidenschaft jenseits ihrer Schönheit finden. Während ihrer Suche stößt sie auf Erkenntnisse, erlebt aber auch Enttäuschungen und Schicksalsschläge. Besonders der Selbstmord ihres unglücklich in sie verliebten Bruders Raimondo (Daniele Rienzo) verfolgt die junge Frau hartnäckig.
Wer aber ist nun diese Parthenope? In der griechischen Mythologie ist sie eine Sirene, die sich ins Meer stürzt, weil sie Odysseus nicht zu sich locken konnte. Da ihre Leiche der Sage nach im heutigen Neapel an Land gespült wurde, benannte man die Stadt einst nach ihr. „Parthenope“ ist damit auch als Hommage an das Zentrum Kampaniens zu verstehen; an seine bewegte Geschichte wie auch an seine exzentrischen Bewohner. Doch auch wenn die ältere Protagonistin (Stefania Sandrelli) ihre Biografie am Ende mit dem Charakter Neapels vergleicht, eignet sich Parthenope nur sehr bedingt als Allegorie. Mal ist sie mythisch überhöht, ohne zum Sinnbild zu werden, dann ringt sie wieder mit weltlichen Problemen, ohne dabei glaubwürdig zu sein. Parthenope bleibt frustrierend inkonsistent und ermüdend unnahbar.
Häufig dient die Protagonistin lediglich als Medium, das durch verschiedene Milieus und Episoden führt. Sie trifft auf reale Figuren wie den alkoholsüchtigen Schriftsteller John Cheever (Gary Oldman) sowie auf ausgedachte, etwa die abgehalfterte Filmdiva Greta Cool (Luisa Ranieri), die es sich dank ihres Schandmauls mit jedem verscherzt. Später lässt sich Parthenope von dem Mafioso Roberto (Marlon Joubert) durch ein neapolitanisches Armenviertel und zu surrealen Ritualen der Camorra führen und von einem ebenso wortgewandten wie eitlen Kardinal (Peppe Lanzetta) um den Finger wickeln. Der Film nimmt dabei die Rolle eines Flaneurs ein, der das Vorüberziehende distanziert beobachtet, ohne sich allzu sehr mit dem Sinnzusammenhang aufzuhalten.
Flüchtige Schönheit, sinnliche Freuden
Der von Anthony Vaccarello, dem Kreativdirektor des luxuriösen Modehauses Saint Laurent, mitproduzierte Film erfreut sich an glatten Oberflächen und üppiger Ausstattung, an schönen Körpern und melancholischer Dekadenz. „Parthenope“ kreist um ein Begehren nach Objekten, die konsequent überhöht und unerreichbar bleiben. Auch Neapel wird mitunter kritisch beäugt. Doch überwiegend inszeniert Sorrentino die Stadt als verklärten Sehnsuchtsort: aus der Ferne aufgenommen, vor azurfarbenem Meer, mit den elegant geschwungenen Umrissen des Vesuvs am Horizont und einer antiken Skulptur in Sichtweite.
Für flüchtige Schönheit und sinnliche Freuden hat Sorrentino zweifellos ein Händchen. Gleich zu Beginn gibt es eine opernhafte Zeitlupen-Sequenz, die Alltagsmomente zu einer Choreografie aus stolzierenden Schönheiten und flirtenden Blicken verdichtet. Später fängt „Parthenope“ auch mitreißend die erregte Stimmung des jährlichen Blutwunders von San Gennaro ein. Auch unterhaltsam extravagante Figuren tummeln sich im Film. Durch sie bläst Sorrentino regionale Klischees zu monumentaler Größe auf: sonnengegerbte Haut, protzige Klunker und wuchtige Sonnenbrillen. Begleitet von italienischen Schlagern gleitet die Kamera in werbeclipartigen Sequenzen an den geschmackvoll hindrapierten Neapolitanern vorbei.
Ein Hochglanz-Sammelsurium
Was „Parthenope“ jedoch schmerzlich fehlt, ist eine höhere Ordnung, die den Film zusammenhält. Abgesehen von einigen außergewöhnlichen Momenten bleibt es überwiegend bei einem eitlen, substanzlosen und etwas faden Hochglanz-Sammelsurium. Es wird vollmundig schwadroniert und sich anmutig geräkelt, aber dem reinen Sinnesrausch gibt sich Sorrentino letztlich ebenso wenig hin wie seinen satirischen Impulsen oder der ziellosen Coming-of-Age-Geschichte.